Einmal mit einem großen Wanderrucksack (65l) unterwegs sein, das stand schon lange auf meiner To-Do-Liste. Das eigene Zelt, Kocher und Essen ermöglichen dabei ein sehr flexibles Reisen. Zusammen mit einer Freundin habe ich mich daher auf in die Schweiz gemacht, genauer gesagt ins Wallis.

Bereits während der Zugfahrt sind wir mit unserem Gepäck aufgefallen. Kleinere Tagesrucksäcke waren doch schon häufiger vertreten… So im Nachhinein (und als Tipp an interessierte Lesende) hätten wir unsere Packlisten (siehe am Ende des Texts) auf jeden Fall noch optimieren können. Denn obwohl wir viel Unnötiges zuhause gelassen haben, war es immer noch recht schwer. Das war wohl schlussendlich auch einer der Gründe, weshalb die Tour dann «nur» 5 Tage gedauert hat. Dazu kamen noch überlastete Schienbeine meiner Wanderpartnerin und die nahezu erste diessommerige Hitzewelle, die während unseres Aufenthalts im Wallis geherrscht hat.

wandern im wallis 1

Doch jetzt zum Reisebericht:

Tag 1: Champéry – Col de Susanfe (noch mit Abstieg zu geeignetem Nachtplatz) [16 km, 1600 hm]

Morgens früh um halb sieben sitzen wir im Zug nach Champéry. Um den horrenden Preisen der Schweizer Bahn zu entgehen, habe ich eine Gemeinde-Tageskarte* bestellt. Allerdings aus Versehen nicht im Nachbarort (Benken ZH) sondern in Benken SG… Dort auch noch mit dem Zug hin, wäre dann wieder teuer geworden. Zum Glück gibt es freundliche Eltern, die einmal schnell ins Auto hüpfen, um dem schussligen Sohn aus der Bredouille zu helfen.

Wie dem auch sei, nach 5 Stunden Zugfahrt steigen wir in Champéry aus. Ein richtiger Touristenort mit zahlreichen Mountainbikern, die bei strahlendem Sonnenschein den Berg runterbrettern.  Wir füllen noch Essen (sehr wichtig: Rüebli!! En masse!!) und Wasser auf und stärken uns für die Wanderung. Dann geht es auch schon los. Bergauf und bergab geht es durch Wald und Geröll auf meistens rot-weissen Wanderwegen. Gegen Abend erklimmen wir den Col de Susanfe und steigen dann noch etwas ab, um unser Zelt aufzubauen. In der Schweiz ist das Wildzelten über der Baumgrenze grundsätzlich möglich, sofern man sich angebracht verhält und auch nur eine Nacht an einem Ort bleibt. Da wir unser Zelt nicht auf der Kuhweide errichten wollten, ist die gewählte Stelle nicht optimal. Ein wenig zu abschüssig. Jedoch machen die Steinböcke, die direkt an uns vorbeitrippeln, das allemal wieder wett. Das Abendessen besteht ganz klassisch aus Spaghetti, angerührt mit Knorr-Würzmischungen und etwas Dörrgemüse – Do-it-Yourself-Trekkingessen.

wunderbare aussicht im wallis

Tag 2: Col de Susanfe – Lac d’Émosson [19 km, 1000 hm]

Am nächsten Morgen geht es nach einem Frühstück (Tortillas mit Erdnussmus und Nektarinen) gestärkt weiter. Das Wetter ist wieder super. Wir stapfen zwischen Kühen hindurch noch etwas bergab, queren ein Flüsslein und machen uns dann an den nächsten Aufstieg. Als früherer Wanderstöcke-Belächler habe ich sie während dieser Wanderung echt zu schätzen gelernt. Es ist sehr angenehm bei vielen Höhenmetern in den „Allrad-Antrieb“ schalten zu können. Denn unsere 65l merken wir beide. Aber wir wandern munter weiter, genießen das Wetter und machen Pausen, wenn wir es brauchen (der Ruf der Natur + Essen). Trinken geht auch beim Wandern, da wir beide einen Trinksack mit Schlauch haben. Sehr empfehlenswert!

Am Nachmittag kommen wir am Lac d’Émosson an. Ein schöner kristallblauer Stausee, der dementsprechend viele Touristen anzieht. Es ist perfekt für Familien und Einstiegswanderer geeignet, da man mit einer Zahnradbahn nach oben kommt. Auf Höhe des Stausees gibt es zahlreiche schöne Wanderungen, unter anderem auch zur Cabane Vieux-Émosson. Außerdem kann man mit einem Camper/Wohnmobil auch auf dem Parkplatz nächtigen.

Wir gehen allerdings noch etwas um den See herum und finden dort ein langgezogenes Uferstück, an dem sich tagsüber Picknickgäste und Tagestouristen tummeln. Da es erst vier ist, vertreiben wir uns die Zeit mit Frisbee-Spielen und verfolgen mit, wie die meisten Leute wieder abreisen und sich langsam Stille über den See legt. Es ist wortwörtlich die Ruhe vor dem Sturm, denn am Abend stecken wir plötzlich mitten im Gewitter! Nachdem wir das Zelt mit Müh und Not im steinigen Boden abgesteckt haben, ist uns in unseren Schlafsäcken schon etwas mulmig zumute. Hält das Zelt? Trifft uns der Blitz? An Schlaf ist lange nicht zu denken.

bergsee im wallis

Tag 3: Lac d’Émosson – Val d’Arpette [23 km, 1875 hm]

Glücklich darüber, dass uns nichts passiert ist, trocknen wir das Zelt ab und machen uns dann auch schon wieder auf den Weg. Heute ist unsere längste Etappe. Aber sie lohnt sich auf jeden Fall! Wunderschöne karge Berglandschaft, Gletscher und Alpenflora. Da vergehen die Stunden wie im Flug. Außerdem wird es auf den Wanderwegen immer voller. Wir sind im Gebiet der „Tour du Mont Blanc“, einer populären Etappen-Wanderroute. Ständig kommen uns andere Wanderlustige entgegen, wir nutzen die Gelegenheit, um unser Französisch aufzufrischen. „Bonjour“ und „Bonne montée“ werden zu den meistgesagten Ausdrücken.

Am späten Nachmittag gehen wir über einen rauschenden Gletscherfluss [mit Brücke ?] und beginnen danach tatsächlich noch einen langen Aufstieg. Unser Ziel, das Fenêtre d’Arpette, liegt noch etwa 1000 hm über uns. Wir schleppen uns hinauf, werden dafür jedoch mit einer atemberaubenden Aussicht belohnt. Oben angekommen geht es gleich wieder runter, schnell wird das Zelt aufgebaut und was gegessen. Dieses Mal Kartoffelpüree mit Gewürzen. Schnell und sättigend. Danach fallen wir todmüde auf unsere Matten.

geroellfeld im wallis

Tag 4: Val d’Arpette – La Foully [18 km, 900 hm]

Der nächste Morgen beginnt ohne Frühstück. Wir haben am Vorabend all unsere Wasservorräte aufgebraucht, haben jedoch beide ziemlichen Durst. Daher packen wir das Zelt schnell ein und steigen 45 Minuten lang ab, bis wir einen sprudelnden Bach erreichen. Währenddessen kommen uns bereits zahlreiche Wanderer entgegen, die die noch halbwegs erträglichen morgendlichen Temperaturen ausnutzen möchten, um den entgegengesetzten Aufstieg zum Fenêtre anzutreten. Ein weiser Plan, die Temperaturen klettern nämlich erneut auf weit mehr als 20 Grad.

Wir schwitzen uns über die felsigen Wanderwege voran. Die Salzkrusten des Schweißes haben T-Shirt und Hosen schon großflächig marmoriert. Da wir die Oberteile bis jetzt nur kurz im See gespült hatten und uns selbst noch weniger, hat sich auch auf der Haut eine schöne Schicht eines Sonnencreme-Schweiß-Staub-Gemisches angelagert. Wie gut, dass wir heute Abend auf einem Campingplatz sind! Doch bis zum Abend folgen noch einige Höhenmeter, die uns zuerst fast bis zur Cabane d’ Orny führen. Danach geht es dann alle erarbeiteten Höhenmeter wieder runter ins Tal. Da es doch schon recht spät ist, entschliessen wir uns mit dem Bus das letzte Stück im Tal nach hinten zu fahren, um den Camping des Glaciers in la Foully zu erreichen. Zusammen mit gefühlt halb Holland und tausenden anderen Zelten verbringen wir einen entspannten Abend mit schöner Gletschersicht.

blumen im wallis

Tag 5: La Foully – Orsières [16 km, 200 hm]

Da die Schienbeinschmerzen meiner Wanderpartnerin im Laufe der letzten Tage auch nicht besser geworden sind, entscheiden wir uns die Tour hier abzubrechen. Sie macht sich also nach dem Frühstück mit dem Bus auf den Weg nach Hause, während ich das Tal zum Ausgang entlangwandere. Im Vergleich zu den vorigen Tagen sehr entspannt, da es die meiste Zeit schön eben ist.

In Orsières treffe ich mich dann mit meiner Mutter. Sie ist mit dem VW-Bus und dem Hund gekommen. Gemeinsam fahren wir nach Champex-Lac (danach noch Villeneuve) und verbringen dort noch ein paar entspannte Campingtage mit hundetauglichen Wanderungen, frischer Bergluft und etwas Sight-Seeing. Schon sehr angenehm ohne den schweren Rucksack! ?

Aber trotzdem war es eine sehr schöne Erfahrung, die ich auf jeden Fall wiederholen möchte!

camping luxus

*Viele Orte bieten Bahnkarten für die gesamte Schweiz für einen ganzen Tag an. Für ca. 45 Franken ist das ein sehr lohnendes Angebot, das auch von Nicht-Schweizer*innen nutzbar ist. Da die Anzahl begrenzt ist, sollte man jedoch früh genug reservieren.

Fragmentarische Packliste:

Rucksack: Thule Guidepost 65

Isomatte: Therm-a-Rest Evolite Regular

Schlafsack: No-Name-Produkt mit Komforttemperatur von 10 Grad. (War definitiv zu kalt! Allerdings habe ich dadurch dann die lange Wanderhose nutzen können, für die es tagsüber zu warm war. Mit langer Unterhose und Wanderhose war es aushaltbar im Schlafsack)

Zelt: Rejka Antao II Light XL, nicht das leichteste Zelt, hat dafür jedoch ein schön großes Vorzelt, in das bequem zwei Rucksäcke, Schuhe und anderer Kram reinpassen. Wetterfest ist es auch, es hat dürftig abgespannt ein starkes Gewitter ausgehalten und für unsere Trockenheit gesorgt.

Zeltunterlage: Tyvek, 150x200cm

Kleidung: Wanderhose lang/kurz, 2x Merino Kurz (Icebreaker 200 Oasis SS Crewe), 2x Merino Lang (Icebreaker: Sphere LS Crewe; Ortovox: 120 Comp Light Long Sleeve), lange Merino-Unterhose, Fleecejacke (Ortovox: Fleece Light Melange Jacket), 3 Unterhosen, 3 Paar Wandersocken (Smartwool, verschiedene Modelle), dünne Wollmütze (Altitude, Essence Mütze), Buff, Regenkleidung

Wanderschuhe: La Sportiva: Trango Tech GTX. Sehr angenehmer, leichter Schuh, der dennoch genug Grip für steinige Geröllfelder und kurze Schneefeldpassagen gibt. Durch den geschlossenen Schaft kann man ihn beim zeltnahen Rumlaufen prima ohne Zuschnüren tragen. Die Schnürung funktioniert aber auch einwandfrei, wodurch man ihn schön fest an den Fuß anpassen kann, um Reibung zu vermeiden.

Essen: 750 g Couscous, 250 g Mie-Nudeln, 500 g Spaghetti (am besten schon zuhause einmal mittig durchsägen, das macht das Kochen einfacher, da alle Nudeln gleich im Wasser landen), Kartoffelpüree, 2 Pack Tortillas, Gewürztüten, Trockenfrüchte, Erdnussmus, diverse Frucht- und Energieriegel, Karotten, Nektarinen, …

Das Essen haben wir unter uns aufgeteilt und haben auch nicht alles gebraucht, was wir an Snacks mithatten. Wir hatten genug Hauptmahlzeiten für 4 Tage ohne Einkaufsmöglichkeit.

Kocher: Primus (Primus Trail Stove) mit einer 450g-Kartusche

Diverses: Zahnputzzeug (Zahnputztabletten mit Fluorid), Blasenpflaster !wichtig!, Powerbank, Ultra-leicht-Handtuch (z.B. Airlite Towel), Wanderstöcke

Diese Packliste ist nicht vollständig. Es waren noch mehr kleine Sächelchen dabei, die ich aber nicht mehr genau weiß. Da ich nicht nach einer genauen Packliste gepackt habe, war das Gewicht keinesfalls optimiert. Es waren wohl einige unnötige Sachen dabei. Aber alles hat in den Rucksack gepasst und ich konnte diesen auch ohne Probleme tragen.