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Indiens Berge – Dünne Luft und dicke Beine

Meine Tour
September 2001: Im Rahmen einer längeren Soloradtour lag der Startpunkt dieser Etappe im Kaschmirtal. Von Srinagar zunächst entlang der Waffenstillstandslinie mit Pakistan nach Kargil, weiter durch (eigentlich: über) die Hochwüste der Zanskar Mountains zum Indus, stromauf ins Herz des Ladakh, nach Leh, anschließend über einige der höchsten Straßenpässe (allesamt zwischen 4500m und 5300m hoch) der Erde hinunter nach Manali und mit dem Bus zum Zielort Dharamsala, Sitz des Dalai Lama. Ca 1000 km puristische Fahrfreude bei lediglich einem halben Regentag.

Warum Ladakh
Das „Land der Hohen Pässe“ (La = Pass) macht seinem Namen alle Ehre: Dünne Luft, karge Berge, grüne Oasen an den Flußläufen, spektakuläre Pisten, die sich scheinbar in den tiefblauen Himmel schrauben, atemberaubende Ausblicke und ungestörte Zeltplätze. Wer die Schroffheit und Weite von Hochwüsten liebt, darf sich diese hier täglich erarbeiten, wird dafür aber von der Offenheit ihrer wenigen Bewohner und der Begegnung mit dem Buddhismus mehr als entschädigt – Ladakh ist eines der Zentren von Exiltibetern. Das Essen ist einfach (Reis, Gemüse, Fladenbrot) , aber gut und auch Kaffeetrinker werden dem rauhen Charme eines Milchtees an einer Jurte am Wegesrand nicht widerstehen können.

Was Sie schon immer über LADAKH wissen wollten…
Wie gefährlich ist das Kaschmir wirklich?
Srinagar und die ganze Region entlang der Waffenstillstandslinie gleichen einem Heerlager der indischen Armee, die ein bevorzugtes Ziel für Anschläge darstellt. Ansonsten ist es im Kaschmir so sicher oder unsicher wie woanders auch; als Radfahrer hat man auf den wenigen asphaltierten Straßen nichts zu befürchten, was es an anderen Orten nicht auch gäbe. Allerdings sollte man in unmittelbarer Grenznähe auf das Zelten verzichten. – Ganz im Gegenteil zum nördlich ans Kaschmir grenzende Ladakh: Ein Paradies für den Pedalritter, absolut sicher und unbedenklich, auch für alleinreisende Frauen!

Zelt oder Hotel?
Prinzipiell stehen beide Varianten offen, da auch Hotels nicht eben teuer sind, zumindest auf dem Teilstück von Srinagar nach Leh. Von dort an ist das Zelt überlebenswichtig, denn die Abstände zwischen den Jurtenstationen sind teilweise beträchtlich, hinzu kommen die an den Paßanstiegen nur schwer planbaren Tageskilometer. Obendrein wäre es Sünde, in einem Land ohne Zäune und „Privatbesitz“ das Zelt eingerollt zu lassen.

Höhenkrank?
Zwar bewegt man sich größtenteils in potentiell „gefährlichen“ Höhen über 3000m. Doch hält man sich an die alte Regel, tags oben und nachts unten zu sein, ist wenig zu befürchten. Der erste Abschnitt nach Leh gewöhnt den Radler an die immer höher werdenden Pässe, so daß er irgendwann fit ist für den Tanglang La (5328m).

Wie sind die Straßenverhältnisse?
Mittlerweile ist ein Großteil der Hauptstraßen rauh asphaltiert, Nebenstraßen sind nach wie vor Pisten. Von Srinagar nach Leh verkehrsreicher (Militärkonvois, die immer Vorfahrt haben) als an den Paßrampen von Leh nach Manali. Busverbindungen täglich, aber wenig komfortabel und oftmals überfüllt.

Wenn ich eine Panne habe…
… dann muß ich mir selbst helfen können. Zwar gibt es in Srinagar, Leh und Manali diverse Radläden und Werkstätten, doch unterscheiden sich bei vielen Bauteilen die europäischen von den lokalen Normen. Daher unbedingt das zum kompletten Auseinanderbauen des Rades nötige Werkzeug (kreativ sein!) und die wichtigsten Ersatzteile einpacken. Hat man Glück im Unglück, kommt ein LKW vorbei, der mit Werkzeug oder Weitertransport hilft.

Wenn der kleine Hunger kommt…
…ist meist gerade kein Teestand in der Nähe. Also die Vorräte in den großen Städten auffüllen: Reis, Mehl, Milchpulver usw. sind preiswert und leicht zu bekommen. Europäische Gaumen sollten sich an eine etwas eintönigere Küche gewöhnen, wollen sie nicht noch einen Hänger mitschleppen. Wichtig: Wasser immer auffüllen, wo man welches bekommen kann. Letzte Rettung: Cola und Kekse an den Teeständen.

Muß ich mich vor tiefen Temperaturen fürchten?
Jein. Tags wird es in der Sonne durchaus kurzhosentauglich bis 15°C, jedoch kann der Wind dies sofort wieder erheblich nach unten korrigieren. Nachts ist immer mit Frost zu rechnen, je nach Höhe kann das Quecksilber auch im Sommer schnell unter –10°C fallen. Die meiste Zeit im Jahr ist es trocken, was vieles erleichtert. Wenn es jedoch regnet, dann richtig!

Nichts für Tourneulinge?
Leider, aber einmal vom Zweiradvirus infiziert, stellt man sich alsbald den höchsten Pässen im sportlichen Zweikampf und die Frage nach dem Warum ist bei der nächsten Abfahrt vergessen!


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