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Atlas, Sand und Touareks – Facetten einer Marokko-Reise

Der Berg war mir schon auf dem Hinweg aufgefallen, zunächst steigt er wie der Rest der Schlucht steil an, doch ein kleiner Kamin gewährt eine Aufstiegsmöglichkeit. Der Fels ist ausgezeichnet, nicht umsonst zieht die Gegend so viele Kletterer an. Also beginne ich den Aufstieg.

Anfang März flog ich nach Marokko, ein Land, das in mir große Erwartungen weckte, da mich hier geographische und klimatische Extreme erwarten würden. Der Reiz an dieser Backpacking Tour war es, Bergsteigen in der Schnee- und Eislandschaft des Hohen Atlas mit ersten Erfahrungen in der bereits zu dieser Zeit sehr heißen Sahara zu verbinden. Gar nicht so einfach, da eine Menge Ausrüstung zusammenkommt und ich mich besonders bei der Kleidung auf das Mindeste beschränken musste, um die schweren aber unentbehrlichen Ausrüstungsgegenstände für die alpinen Herausforderungen mitnehmen zu können.

Ankunft in Marrakesch – Die erwarteten Extreme öffneten mir schon beim Landeanflug auf Marrakesch die Augen: Ein Kind hinter mir sprach nach dem ersten Blick aus dem Fenster nur noch vom Mond, eine passende Beschreibung für die endlose Aneinanderreihung von ockerfarbenen, Feldern. Im selben Moment erblickt man aber auch den Hohen Atlas mit seinen schneebedeckten 4000ern. Marrakesch ist eine sehr lebendige Stadt, auf deren Märkten (souks) man neben den üblichen Souvenirs auch Handwerkskunst, leckere Snacks und viel mehr findet. Besonders auf dem großen Platz (Djemma el Fna) erwacht die Stadt mit Anbruch der Dunkelheit so richtig zum Leben und in den zahlreichen Menschentrauben wird musiziert.

Das Toubkhal Gebiet – Nach einem Tag in Marrakesch brach ich  in den Atlas auf, um die exzellente Schneesituation zu nutzen und einige Berge zu besteigen. Zu meiner Überrraschung erinnern gerade die Spitzen der 4000er im Toubkhal Gebiet etwas an die Säulen-artigen Strukturen der Dolomiten. Auch wenn der Firn gegen Nachmittag aufweichte und ich tief in den Schneehängen einbrach, boten sich doch tolle Routen und in kombiniertem Gelände waren stetig Kletterkünste gefordert. Meinen Plan, den Atlas an seiner höchsten Stelle zu überqueren, war aufgrund der Schneemassen zu heikel. Und so nahm Ich den Weg zurück nach Marrakesch, um mit einem Bus in den Süden zu gelangen.

Zwischenstop in Agdz – Dort erreichte ich nach einem Zwischenstopp in Ouarzazate die kleine Stadt Agdz, die idyllisch an einem das ganze Tal durchspannenden Palmenwald liegt. Mehrere Tage verbrachte ich hier im Haus eines jungen Marokkaners, der mich und zwei Franzosen zusammen mit seinen Freunden in die Marokkanische Lebensart einführte. Mit Shisha, dem süchtig machenden marokkanischen Minztee, Touareq Musik und natürlich Essen aus der Tajine erlebten wir tolle Abende. Auf meinen Erkundungen durch das Tal traf ich ausschließlich sehr natürliche und freundliche Menschen, ganz im Gegenteil zu den üblichen Touristenfängern in den großen Städten.

Sand so weit das Auge blickt – Schließlich fuhr ich mit einem Bus weiter in Richtung Sahara. M‘hamid el Ghizlane ist ein kleiner Ort in der Nähe der algerischen Grenze, in dem in diesen Tagen sogar ein Touareq Festival stattfand. Am Abend spielten zahlreiche auch im Ausland bekannte Touareq Bands, zu meinem Erstaunen neben den traditionellen Saiteninstrumenten und Bongos auch mit E-Gitarren, was einen tollen Klang ergibt.
Um den üblichen nervenraubenden Kameltourverkäufern zu entkommen, ließ ich schließlich den Ort hinter mir und durchquerte eine letzte Oase mit Getreidefeldern und zahlreichen Palmen umgeben von den Sanddünen der Sahara. Und dort stand ich auch plötzlich. Mitten im Sand. Sand bis zum Horizont. Sand überall. Sand in den Schuhen, Sand in den Augen, in den Haaren, in den Strümpfen, einfach überall. Dies lag vor allem an der Wetterlage, der Wind kam von der Sahara auf mich zu und verdunkelte den Himmel mit aufgewirbeltem Staub. So unwirtlich und karg dieser Ort auch war, es war doch sehr angenehm, einfach im warmen und weichen Sand zu sitzen und die Augen zu schließen, ganz allein zu sein, die einzigen Fußspuren zu hinterlassen und die Dünen hinunterzurutschen.

Und zurück zu den Bergen – Gleichzeitig wuchs aber auch wieder meine Sehnsucht nach den Bergen und so gelangte ich per Bus wieder an den Rand des Atlas Gebirges, nach Tinerhir. Dort hat ein längst vertrockneter Fluss eine Schlucht von unglaublichem Ausmaß in das Gestein der Berge geschliffen. Zu Beginn fast 300 Meter senkrechter Fels bieten nicht nur Kletterern Herausforderung und traumhafte Kulisse zugleich. In einer zweitägigen Tour folgte ich zunächst der Straße durch die Schlucht, um schließlich im exzellenten Kletterfels auf einen Gipfel zu steigen und in der Nähe mein Zelt aufzuschlagen. Die sternenklare Nacht stellte ein besonderes Erlebnis da und ließ mich minutenlang einfach nur staunen.

Schließlich ist es soweit: Ich steige aus dem Zelt und wie ein Meer aus unendlichen niemals müden Augen strahlt mir der Sternenhimmel entgegen. Ich liege neben meinem Zelt auf dem kargen Berg mitten im Atlas Gebirge, kein Licht der Zivilisation weit und breit. Detailreich und in verschiedenen Farben präsentieren sich mir die Sterne wie nie zuvor, ein unbeschreibliches Gefühl.

Abschied – Nach fast 3 Wochen des Reisens nahm ich schließlich einen Bus zurück nach Marrakesch, wo ich vor dem Rückflug mit 2 jungen Marrokanern verabredet war, die ich in den Bergen kennen gelernt hatte. Wir erlebten einen tollen letzten Abend mit Musik, Abenteuergeschichten und ausgezeichneter Schafskäule aus der Tajine, bevor mich in Deutschland wieder der gewohnte ewig anhaltende Winter empfing.


One Response to Atlas, Sand und Touareks – Facetten einer Marokko-Reise

  1. Maria says:

    Danke für die tollen Eindrücke -Toller Bericht, super Bilder! Marokko hat so einen Zauber, dass man irgendwie immer wieder hin muss..

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