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Pilgern auf dem Drahtesel – Jakobsweg per Fahrrad

Meine Tour
Sommer 2001. Unsere Tour entlang des Jakobswegs begann in Madrid. Mit dem Zug transportierten wir unsere Mountainbikes bis nach Burgos. Von dort aus fuhren wir etappenweise und meist schon am frühen Morgen (jeden Tag zwischen 50 und 70 km) die ca. 600 km bis zum Ziel Santiago de Compostela. Unterwegs machten wir Rast in jeder größeren Stadt, beispielsweise in León und Ponferrada. In der Zielstadt -Santiago de Compostela- verbrachten wir unfreiwillig ganze vier Tage, weil uns der Zug mit den Fahrrädern nicht an Bord lassen wollte. Schließlich machten wir einen Reisebus ausfindig, der uns wieder zurück nach Madrid beförderte. Von dort aus gings unkompliziert mit dem Flugzeug zurück nach Leipzig.

Warum SPANIEN
Der Jakobsweg war uns bereits aus dem Spanisch-Unterricht in der Schule ein Begriff. Und bei genauerem Überlegen stellten wir fest, dass die Tour von Burgos bis Santiago de Compostela genau das vereinen würde, wonach uns der Sinn stand: Wir wollten im Sommer nicht faul am Strand abhängen, sondern unsere Kondition und die Robustheit unserer Mountainbikes in einem landschaftlich überwältigendem Gebiet testen, ein paar Vokabeln wieder auffrischen und mal ein paar Tage auf Luxus verzichten. Dabei kam uns natürlich entgegen, dass man in den Pilgerunterkünfte auf dem Jakobsweg gegen eine kleine Spende übernachten kann und nicht allein für die Übernachtungen schon das halbe Urlaubsgeld drauf geht.

Was Sie schon immer über den JAKOBSWEG wissen wollten…
Was ist der Jakobsweg?
Der Jakobsweg ist ein Wege-System. Es führt durch ganz Europa und hat zum Ziel die Kathedrale in Santiago de Compostela, in der sich das Grab des heiligen Jakobus befindet. Santiago de Compostela gehörte im Mittelalter mit Rom und Jerusalem zu den drei Hauptorten der christlichen Pilgerziele und ist noch heute von Pilgern aus aller Welt stark frequentiert. Der Name Jakobsweg bezieht sich auf den Apostel Jakobus den Älteren. Er war zusammen mit seinem Bruder Johannes einer der zwölf Apostel. Den Jakobsweg könnt ihr gar nicht verfehlen, denn er ist unterwegs mit Jakobsmuscheln sowie gelben Pfeilen „ausgeschildert“.

Wem begegnet man auf dem Jakobsweg?
Auf dem Jakobsweg sind vorwiegend Europäer unterwegs, meist Spanier, Franzosen, Deutsche sowie Engländer. Die meisten Menschen, die wir unterwegs getroffen haben, pilgern natürlich aus religiösen Gründen, aber das war für uns nicht der ausschlaggebende Grund. Selbstverständlich schauten wir uns unterwegs viele Kathedralen an und beschäftigten uns mit der Geschichte des Pilgerwegs, im Vordergrund stand für uns aber eindeutig der sportliche und landschaftliche Aspekt dieser Reise. Der Großteil der Menschen pilgerte weniger mit dem Fahrrad als zu Fuß. Die Fußpilger starten noch vor den Radlern mit dem Sonnenaufgang um 5 Uhr und legen beachtliche Strecken am Tag zurück (zwischen 30 und 40 km). Damit waren sie nur unmerklich langsamer als wir auf unseren Fahrrädern. Auf keinen Fall dürft ihr vergessen, allen Pilgern, die ihr unterwegs trefft „buen camino“ („Einen guten Weg“) zu wünschen.

Gibt es Probleme bei der Anreise mit dem Fahrrad?
Die Anreise mit dem Fahrrad kann aus zwei Gründen ein Problem sein. Zuerst muss man die günstigste fahrradtransportierende Fluggesellschaft ausfindig machen. Bei Lufthansa sollten wir pro Rad am Flughafen 100 DM zahlen. Merkwürdigerweise wollte die von uns am Schalter weder bei der Hin- noch bei der Rückreise jemand haben. Die sind also kostenlos geflogen. Andere Fluggesellschaften verlangen pro Fahrrad ein paar Prozente des Reisepreises, bei wiederum anderen zahlt man das Rad als Übergepäck, also pro Kilo. Das zweite Problem, sofern der Tripp in Madrid starten soll, ist, dass es vom Flughafen kaum eine Möglichkeit gibt, mit den Zweirädern ins Stadtzentrum zu gelangen. Die Flughafenbusse werfen einen wieder raus, an Taxis ist nicht zu denken, die Autobahn mit dem Rad zu benutzen ist auch unmöglich. Bleibt die Metro. Die kann man zwar mit dem Rad nutzen, aber nur zu bestimmten Tageszeiten, nach denen man sich vorher erkundigen sollte. Sich einfach reinschmuggeln funktioniert leider nicht, es sei denn, ihr schafft es am Metro-Aufseher vorbei und überwindet mit Fahrrädern und Gepäck das Drehkreuz. Und es gibt sogar ein drittes Problem: Weder Bahnhöfe, noch Metrostationen in Spanien sind wirklich behindertengerecht gestaltet, so dass man immer und immer wieder die Räder irgendwelche Treppen hoch und runter schleppen muss. Am Anfang sind wir dabei wirklich verzweifelt.

Wie findet man eine Unterkunft und wie sind diese ausgestattet?
Unterwegs existieren zahlreiche Pilgerunterkünfte, die gegen eine kleine Spende (um die 3 Euro) Einlass und Übernachtung gewähren. Dort gibt’s meistens eine Küche, in der man zusammen mit anderen Pilgern kochen kann sowie einen schönen Garten, in dem man die Seele baumeln und das Reisetagebuch vervollständigen kann. Mitunter gibt es auch private Pilgerunterkünfte, die ein wenig teurer sind. Die Schlafmöglichkeit gestalten sich sehr unterschiedlich. Auf ein Einzel- oder Zweibettzimmer sollte man nie hoffen. Schlafsäle mit Doppelstockbetten oder viele Matratzen, die auf dem Fußboden liegen, sind die Regel. Die Unterkünfte sind im Sommer sehr voll. Wenn gar nichts mehr geht, kann man im Pfarrhaus oder in einer naheliegenden Turnhalle nächtigen. Wer mit dem Rad unterwegs ist, sollte wissen, dass Fußpilger stets Vorrang vor Radpilgern haben. Wenn also abends noch ein schwankender Fußpilger auftaucht, wird man als Radpilger gebeten, weiter zu fahren.

Was ist ein Pilgerpass und wie erhalte ich ihn?
Der Pilgerpass ist sozusagen euer Ausweis für unterwegs. Ihr müsst ihn in jeder Unterkunft vorzeigen und damit nachweisen, dass ihr in religiöser Mission unterwegs und damit berechtigt seid, die Pilgerunterkünfte zu nutzen. Ihr könnt ihn schon von Deutschland aus bestellen oder in Spanien in jeder größeren Kathedrale für ca. 3.50 Euro kaufen. Die entsprechenden Vereinigungen für den Jakobsweg in Deutschland stellen den Pilgerpass aus. Einige verlangen die Mitgliedschaft, andere stellen den Pilgerpass direkt gegen Gebühr aus. Jede Kathedrale und jede Unterkunft, die ihr besucht, verewigt sich mit einem eigenen Stempel in eurem Pass. So könnt ihr noch viele Wochen nach der Reise nachvollziehen, welche Orte ihr besucht habt.


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