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Teil drei: Es wird endlich heimelig

Rentiere....Alle Bilder: privatIm dritten und letzten Teil von Engins und Christines Abenteuer durch das winterliche Lappland wird es endlich heimelig: Eine kleine Hütte im eisigen Norden erwärmt den beiden das Herz und lässt sie endlich zur ersehnten Ruhe kommen:

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Die Hütte ist klein und dunkel. In der Mitte steht ein kleiner Kanonenofen und an der Wand ein Stockbett. Das einzige Fenster ist nach Norden ausgerichtet. Einen Lichtschalter sucht man hier vergebens. Eine Küchenzeile mit zweiflammigem Gaskocher gibt es, aber irgendwie fehlen Wasserhahn und Waschbecken. An der Tür hängt ein kleines Thermometer, es zeigt Minus 32°C an.

Es dauert nicht lange bis wir die geringen Holzvorräte der Hütte ausfindig gemacht haben. Aus diesem füttere ich die laut knackenden, prasselnden Flammen durch das kleine Stahltürchen. Später haben wir nur noch unsere Funktionsunterwäsche auf dem Leib. Unsere Bekleidung sowie die gesamte Ausrüstung liegen überall verteilt in dem kleinen Raum.

Im weiteren Verlauf des Abends aßen und tranken wir und freuten uns über den Luxus. Den Fußboden hatte ich mit den Isomatten ausgelegt. Beim Blick auf das Thermomether, sehe ich, dass der rote Strahl des Thermometers mittlerweile um zwei ganze Zentimeter in die Höhe gewachsen war. Auf Brusthöhe beträgt die Temperatur bereits +26°C, während Schneebrocken sich in den Ecken der unisolierten Stellen des Fußbodens beständig halten. Auf der oberen Etage des Stockbetts dagegen kann man es vor Hitze kaum aushalten.

Die folgenden Nächte verbrachten wir in dieser schönen Zuflucht. Wir nutzten sie zur Erkundung der Umgebung auf unseren Skiern und genossen die Landschaft. In der Nacht schmolzen wir Schnee auf Vorrat, tranken Tee, untererhielten uns, hockten vor dem Ofen, oder räumten um und auf oder lasen. Wir knabberten und aßen die ganze Zeit. Eines der wichtigsten Ziele, das es zu verfolgen galt war die unerbittliche Vernichtung unseres Proviants. Für den Rückweg sollte der Schlitten einfach spürbar leichter sein. Ich kann mich nicht daran erinnern jemals ein Hungergefühl in dieser Zeit gehabt zu haben.

Ursäkta mig, Jag talar ingen svensk!

Ab und zu brummten Schnee-Scooter an unserem neuen Zuhause vorbei. Eines Mittags verlassen wir die Hütte für einen Ausflug, als eine Truppe Snow-Scooter mit ihren dazugehörigen Fahrern neben uns Halt machte. Ein großer vollbärtiger Schwede grüßt freundlich. Dann redet er mit einem Mal in einem großen Schwung schwedisch auf uns ein. Da ich kein schwedisch kann, entgegnete ich Ihm freundlich: „Sorry, I don´t speak czech“. Er schaut mich etwas verdutzt an.

Dann unterhalten wir uns kurz auf Englisch und verabschieden uns voneinander. Ein paar Meter weiter fragt mich Christine, warum ich denn gesagt habe, dass ich kein tschechisch könne? Nun schaue ich verdutzt, denn ich wollte sagen, dass ich kein Schwedisch spreche und wir brechen beide in Gelächter aus. Wir lachen noch lange und lachen noch viele Male später über meine Kopflosigkeit. Glücklicherweise hatte der große Schwede meinen Fehler nicht als Unfreundlichkeit aufgefasst.

Tausende Kilokalorien später aber nur wenige Tage nach unserer Ankunft in der einfachen Behausung ist es auch schon wieder Zeit den Rückweg anzutreten. Diesen wollen wir in einem Rutsch schaffen. Die Pulka ist bereits am Vorabend so gut es geht vorbereitet.

Unser Blick durchs Hüttenfenster zeigt Nordlichter und einen atemberaubenden Sternhimmel. Also gehen wir wieder raus und staunen und staunen und zittern und staunen. Wir sind uns sicher: viele von denen, die im Verlauf ihres Lebens Unmengen ihres letzten Dezember-Gehalts für teures Silvester-Feuerwerk ausgeben, würden, wenn sie sich entscheiden müssten, dieses sofort für eine Reise in die Dunkelheit Nordschwedens ausgeben, um sich diesen atemberaubenden Sternenhimmel und den Geistertanz der Nordlichter zu bestaunen.

Wenn Ihr nur wüßtet wie schön das alles ist. Am nächsten Tag beginnt der Rückweg. Es läuft alles wie am Schnürchen. Das Wetter ist wieder schön und wir begegnen sogar einer Herde Rentieren. Auch meine Füße fühlen sich wohl. In den letzten Tagen habe ich gelernt, was ich eigentlich schon wusste:

Leider hatte ich in der Kälte keinen kühlen Kopf bewahrt und die Weisheit nicht beachtet, dass in Sachen Socken weniger manchmal mehr ist, da mehr Socke in zu wenig Schuh die Blutzirkulation verhindert. Am Abend gehen wir in die Sauna und schlafen verdient in einem Hotelbett. Den Tag darauf bringt uns der Zug nach Kiruna und zwei weitere Flugzeuge bringen uns heim nach Berlin. Nächstes Mal nehmen wir uns mehr Zeit. Nächstes Mal machen wir eine „richtige“ Tour.

Wie die beiden Abenteurer nach Lappland kamen und die Geschichte begann, könnt ihr hier nachlesen: www.camp4.de/blog

 


One Response to Teil drei: Es wird endlich heimelig

  1. Lars says:

    Als blutige Anfänger, ganz schön verrückt in diese Gnadenlose Gegend im anspruchsvollste Jahreszeit überhaupt, auf Skiwanderung zu gehen …
    Da hat jemand wohl basale beratung ignoriert oder sonst gelobte erfahrene Berater gründlich geschlafen?

    Ein Sturm bei diese Kälte und eurer Erfahrungsniveau, und ein weitere Anaris/Taumevatn Katastrophe wäre Realität gewesen.

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