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Ein Bischof, Pyramiden und Polizei-Eskorte

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Meine Tour
Ich setzte im November 2005 mit dem Schiff von Aquaba/Jordanien nach Nuweiba auf die Sinai-Halbinsel über und durchquerte den Sinai auf der alten Straße vorbei am Berg Mose. In Suez überquerte ich den Kanal und radelte nach Kairo bevor ich das ägyptische Niltal stromaufwärts in Richtung Sudan durchquerte. Nach mehr als drei Monaten verließ ich Ägypten wie ich gekommen war – mit dem Schiff! – über den Assuan-Stausee nach Wadi.

Warum ÄGYPTEN
Im September 2005 startete ich mit dem Fahrrad, um von Deutschland nach Kapstadt zu fahren.
( www.vom-wind-getragen.de ) Ägypten war somit zum einen “Transit-Land” und zugleich das erste afrikanische Land meiner Reise. Nach den endlosen Wüsten-Gebieten des nahen Ostens freute ich mich auf die Fahrt durch das grüne Niltal – das “eigentliche” Ägypten abseits der touristischen “Brennpunkte”.

Was Sie schon immer über ÄGYPTEN wissen wollten…

Die Kopten und der Islam
Ägypten ist ein arabisches Land und zugleich Heimat für eine der größten und ältesten christlichen Gemeinde außerhalb Europas – die Kopten. Gern weisen viele Ägypter auf dieses friedliche „Miteinander“ der Religionen als weithin leuchtendes Beispiel hin. Auch wenn dies nach außen funktioniert, so scheint es doch eher ein „Nebeneinander“ und ein Blick hinter die Kulissen zeigt eine fragile Konstruktion. So wählen die meisten Kopten unbeirrt den umstrittenen Präsidenten Mubarak – da der Machtmensch Mubarak es bisher vermochte, die Muslimbrüder „auf Abstand“ zu halten und die Einstellung letzterer zum „Miteinander“ zumindest unsicher ist. In vielen Gesprächen mit ägyptischen Freunden ließ sich zudem ein gewisser Unmut der Araber über den wirtschaftlichen Einfluss der Kopten erahnen. (Die Kopten beherrschen einen Großteil des Handels). Der Präsident hat es bisher verstanden, diese Umstände für sich zu nutzen, insbesondere, da der Einfluss der Muslim Bruderschaft stetig zuzunehmen scheint. Im Alltag ist von solchem Machtpoker kaum etwas zu spüren. Die Kopten, die ich getroffen habe, waren warmherzige und hilfsbereite Menschen. (Auch wenn man sich oft allzuschnell „outete“ – Europäer gelten offenbar per se als Christen und sofort präsentierte man mir eine entsprechende Tätowierung (Kreuz!) – Ich bin Christ! Kein Muslim!)

Reisen durch das Niltal – per eigenem Fahrzeug
Das Niltal zwischen Kairo und Luxor ist für mich das „eigentliche“ Ägypten. Ich habe mich dort unheimlich wohl gefühlt. Es gibt kaum touristische Infrastruktur, folglich trifft man auf erholsam wenig „Westler“. Kleine Dörfer, mächtige Wasserbüffel und jede erdenkliche Schattierung der Farbe Grün. Das Hauptverkehrsmittel hier ist der Zug – und eine angenehme Art und Weise, den Süden des Landes zu erreichen. Jene mit dem eigenen Fahrzeug ( Rad! ) sollten sich auf ein paar „Geplänkel“ an einem der zahlreichen Checkpoints einstellen. „Allein weiterfahren?? Völlig unmüglich! Viiiel zu gefährlich.“ Alsdann wartet man auf den nächsthöreren Vorgesetzten, der einen wiederum an den nächsten „Verantwortlichen“ weiterleitet. So kam es, dass ich für 600 Kilometer eine Polizei-Eskorte zur Seite gestellt bekam – ein Pickup, besetzt mit Gewehrschützen, der mir treu einen auf den anderen Tag folgte! Für jeden Schritt abseits der Straße waren anstrengende Diskussionen mit meiner Begleitung nötig. Als ich schließlich nach Assiut hineinfuhr – ein Polizeiauto vor mir, eines hinter mir, jeweils voll besetzt – fühlte ich mich wie bei einem Einzelzeitfahren bei der Tour de France. Sollte einmal kein Hotel greifbar sein, lohnt es sich, nach der nächsten Kirche zu fragen. In Sohag schlief ich in der örtlichen koptischen Kirche – inkl. Audienz bei Bischof Bachum!

Eine Reise durch das Niltal auf eigenen Wegen? – auch im touristisch erschlossenen Ägypten noch ein Abenteuer!

Der Karrikaturenstreit – Reisen in einem islamischen Land
Auch wenn Touristen in Ägypten keine Seltenheit sind – es ist ein arabisches Land und so gelten die üblichen Regeln auch dort. Allzu offenherzige Kleidung gilt als albern und respektos. Insbesondere die Frauen könnten damit möglicherweise unangenehme „Begehrlichkeiten“ seitens der männlichen Bevölkerung wecken! ( inzwischen können es die meisten wohl im Schlaf herunterbeten und doch trifft man noch immer auf ausreichend „Negativ-Beispiele“).

Die Religion nimmt im Alltag der Gläubigen einen Stellenwert ein, den viele „aufgeklärte“ Europäer kaum mehr nachvollziehen können. Der Karrikaturenstreit fiel just in meine Zeit in Kairo und so hatte ich die Möglichkeit, jenen mit ägyptischen Freunden offen zu diskutieren. Die jeweiligen Für und Wider gehören sicher nicht auf diese Seiten – ein Zitat sei mir erlaubt: „Du kannst meinen Vater angreifen. Meinen Sohn. Das können/haben wir unter uns auszumachen. Aber lass meinen Propheten in Ruhe!!!

Schließlich – Ich fühlte mich während 6 Monaten im arabischen Kulturkreis sehr wohl und – nun in Schwarzafrika – vermisse ich zuweilen die respektvolle Distanz und große Gastfreundschaft gegenüber dem Reisenden in der arabischen Welt.

Wild campen in Ägypten?
Wild campen ist eigentlich nur auf dem Sinai oder in der Wüste möglich. Im dichtbevölkerten Niltal ist es schwierig, einen ruhigen Platz zu finden. (Und – Polizeieskorten lassen einen ohnehin nicht ohne gewichtigen Grund anhalten!) Andererseits ist es kaum ein Problem, in den Städten eine – auch preisgünstige – Unterkunft zu finden.

Muss man die Pyramiden wirklich gesehen haben?
Klar! Zumindest einmal. Dann heißt es: Man wappne sich gegen Myriarden von Touristen, Souvenirverkäufern und Kamelführern. Blendet man all dies aus, so sind diese Bauwerke einfach gigantisch – im wahrsten Sinne des Wortes. Am Fuße einer Pyramide zu stehn, sich gedanklich in die Zeit ihrer Erbauung zurueckzuversetzen und die Vorstellung, dass diese Bauwerke einst komplett mit weißem Marmor bedeckt waren……..! Ein Besuch bei den etwas kleineren Stufen-Pyramiden bei Fayum lohnt sich, da sie nicht soo überlaufen sind. Dann ist aber auch genug!


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