Wie jedes Jahr, so auch in diesem sollte eine winterliche Teamfahrt stattfinden. Mangels weißen Belags auf Feld und Flur, hieß es zum Skifahren eine Alternative finden. Kurz überlegt – Paddeln!
Eisschollen und kalter Wind schlugen uns entgegen als wir endlich das Ufer der Oder erreichten. Es dauerte eine gute Stunde bis unsere Boote – ein 17er und ein 13,7er Ally sowie ein betagtes RZ85 von Pouch – zusammengebaut und mit Zeltausrüstung beladen waren. Und obwohl sich die eine oder andere Spante, bzw. Sente noch wehrte, konnten wir nach erfolgreicher Zähmung dieser endlich zu Wasser gehen.
Eis-Eis-Kälte
Nun ist Wasser im flüssigen Zustand super zum Paddeln. Im festen Zustand nicht so sehr. Der Seitenarm der Oder, wo der Stützpunkt des Frankfurter Ruderclubs liegt, war zu großen Teilen schon zugefroren. So mussten wir unser Gepäck wieder ins Auto laden, die Boote schultern und machten uns auf zum Hauptstrom: Die Oder höchstpersönlich. Am offiziellen Passagiersteg, 500m weiter ließen wir uns erneut nieder um die Boote endlich zu wässern.
Dank des ein Meter ordentlichen Eisrandes, den das Ufer der Oder bereits kreiert hatte, gestaltete sich das Einbooten besonders spannend: Vorsichtig und mit einem Fuß stets auf der glatten Stufe balancierend, der andere watete ins seichte Wasser, versuchten wir unsere Boote ins eisige Nass gleiten zu lassen. Meine Gedanken kreisten unaufhörlich – jetzt bloß nicht umfallen – sonst ist die Tour schon beendet, bevor sie überhaupt richtig losgeht.
Enrico macht den Anfang mit seinem etwas wackeligen Einer, er kann sich nach und nach durch die Eisdecke ins offene Fahrwasser vorarbeiten. Joh & Robert im Zweier Ally folgen. Nun die betagte Pouch-Lady mit Matze und mir. Auch wir kommen gut vom Ufer los, allerdings geht mir mein linkes Paddelblatt verlustig. Ab jetzt also Stechpaddeln!
Zügig geht es auf der Oder dahin: Die kleineren Eisschollen werden durchpflügt, die größeren elegant umschifft. Meine anfängliche Sorge, die Schollen könnten die Bootshaut aufschneiden, bestätigen sich zum Glück nicht. Gegen 13 Uhr sind wir schon auf der Höhe von Lebus, Mittagspause am polnischen Ufer.
Der strenge Ostwind treibt die Eisschollen stetig ans linke deutsche Ufer. Wir machen aber in Polen fest, so gelingt das Anlanden erstaunlich gut. Es gibt Tee, Suppe, Bier und feste Nahrung. Neue Energie fließt durch unsere Adern und beglückt die Sinne. Wie im Rausch kommen wir gut vorwärts und sind fast ein bisschen sentimental als wir merken, dass sich der Tag schon dem Ende neigt.
Wenn harte Männer gemütlich werden
Nun wird es allerdings ein bisschen schwieriger, denn wir brauchen einen Landungsplatz am linken Ufer, genau dort wo der kalte Wind die großen Eisschollen hintreibt… Das gestaltet sich schon schwieriger, da sehr starker Eisgang und zugefrorene Ufer die Landung erschweren, beziehungsweise nahezu unmöglich machen.
Auf polnischer Seite Anzulanden wäre einfacher, aber wie kommen wir dann morgen hinüber, wenn noch mehr Eis auf dem Fluss ist? Also Augen auf und bei passender Gelegenheit volle Fahrt voraus – ins Eis des deutschen Ufers.
Nach anfänglichen Schwierigkeiten gelingt uns aber auch das. Allerdings bemerken wir erst hinterher das die vorgelagerte Buhne eine Insel ist. Um die Tiefe der Furt aufs rettende Festland zu testen, werfen wir Steine und stellen fest: Zu tief zum Durchwaten! Da bleibt uns harten „Nordmanns“ nichts anderes übrige, als erneut auf- bzw. einsitzen und nochmals landen, ja das Leben ist kalt und ungerecht. Wir zerren also unsere Boote ein zweites mal übers geschlossene Eis und können nun endlich ausladen.
Es folgt: Der sehr angenehme Teil unserer Wintertour! Dafür bauen wir Joh sein gemütliches und vor allem geräumiges Tipi auf. Wir richten uns häuslich ein und stellen den mitgeführten Zeltofen hin.
Innerhalb weniger Minuten bollert der Ofen und schon macht sich Behaglichkeit breit. Tee mit und/oder ohne Rum schmeckt vorzüglich und Joh sein vegetarisches Abendessen lässt unsere Geschmacksnerven explodieren, „Chili sin carne“. Toll Wintertour macht Spaß!
Jedem sein Gewinn oder Familie geht vor
Am nächsten Morgen ist es bitterkalt, -16°C und der Fluß ist fast komplett mit Eisschollen bedeckt, an Weiterfahren ist nicht zu denken. Wir lassen uns nicht abschrecken und frühstücken erst einmal kräftig. Was für ein Luxus, denn der kleine Wunderofen kann sogar Brötchen backen!
Nach dem Frühstück erkunden Matze und ich die Umgebung: Wo sind wir überhaupt? Irgendwo in der Nähe der kleinen Ortschaft Reitwein. Für Miri, unserer Chauffeurin morgen super, denn das Dorf ist mit dem Auto erreichbar. Übrigens war Reitwein schon für Fontane bedeutend: Einst nahm er Quartier in Reitwein, wie auch wir mutigen CAMP4ler, und erklärte die Ortschaft für malerisch.
Ich telefonierte mit meiner Frau, die all das überhaupt nicht so romantisch fand. Vor allem nicht das Winterwetter, denn auch zu Hause hatte sich einiges getan. Ich wusste, ich hätte nicht anrufen sollen. Das Auto springt nicht an, die Batterie machte schlapp.
Meine Frau klingt wenig begeistert, sich zusätzlich zum täglichen Geschäft auch noch mit unserem streikenden Auto zu beschäftigen. Also mache ich mich schweren Herzens auf den Weg, ins elf Kilometer entfernte Küstrin, um mit der Bahn zurückzufahren und mich der heimischen Probleme anzunehmen. Die Anderen dürfen einen entspannten Tag mit Essen, Schlafen und einfach mal ‚die Seele baumeln lassen‘ verbringen. Naja man kann nicht immer gewinnen!
Am nächsten Tag treffe ich mich mit Miri und wir holen die Freunde ab: Eine schöne Tour mit wenig Paddeln und reichlich Zeltromantik geht zu Ende. Zwei wunderbare Tage in der Brandenburger „Wildnis“ und der immer wieder währenden Erkenntnis, dass wir gar nicht weit fahren müssen, um großartige Naturerlebnisse zu haben!
Bis demnächst – eure Freunde vom Camp4
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