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Mit dem Rad nach Kopenhagen

Immer schoen strampeln. Alle Bilder: privatVier Tage frei? Gute Wettervorhersage? Räder schon aus dem Frühjahrsputz zurück? Dann nichts wie ab nach Kopenhagen! Wir haben es gemacht und sind auf dem Drahtesel einmal an den Küsten Dänemarks entlang.


Warum Dänemark?

Die Küsten Dänemarks sind deutlich unbewohnter als die deutschen. Das bedeutet: wunderschöne einsame Strände, typisch skandinavischer Baustil mit roten Häuschen, viele alte Buchenwälder direkt am Strand, Einsamkeit, schnelle Wetterwechsel und das alles in minimaler Entfernung zum deutschen Festland.

Also auch ideal für einen Trip am Wochenende! Kopenhagen ist eine geniale junge Stadt, relativ alternativ, mit wunderschönen Bauten, immer in Verbindung mit Wasser und die fahrradfreundlichste Stadt, die ich bisher gesehen habe.

Unsere Tour

Das freie Herrentagswochenende stand bevor. Wir entschieden uns mal wieder eine tolle Radtour zu unternehmen. Seit 6 Jahren machen wir die jetzt schon, den Asphalt  ganz Deutschlands, Schwedens, Frankreichs und auch Österreichs durften unsere Drahtesel schon spüren.

Ich studiere in Rostock, meine bester Freund in Berlin. Wir sind echte Naturburschen und haben schon oft festgestellt: keine Art zu reisen ist so intensiv, erlebnisreich und erholsam wie auf dem Sattel eines Rades!

Die Fähre ruft

Am Donnerstag um 7:30 Uhr bepackten wir bei frischen norddeutschen 10°, leichtem Regen und Westwind unsere Räder und fuhren zum Überseehafen Rostock. Vom Zentrum Rostocks aus sind es knapp 10 km, auch mit Bahn und Bus würde man dorthin gelangen. Die Fähre von Scandlines braucht knappe 2 h nach Gedser und ist für unglaubliche sieben Euro pro Fahrt inklusive Fahrrad in der Vorsaison (14.09. – 31.05.) zu nutzen!!!

Mittlerweile gibt es sogar Fernbustickets, die direkt von Berlin aus nach Kopenhagen fahren. Wir sind beide ADFC-Mitglieder, das lohnt sich, da man so bei jeder Fahrradmitnahme neun Euro im Fernbus spart. Bei einem ADFC-Mitgliedsbeitrag von 29 Euro pro Jahr für Studenten hat man die Gebühr nach der dritten Fahrt schon locker wieder raus!

Bei noch stärkerem Westwind, dafür aber schönerem Sonnenschein verließen wir die Fähre und führen gen Norden. Der Berlin-Kopenhagen-Radweg erstreckt sich über Nykobing-Falster an die dänische Ostküste. Hier beginnen wunderschöne Buchenwälder direkt am Strand bis nach Stubbekobing. Rein hypothetisch fährt hier eine Fähre. Aber nicht an Himmelfahrt und schon gar nicht nach 15 Uhr an Himmelfahrt!

Zum Radeln sind wir hier

Ein unfreundlicher Däne, der mit seiner Tochter schnell wieder seine polse weiteressen wollte, wies uns darauf hin: „There is no ferry today!“  Das haben wir auch schon festgestellt. „20 km to west, there is a bridge for cyclist!“ „Na geil“, meine ich zu Marcus. Aber wozu sind wir schließlich hier. Schnell beim nächsten Supermarkt eine Runde Schokolade eingesackt, Blutzucker und Motivation wieder nach oben geschraubt und reingetreten in die Pedale!

Die Brücke geht von Orehoved nach Vordingborg und ist ziemlich lang. Es gibt einen schönen Blick auf den Storstrom. Der Umweg hat sich also doch gelohnt. Von Vordingborg wieder Richtung Osten gewandt, schlagen wir abends unsere Zelte an einem kleinen Strand bei Stensby in einem kleinen verschlafenen Fischernest am Strom auf, kochen unsere Nudeln und führen die notwendige Waschhygiene durch: dabei ist es bei abendlichen 5-10° eine schwierige Entscheidung: entweder man stinkt und bleibt warm oder man wäscht sich, duftet nach Duschbad, friert sich dabei aber den Allerwertesten ab.

Unsere Methode: vor dem Waschen einfach mal schnell einen Kilometer joggen, ein paar Liegestützen machen oder auf und ab springen. Das trainiert Psyche, wärmt den Körper und bereitet gut auf die Abkühlung vor!

Egal wo du hingehst, der Rammler war schon da

Am nächsten Morgen geht’s weiter: nach ein paar Navigationsproblemen (gefühlt heißt hier jedes Nest gleich und sieht auch genauso aus) schaffen wir es zurück auf den Radweg und fahren weiter Richtung Norden an der ostdänischen Küste.

Es geht jetzt über mehr Felder und Wiesen, an jeder Ecke wird gerammelt, was das Zeug hält: die Hasen haben den Frühling auch schon bemerkt und auch die männlichen Fasanen zeigen, wie hübsch sie doch sind.

Über Praesto fahren wir an diesem Tag bei tollstem Wetter bis nach Koge den Oresund entlang. Das Einkaufen ist in Dänemark, wie in ganz Skandinavien, überhaupt kein Problem: fast alle Geschäfte haben wirklich jeden Tag von 8-24 Uhr geöffnet, selbst aufm Dorf! Alles ist entspannt mit Kreditkarte zu zahlen.

Für uns Radfahrer heißt das: kein Vorplanen, wann essen wir was, kein Mitschleppen von Konserven oder Nudelpackungen über zwei Tage hinweg. Während ich so auf Marcus bei den Rädern warte, sinniere ich nicht nur einmal darüber nach, wie schön es doch wäre, wenn es das auch in Deutschland gäbe…

In Koge angekommen, schlagen wir unser Zelt fast direkt vorm Zeltplatz am Strand auf. Ziemlich dreist, ich weiß, aber ich sehe nicht ein für ein Fleckchen grüne Wiese Geld zu bezahlen: waschen gehen wir uns sowieso in der See und kochen tun wir aufm Kocher! Arme Studenten müssen nun mal sparen, wo sie nur können.

Das führt uns leider auch dazu, dass unser nicht ganz leistungsfähiger Kocher unsere Idee Kartoffeln weich zu kochen nicht ganz mitmacht. Nach einer Stunde Kochzeit geben wir auf: als Dinner gibt es dann harte Kartoffelstückchen mit Butter und Quark! Deliziös nach 120 km radeln! Und ich denke mir: für die große Sommertour muss auf jeden Fall ein neuer Kocher her!

Von Regen und Schlössern

Der nächste Morgen begrüßt uns mit Wolken und Regen. Von jetzt an ist die Strecke ziemlich städtisch und zugebaut, der Weg nervt zum Teil, weil er schlecht ausgeschildert ist oder umständliche Umwege angibt, nur um nicht an der Hauptstraße fahren zu müssen. Gegen Mittag wird der Regen stärker, sodass wir die letzten paar Kilometer bis nach Kopenhagen im Regen einreiten.

Kaum sind wir im Zentrum, ein wenig durchgefroren und nass, kommt die Sonne raus. Beeindruckt sind wir beide von der Fahrradfreundlichkeit dieser Stadt: Es gibt überall eine komplett asphaltierte Spur für Radfahrer, so breit wie die für Autos, abgegrenzt durch einen Bordstein.

Ich habe mindestens zehn Fahrradläden auf nur fünf Kilometer gezählt: Rennräder, Fixies, Tandems, Transportfahrräder, alles was das Herz begehrt. Eine Bewegung, die sich sicherlich in Berlin auch immer mehr durchsetzen wird: das Rad ist nun einmal das nachhaltigste, günstigste, gesündeste und vor allem schönste Verkehrsmittel für kurze Strecken!

Nachdem wir uns gestärkt haben, erkundigen wir uns in der Touriinfo, wo ein Zeltplatz wäre. Sieben Kilometer entfernt. Uns zu weit! Die Zeit ist knapp, morgen Nachmittag müssen wir die Fähre in Gedser schon wieder bekommen! Wir bleiben unseren Drahteseln treu und erkunden mit ihnen zusammen die Stadt.

Unsere persönlichen Highlights: die kleine Meerjungfrau, Nyhavn, das Schloss und die Christiana. Die Christiana ist eine staatlich autonome Gemeinde, die es schon seit 1971 gibt. Hier kann jeder tun und lassen, was er will. Drogen und Alkohol gibt es nicht zu knapp und viele Künstler etablieren sich auf jede erdenkliche Art und Weise.

Gefällt uns: ein bisschen wie ein kleines Wunderland. Anbei gibt es sogar direkt Wasser, ein alter Burggraben oder so. Schade ist nur, dass unglaublich viel Müll hier herum liegt. So ist es wohl, wenn etwas zu sehr zum Mainstream wird und zu viele Touristen anlockt. Das ist schade!

Es dämmert schon langsam, wir machen uns auf zum Amagerfaelled, ein Park im Süden der Christiana, schlagen hier spontan unser Zelt auf und retten uns gerade noch so vor dem großen Wolkenbruch. Gemütlich sitzen wir im Zelt, essen bei entspannter Musik unsere Stullen und gehen wieder einmal mit der Dunkelheit schlafen.

Der Frühe Vogel….sieht Japaner

Am nächsten Morgen geht’s um sechs Uhr los. Den Tag vorher haben wir uns noch ein Zugticket für elf Uhr nach Nykobing gekauft. Ein toller Tipp, den wir leider nicht nutzen konnten: mit dem S-Train, der halb Dänemark verbindet, kann man kostenlos die Fahrräder mitnehmen. Nach Nykobing kommt man leider nur mit dem Regionalzug, sodass wir 50 Euro für beide mit Fahrrädern blechen müssen!

Die Sonne lacht, alles ist ruhig am Sonntagmorgen, sodass wir bei  einem Schokoboller und Chai latte den Tag gemütlich starten und die Morgenruhe nutzen, um noch einmal Kopenhagen zu sehen, bevor der große Touristenansturm folgt.

Um sieben Uhr stehen wir an der kleinen Meerjungfrau doch kaum sind wir fünf Minuten da, rollt schon die erste japanische Reisegruppe an und knippst alles ab, was stillhält. Die haben vielleicht Durchhaltevermögen!

Zwei Stunden Zugfahrt bringt uns nach Nykobing zurück und wir strampeln noch einmal 25 km mit starkem Gegenwind nach Gedser zurück, um entspannt um 15:30 Uhr unsere Fähre zu bekommen! 17:30 Uhr kommen wir in Warnemünde an und erblicken schon von weitem das Charakteristikum der Rostocker Ostseeküste…der grüne Leuchtturm.

Als Marcus sich abends zum Fernbus losmacht, verabschieden wir uns voneinander mit genau dem gleichen Ausspruch zur gleichen Zeit: „War ne geile Tour!“ Mehr gibt’s dazu auch nicht zu sagen!

Fazit

300 km in 2,5 Tagen geradelt bei überwiegend schönem Wetter, eine wundervolle und fahrradfreundliche Stadt erkundet, die ganze Zeit in der Natur gewesen, ein bisschen Abenteuer und Lagerfeuerromantik erlebt und das alles in nur 4 Tagen (mir kam es wieder viel länger vor) und bei kleinstem Budget: Für jeden zu empfehlen!

Am nächsten Tag in der Uni denke ich nur: ich will weiterradeln! Am besten um die ganze Welt!


One Response to Mit dem Rad nach Kopenhagen

  1. Volker says:

    super Bericht, vielen Dank dafür.
    Volker

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