Von Petroșani nach Sibiu – Über drei Gebirge der Südkarpaten
In einem großen Bogen ziehen sich die Südkarpaten durch Rumänien. Das höchste und bekannteste Gebirge ist die Făgăraș, doch ist es nicht das Einzige. Nach meiner Wanderung 2019 lockte es mich wieder nach Rumänien, um meinen Weg fortzusetzen. Diesmal über die westlich der Făgăraș gelegenen Gebirge – Das Cindrel-, Lotrului- und Parâng-Gebirge.
Für eine schnelle Anreise wäre ein Flug nach Bukarest oder Cluj-Napoca empfehlenswert, um von dort die Bahn zu nutzen. Jedoch nehme ich gerne den Zug, da mir die Art des Reisens gefällt, es auch immer ein bisschen abenteuerlich ist und ich zudem gern direkt alles dabeihabe, ohne bei Ankunft etwa erst eine Gaskartusche finden zu müssen.
Und abenteuerlich war die Anreise, welche durch Baustellen leider knapp 36 Stunden dauerte. Würde ich das jedem empfehlen? Nein, aber bereuen tue ich nichts. Von Berlin aus ging es am Morgen des 19. Septembers direkt nach Budapest und von dort aus per Nachtzug nach Rumänien. Wo ich noch zweimal umstieg, in immer kleinere und ältere Züge bis ich schließlich am 20. September abends in Petroșani ankam. Interessanterweise hatte ich teils massive Verspätungen, jedoch verkürzte dies nur meine Umsteigezeit und ich kam pünktlich an.
Meine Rückfahrt führte ebenfalls über Budapest, wo ich die lange Umsteigezeit wunderbar in einem Thermalbad verbrachte und für Sightseeing nutzte.
Für meine Wanderung griff ich wieder auf Karten von Muntii Nostri und mein Smartphone mit OsmAnd mit Offlinekarten zurück. Leider gibt es aber keine Papierkarten für das Lotrului-Gebirge. Für die Planung half mir wieder die Seite www.waymarkedtrails.org

1. Petroșani – Vârful Cârja, 15,1 km
Ursprünglich sah meine Routenidee einen weiteren Zug vor, zum südlich gelegenen Kloster Lainici, wo sich eine Zeltwiese befindet und welches auch ein schöner Startpunkt wäre. Jedoch bevorzugte ich nach meiner Anreise ein richtiges Bett und den frühen Zug zum Kloster am Morgen verschlief ich schlicht. So startete ich also frisch erholt direkt vor der Haustür in Petroșani (620 m) und nach nur wenigen Nebenstraßen war ich mitten in der Natur und rasch auf dem Hauptweg, welcher eigentlich im Parcul Brădet beginnt.
Während sich die Sonne golden durch den Morgennebel kämpfte, ging es Meter um Meter hinauf. Glücklicherweise ist die Route recht eindeutig, denn Markierungen gibt es keine, hier ist das Smartphone sehr hilfreich. Das ist fast überraschend, denn eigentlich windet sich der Weg durch eine hübsche Kulturlandschaft hinauf zum Rusu-Skiressort.
Dort wird der Weg etwas langweilig und führt teilweise entlang einer Seilbahn über die Skipiste oder folgt der Straße. Am Ende des Skiressorts befinden sich eine Station der Bergwacht sowie eine Trinkwasserquelle. Hier sollte man unbedingt seine Vorräte auffüllen! Auf dem Kamm des Parâng-Gebirges gibt es keine Quellen.
Kurz hinter dem Ressort liegt die Baumgrenze und vor mir öffnet sich der Blick auf die Gipfel des Gebirges, für eine kurze Zeit. Bedauerlicherweise endete hier auch der Sonnenschein für mich. Schon morgens kündigten sich die wasserreichen Wolken aus dem Süden an, die nun an das Gebirge brandeten und rasch die Gipfel und bald auch mich in feuchten Nebel hüllten.
Der Wetterbericht versprach keine Besserung, aber Gewitter oder starke Niederschläge waren nicht angekündigt, so setzte ich meinen Weg fort. Mit dem Nebel verzichtete ich auch auf einen kleinen Umweg und die Aussicht vom Parangul Mic und nahm mir die Schutzhütte am Fuße des Cârja-Gipfels (2.405 m) zum Ziel.
Ich erreichte die Hütte am frühen Nachmittag, doch nur, sie existiert nicht mehr. Leider ist hier die Papierkarte veraltet und ich nun im Dilemma, eine weitere Hütte ist nicht markiert und laut Wetterbericht sollte der Regen eher zunehmen. Ich entschloss mich daher, auf dem Sattel zwischen Cârja und Scurty mein Zelt aufzuschlagen und die Etappe früher zu beenden. Dafür genoss ich auf ca. 2.200 m in Wolkenlücken einen bezaubernden Sonnenuntergang in der Einsamkeit dieses Gebirges.

2. Vârful Cârja – Cabana Obârşia Lotrului, 22,5 km
Der Wind rüttelte nachts fleißig am Zelt, aber immerhin schlief ich bequemer als im Nachtzug. In den Morgenstunden versiegte langsam der Regen und ich konnte meinen Weg fortsetzen. Zunächst hinauf auf den Cârja und in den Nebel hinein. Gehüllt in den nebligen Wolken, gelegentlichen Niesel, Wind und Stille. Und als ob der Hauptgipfel mir Enttäuschung ersparen wollte, rissen die Wolken für einen kurzen Augenblick auf, als ich den Parângul Mare erreiche (2.519 m).
Kurz unter dem Gipfel befindet sich zudem eine bisher nicht eingezeichnete neue, kleine Schutzhütte, aber diese war noch nicht mein Ziel. Ich folgte dem Kamm weiter nach Osten in Richtung Lacul Gâlescu, einem schönen Gletschersee, der sich auch gut zum Campen eignet, allerdings bog ich vorher ab am Piatra Tăiată (2.298 m) und folgte dem Weg zum Șaua Huluzu (1.824 m). Auf diesem Stück traf ich zum ersten Mal auch eine Handvoll weiterer Wanderer.
Schritt für Schritt ging es tiefer und endlich konnte ich die Wolken hinter mir lassen, die sich noch immer an den höchsten Gipfeln krallten. Die Sonne schien auf Felsen, Zirben und sanft geschwungene Grasflächen und tauchte die Landschaft in Weiß, Blau, Türkis, Grün und Ocker, ein willkommener Kontrast nach all dem Nebelgrau. Vollkommen machte mein Glück dann eine Quelle, um endlich mein Wasser aufzufüllen, welches zu diesem Zeitpunkt eine Weile ausgegangen war.
Für meinen weiteren Weg entschied ich mich für den Abstieg ins Tal. Was sich auf der Wiese vom Șaua Huluzu bis zum Waldrand etwas abenteuerlich gestaltet, da die Markierungen vorhanden, aber nicht immer gut zu sehen sind. Letztlich muss man sich aber nur an den Waldrand in Richtung Tal halten. Am Ende des Waldweges befindet sich dann der Lotru-Fluss und leider auch der langweiligste Teil der Wanderung, die Transalpina-Straße, der ich bis nach Obârşia Lotrului (1.340 m) einige Kilometer folgen musste. Der Verkehr hält sich aber in Grenzen und ich freue mich an meinem Ziel, der bewirtschafteten Cabana Obârşia Lotrului, auf ein Zimmer, eine Dusche und leckeres Essen. Zudem gibt es dort ein paar Verkaufsstände, so dass sich Proviant gut auffüllen ließe.

3. Cabana Obârşia Lotrului – Refugiul Cânaia, 29,6 km
Das Lotrului-Gebirge ist touristische nicht so sehr erschlossen und die Onlinekarten können rasch in die Irre führen. Denn von Obârşia Lotrului hinauf auf den Kamm gibt es direkte Wege, die oftmals nicht eingezeichnet sind! Und entsprechend war ich auch überglücklich den am Rande meiner Papierkarte angedeuteten Weg zu finden und den ausgeblichenen Zeichen hinauf durch den Wald zu folgen. Für eine kleine Schrecksekunde sorgte dann der Straßenhund, der mir folgte. Welcher recht harmlos war aber sich schlicht nicht vertreiben ließ und so wanderte ich auf einmal in Begleitung, er würde sicher umdrehen, wenn es ihm langweilig wird … tat er aber nicht.
Wir erreichten den Waldrand, vorbei an Schafherden und Hütehunden ging es über eine sich im Wind wiegende und durch die Sonne golden funkelnde Graslandschaft, die sich in sanften Wellen entlang des gesamten Gebirges von Ost nach West erschreckt, ein wenig fühlte man sich an eine mongolische Steppe erinnert. Der Hauptweg ist vorbildlich mit einem roten Kreuz frisch markiert. Auf Dauer spürte man auch noch die Energie der spätsommerlichen Sonne, aber zum Glück gibt es diesmal ausreichend Quellen.
Zum Abend näherten wir uns dem Vârful Ştefleşti (2.242 m), da die Sonne aber schon tief steht, wählte ich lieber die ausgewiesene Abkürzung knapp unterhalb des Gipfels und gehe hinab zum Şaua Ştefleşti (1.730 m), um dann ins Cindrel-Gebirge zu wechseln. Auch der Cindrel-Gipfel (2.244 m) ist zum Greifen nahe, aber es dämmerte schon und ich folgte lieber dem direkten Weg zum Refugiul Cânaia (1.760 m). Schritt um Schritt wurde es dunkler auf einem schmalen, teils zugewachsenen Pfad. Im Zirbengehölz neben mir höre ich ein größeres Tier…vielleicht ein Wildschwein? Oder doch ein Bär? Ich sah nichts und ging zügig weiter, nun war ich gar nicht so unglücklich über meine Hundebegleitung. Aber noch glücklicher machte mich das Erreichen des Refugiuls, eine unbewirtschaftete Schutzhütte, die sich gefühlt noch im Aufbau befindet. Rückblickend wäre der Weg über den Cindrel-Gipfel zur Hütte evtl. schöner und abgesehen vom Aufstieg nicht länger.
Und all die Kilometer folgte mir der Hund. Ich war froh ihn an ein paar andere Besucher der Hütte verlieren zu können. Zudem ist es von hier aus nicht mehr allzu weit zur nächsten Siedlung.

4. Refugiul Cânaia – Păltiniș, 15,1 km
Nach zwei längeren Tagen beschloss ich es etwas kürzer anzugehen und auch wieder ein richtiges Bett in Păltiniș anzusteuern.
Nachdem es in der Nacht heftig gewitterte, begann der Tag sonnig in Gold gehaucht, aber von Süden kündigten sich dunkle Wolken an. Sie hingen noch am Parang-Gebirge. Ich hoffte, Sie würden sich dort und am Lotrului-Gebirge abregnen.
Doch bald war es vorbei mit der Sonne und die Wolken wurden größer, dunkler, es bildet sich ein Amboss aus. Ich legte einen Zahn zu und versuchte so schnell wie möglich vom Rozdeşti (1.940 m) und jeder folgenden Erhebung runter zu gehen, nur nicht exponiert auf dem Feld stehen. Donnergrollen war zu hören und das Gewitter war schnell. Bevor es endlich in den Wald nach Păltiniș hinab geht, musste ich nochmal über offenes Feld, einige Blitze zuckten ganz in der Nähe zu Boden. Und die Luft war erfüllt von Grollen und Regenwellen. Definitiv eine Situation die es zu vermeiden gelte. Aber ich hatte Glück und das Gewitter ließ mich hinter sich und machte bald wieder der Sonne Platz.
In der Nähe vom Touristenort Păltiniș (1.380 m) kamen mir auch mehr Wanderer entgegen und ganz entspannt erreichte ich am Nachmittag mein Ziel. Der Ort hat neben ein paar Restaurants eigentlich nur Pensionen, Hotels oder Ferienwohnungen zu bieten.
Der Hund folgte mir an diesem Tag im Übrigen nicht mehr und blieb offenbar bei den anderen in der Refugiul Cânaia.

5. Păltiniș – Cisnădie, 30,0 km
Die höheren Gipfel habe ich nun hinter mir gelassen, aber trotzdem ging es noch etwas hinauf zur Poiana Oncești (1.630 m), um dann durch Nebel verhangene Fichten, zwischen grün leuchtenden, feuchten Moss weiter zu wandern. Nur mühsam kämpfte sich die Sonne hindurch. Dann öffnete sich der Wald in eine hügelige Weide-Landschaft mit verstreuten alten Birken und Buchen und in der sommerlichen Wärme nach Kräutern duftende Weiden. Schließlich führte der Weg durch aromatisch duftende Kiefern und Eichenwälder, um letztlich die Berge bei Rășinari (550 m) zu verlassen, einem kleinen Ort durch dessen Gassen der Duft von frischgepressten Traubensaft waberte.
Kurz darauf verließ ich den Ort, um nach Cisnădioara zu gelangen. Leider ist der Weg eher langweilig, am Rande des wohlhabenden Sibiu gibt es allerlei Bautätigkeiten, die zunehmend die Landschaft zerschneidet. Um nach Cisnădioara oder Cisnădie zu gelangen, ist der Kammweg und ein späterer Abzweig empfehlenswerter.
In Cisnădioara angekommen bin ich etwas ratlos bzgl. möglicher Busse (keine Aushänge) und beschließe schlicht ins größere Cisnădie zu gehen und dort einen Blick auf eine der berühmten Kirchenburgen zu werfen und dann evtl. einen Bus zu finden.
Was mir wieder nicht gelang, aber immerhin findet man hier leicht Taxis und so endet mein Tag und meine Wanderung mit einer Taxifahrt in die wunderschöne Sibiuer Altstadt.
Wer schon einmal Karten für die nächste Wanderung kaufen will, oder allgemein Literatur, ist im Erasmus Büchercafé in Sibiu gut aufgehoben.

Fazit
Meine fünftägige, dreigebirgige Wanderung mag mit der Făgăraș nicht vergleichbar sein, bot aber wieder wunderschöne Eindrücke und Erlebnisse in den Südkarpaten Rumäniens.
Über oft einsame Wege, durch Wälder, über Wiesen und gütigen Berggipfeln genoss ich jeden Schritt. Ich traf nette Menschen, viele Schafe und (wieder) keine Bären. Ich kann auch diesen Teil der Karpaten uneingeschränkt empfehlen, z.B. für eine schöne Septemberwanderung. Die Wege waren technisch nicht kompliziert und mehrheitlich gut markiert, nur eine gute Kondition ist hilfreich. Aber man kann die Etappen auch kürzer gestalten und ich würde mir beim nächsten Mal auch mehr Zeit nehmen, auch um etwas mehr Kultur mitnehmen zu können.

Shortcuts
Meine Reisezeit:
19.09. – 27.09.
Anreise:
Per Bahn von Berlin über Budapest nach in Petroșani und zurück von Sibiu über Budapest. Alternativ nach Bukarest oder Cluj-Napoca fliegen und von dort den Zug nutzen. Tickets kann man online kaufen. Für wichtige Verbindungen sollte man sich frühzeitig das Ticket sichern, da evtl. ein Zug ausgebucht sein kann. Zudem sollte man mit Verspätungen rechnen. Einige Tickets in Rumänien lassen sich erst 30 Tage vor Abreise kaufen.
Einreise:
Es gibt Grenzkontrollen (nur noch auf dem Landweg), aber ein Personalausweis reicht als EU-Bürger.
Hinweise:
Man kann auf der Route auch einfach nur zelten.
Ein guter Schlafsack ist immer ein Muss, selbst bei Hüttenübernachtungen.
Ein Trinkwasserfilter ist nützlich, um sicher zu gehen, dass das Wasser nicht durch Schafe verunreinigt wurde.
Gaskartuschen findet man nur in größeren Städten.
Es ist auf jeden Fall hilfreich etwas Rumänisch zu lernen, allein aus Höflichkeit. Ich nutzte einfach Duolingo dafür.
Geld lässt sich problemlos per Visa abheben, aber mit einer Debit-Karte muss man ggf. ein paar Automaten probieren. In den Bergen sollte man ausreichend Bargeld dabei haben!
In der Umgebung:
Für das schöne Sibiu sollte man auf jeden Fall einen Tag einplanen.
Weitere tolle Gebirgen in der Nähe ist die Făgăraș oder das Retezat-Gebirge.
Literatur/Internet:
Karten: MN12 Parâng und MN23 Cindrel von Muntii Nostri
www.waymarkedtrails.org
GPX-Dateien des Tracks:
Tag 1: https://drive.google.com/file/d/176cGe_hFoFZOxyZYnZc7kcI26pHvVo2_/view?usp=sharing
Tag 2: https://drive.google.com/file/d/1B8SSbA9bhjCvDteOiLtGJ9hsmXs4UUBM/view?usp=sharing
Tag 3: https://drive.google.com/file/d/1ZhNdmGe8JhbYvM0lD6F9StwqthKPPW2k/view?usp=sharing
Tag 4: https://drive.google.com/file/d/1UQGHeJSGVo7wBlve6JKCi5PgDtT788Ut/view?usp=sharing
Tag 5: https://drive.google.com/file/d/1EsiNdN4_UWNL2xwMnm0i3rcGDOivVSpK/view?usp=sharing
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