Reiseberichte » Südamerika  » Argentinien

Argentinien und Chile – ein 6000er, Patagonien, Feuerland und Buenos Aires

Nach langer Vorbereitung und Planung war es im Februar 2012 endlich soweit: Ich stieg in Frankfurt in ein Flugzeug das mich für vier Wochen auf einen mir bis dato unbekannten Erdteil bringen sollte. Ich erfüllte mir einen Traum und reiste nach Südamerika, nach Patagonien, Feuerland und bestieg alleine den 6000er Marmolejo.

Allein auf den Marmolejo (6108m)

Von Santiago fuhr ich mit dem Bus nach Banos Morales, dem Startpunkt meiner Tour auf den südlichsten 6000er der Erde. Ich meldete mich bei der Naturschutzbehörde CONAF, um meine Erlaubnis zum Betreten des chilenisch-argentinischen Grenzgebietes abzugeben. Es war trotz der Höhe von fast 2000m sehr heiß.

Der Weg führte zuerst in ein fruchtbares Hochtal. Zum Glück waren neben mir drei brasilianische Bergsteiger mit chilenischem Guide und Maultieren zum Transport des Gepäcks unterwegs. Da die Bergsteiger hinter und die Maultiere vor mir waren, als ich auf einen reißenden Bach mit keiner seichten Stelle, geschweige denn einer Furt, von ca. 5-6 Metern Breite traf, boten mir die wartenden Maultiertreiber die Passage auf einem Rücken ihrer Tiere an. Dies nahm ich dankbar an.

Als ungeübter Reiter und mit 30 Kg Gepäck auf dem Rücken hatte ich während der Passage Mühe das Gleichgewicht zu halten. Doch ich kam trocken am anderen Ufer an. Am Abend zeltete ich in einem großen ebenen Tal in ca. 3200m Höhe. Ich schlief schlecht, da ich das Wasser nicht desinfiziert hatte. So geschwächt beschloss ich eine zweite Nacht zu bleiben, mein Zustand besserte sich und ich betrieb aktive Akklimatisierung. Der nächste Morgen war eisig.

In sengender Sonne bewegte ich mich durch wegloses Geröll vulkanischen Ursprungs den sehr steilen Weg zu einem Pass hinauf, wo sich der Blick Richtung Norden öffnete. Ich zeltete auf 4200m Höhe. Die einzige Wasserquelle hier war ein riesiger Eiszapfen. Ich genoss die unglaubliche Ruhe und Einsamkeit. Der nächste Morgen war kalt und sonnig, aber es zeigten sich unter mir bereits Wolken. Nach dem Frühstück ging ich Richtung Osten durch unwegsames Terrain. Am Nachmittag traf ich auf ‚Zeltplätze‘ am Gletscherrand in ca. 5200m Höhe. Es gab Sturm und Hagel. Und als ich bereits im Schlafsack lag, bemerkte ich seltsame Lichtreflexionen an der Innenzeltwand, die von einem Gewitter unter mir in ein paar Kilometern Entfernung stammten.

Einziges Symptom des schnellen Aufstiegs in relativ große Höhen war der unruhige Schlaf. Da sich der Himmel beim Verblassen der Sterne ungetrübt zeigte, beschloss ich, einen Gipfelsturm zu wagen. Ich machte mich vor Sonnenaufgang auf den Weg durch den eisigen Morgen über den spaltenreichen, von Eisnadelfeldern gespickten Gletscher. Irgendwann erreichte ich den eisfreien Gipfelgrat.

Die dünne Luft machte mir zu schaffen: Ich wurde langsamer, die Schritte kleiner, die Verschnaufpausen länger. Nach über 7 Stunden (und am fünften Tag der Tour) stand ich geschafft, aber glücklich, auf dem sturmumtosten eisigen Gipfel. Als ich wieder am Zelt ankam war es bereits später Nachmittag und ich kochte mir meine erste richtige Mahlzeit an diesem Tag.

Mein Weg am nächsten Tag endete in jenem grünen Hochtal. Mangels Maultieren zog ich mich am Ufer des reißenden, abendlich gut gefüllten Bergbaches aus, testete die starke Strömung ohne Rucksack, um dann dieses Hindernis mit Rucksack zu durchqueren. Das Wasser war eiskalt, reichte mir bis zur Mitte der Oberschenkel und die Trekkingstöcke waren nutzlos, da sie von der Strömung weggerissen wurden.

Unbeschadet erreichte ich das andere Ufer. Ein paar Meter weiter schlug ich mein Zelt auf. Am folgenden Tag begab ich mich langsam ins Tal. Irgendwann fuhr der vollgestopfte Bus, der mich zurück nach Santiago brachte. Am folgenden Tag besorgte ich mir ein Busticket (semi-cama) für den Nachtbus nach Osorno, schaute mir die Stadt an, traf mich mit einem schon länger in Santiago lebenden Bekannten und stieg um 22h in den Nachtbus mit einem sehr komfortablen Liegesessel.

Nach Süden…

Morgens relativ ausgeruht in Osorno ankommend ergatterte ich noch ein Busticket für den Bus nur zwei Stunden später nach Punta Arenas, der südlichsten Stadt Chiles. Hinter Osorno in der Nähe des Passes über die Anden war der gesamte Boden mit einer bis zu einen halben Meter hohen grauen Staub- und Ascheschicht bedeckt, was Folge eines Vulkanausbruchs gewesen ist. Rund um Bariloche, einem bekannten argentinischen Skigebiet, war die Landschaft äußerst schön mit Seen, Bächen, Bergen, und sie wurde noch eindrucksvoller im nördlichen Patagonien, das der Bus in den Abendstunden passierte.

Bevor ich am nächsten Abend in Punta Arenas ankommen sollte durchfuhr der Bus allerdings sehr reizarme Pampa. Früher als gedacht erreichte der Bus sein Ziel und ich, als wenn ich noch nicht genug vom Busfahren gehabt hätte, kaufte mir noch ein Ticket für den letzten Bus nach Puerto Natales, dem Startpunkt in den Torres del Paine-Nationalpark.

Im Torres del Paine-Nationalpark

Am nächsten Vormittag füllte ich meine Proviantbestände auf, spazierte durch das äußerst malerisch an einem Fjord gelegenen Puerto Natales und fuhr mittags mit dem Bus zum Nationalpark. Das Wetter war großartig und ich begab mich auf den Circuito del Paine, dem Rundweg über ca. 100km durch den Park.  Je weiter ich mich in den Park begab, desto beeindruckender wurde die Landschaft: Berge, Gletscher, Wälder, Flüsse und Seen. Dazu war das Wetter unglaublich gut.

Es schien meistens die Sonne, einzig an einem Vormittag regnete es. Auch waren neben mir ziemlich nette Zeitgenossen aus den USA, Kanada und Portugal unterwegs, mit denen ich mich zunehmend besser verstand. Auch passierte ich den Wald, der in dem Feuer im Dezember 2011 zerstört wurde.

Etwas anstrengender wurde es auf dem südlichen Abschnitt des Treks, dem W, weil dort deutlich mehr Touristen unterwegs waren. Ich wählte ein entspanntes Tempo, da ich das ursprüngliche Vorhaben, auch den nördlich auf argentinischer Seite gelegenen Los Glaciares-Nationalpark zu besuchen aufgab, da allein die Anreise mich wieder einen Tag gekostet hätte, und mein Ziel ja Feuerland hieß. Zudem hatte ich den sportlicheren Teil meiner Reise ja bereits hinter mir. So war ich am sechsten Tag abends wieder in Puerto Natales, wo ich mich später noch in einem Restaurant mit den neuen Reisebekanntschaften traf und der Abend sehr lang wurde.

Feuerland…

In aller Frühe verließ ich Puerto Natales mit dem Bus gen Ushuaia. Außer der Fährpassage über die Magellanstraße war diese Tagesreise eher langweilig, erst auf den letzten Kilometern in Feuerland wurde die Landschaft wieder etwas spannender. In Ushuaia schlug ich mein Lager auf dem Zeltplatz des Club Andinismo Ushuaia, über der Stadt am Fuß eines Skilifts gelegen auf, und verbrachte zwei Tage mit Ausflügen zum Gletscher, Stadtbummel und langen Spaziergängen an der Darwinstaße.

Ich verzichtete auf eines der zahlreichen touristischen Angebote wie Safaris zu Robben- und Pinguinkolonien, da ich keine Lust auf die Gesellschaft von ein paar Dutzend anderen Touristen hatte, eingesperrt auf einem kleinen Boot. Auch auf einen Abstecher in die sehr nahe Antarktis verzichtete ich, weil ein solcher mindestens 4000 US-Dollars gekostet hätte.

Und Buenos Aires

Dann flog ich nach Buenos Aires. So ersparte ich mir ca. zwei Tage Busfahrt. Unglaublich imposant war der Ausblick über Feuerland beim Abflug. Meer und Berge. Als ich in Buenos Aires das Flugzeug verließ erschlugen mich über 30° C und eine beinahe 100%ige relative Luftfeuchtigkeit. Zudem musste ich noch zwei Stunden mit dem Bus ins Zentrum fahren.

Mit viel Glück fand ich auch relativ schnell meine Unterkunft für die kommenden vier Nächte. Die Tage nutzte ich zum Durchstreifen dieser sehr europäisch anmutenden Metropole mit ihren Alleen, Plätzen, Gassen, Cafés, Läden und Märkten, bevor ich den Heimflug antrat.

Da ich nachhaltig von Patagonien beeindruckt bin und ich nur einen kleinen Bruchteil sah und erkundete, ist es meine Absicht diese ferne Weltgegend noch einmal zu besuchen und mir dann mehr Zeit zu nehmen. Und die Anden haben noch einige hohe Berge, die sich besteigen ließen.


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert