Eine Woche Anfang Oktober: Ich flog bis Trabzon, wo ich um 2 Uhr nachts ankam und einen Bus bekam, der mich nach Pazar brachte. Dort schlief ich mehr schlecht als recht ein paar Stunden zwischen Geröllbrocken am Schwarzen Meer, vor Wind geschützt im Not-Biwaksack. Mit dem ersten Sonnenlicht begab ich mich in die Stadt, wo ich prompt auf einen Dolmus (Sammeltaxi) stieß, der mich neben Unmengen frischen Brots, einigen Mehlsäcken, Blechbehältern und noch einigen Waren wenig später bis Cat, meinem Startpunkt im Kackar-Gebirge, fahren sollte.
Es ging los: Zuerst über die Schotterpiste, dann bog ich ab auf den mutmaßlichen Weg, der mich ab hier Richtung Osten das Gebirge traversieren lassen sollte. Relativ schnell zogen allerdings Wolken auf, die die Sicht enorm einschränkten. So schlug ich einfach mein Zelt am Ufer eines Baches auf. Die Nacht zeigte sich kalt, der Morgen sonnig. Nach dem Frühstück startete ich. Wenig später passierte das Malheur: Bei einer Querung eines Bachs rutschte ich sehr ungünstig aus, stieß mir mein Knie, die Stiefel verzeichneten Wassereinbruch, die Hose war nass, nur die umgebundene Kamera wie auch zu großen Teilen der Inhalt des Rucksacks blieben trocken. Ich pausierte kurz, ging dann aber weiter, höher, passierte die letzten Yaylas (Sommerhüttensiedlungen von Viehwirtschaft betreibenden Einheimischen) und bewegte mich munter durch beeindruckender werdende Gebirgslandschaft.
Anfängliche Schwierigkeiten mit der schlechten Karte bzw. dem richtigen Weg zerstreuten sich, ich wähnte mich auf dem richtigen Weg. Doch nach dem Erklimmen eines Passes erkannte ich dass ich an einer bestimmten Stelle in ein falsches Tal eingebogen war und befand mich nun etwas zu weit südlich wie auch zu hoch. Bei dem Abstieg vom Pass machte sich das morgendlich angeschlagene Knie bemerkbar. Wenig weiter schlug ich dann mein Zelt an einem kleinen See auf. Kaum stand dies brachte der plötzlich in Böen relativ starke Wind auch Regen, Hagel, wie auch Schneeregen. Nach einem Weilchen ließ der Niederschlag nach und ich konnte mir draußen mein Abendbrot kochen.
Die Nacht war äußerst stürmisch. Und mein Knie schmerzte. Da sich am nächsten Morgen das Wetter nur wenig besser zeigte, wie auch das Knie nervte, beschloss ich bei der nächsten Gelegenheit statt der weiteren Traversierung den Weg zurück ins Tal zu wählen. So bewegte ich mich langsam im Dauerregen, schlug schon am Nachmittag das Zelt auf, und prompt zeigte sich auch noch die Sonne. Am nächsten Tag ging ich weiter, aus den Schotterpisten wurden Straßen, es regnete, ich trampte kürzere Strecken, wurde zu Tee eingeladen, und am Abend kam ich am Schwarzen Meer an, wo ich mir ein Zimmer nahm und meinen Sachen zum trocknen ausbreitete.
Vom nächsten Tag an wurde Plan B realisiert: ein Abstecher für 2 Tage nach Batumi in Georgien. Ich trampte und fuhr Bus und war mittags schon da und suchte mir ein Quartier. Die Stadt ist überschaubar, gerade wenn man sie schon kennt. So hatte ich nicht viel Neues zu entdecken, von gigantomanischen Bauwerken an der Promenade und jeder Menge Casinos einmal abgesehen. Sonst war alles wie vor einigen Jahren: die Autofahrer wahnsinnig, die Gehwege schlecht, das Meer schön, das frische Brot lecker, die Verkäufer im Markt freundlich. So war ich schon am Vormittag etwas beschwipst, da der Kauf von Tkhemali (einem grünen, aber sonst Ketchup-ähnlichen Produkt auf Pflaumenbasis, relativ scharf und äußerst schmackhaft und universell einsetzbar) mit der Einladung auf ein Gläschen Tschatscha (hochprozentiger selbstgebrannter Tresterbranntwein) einherging.
Ich verbrachte die Zeit mit Bummeln, Baden und Lesen. Nach 2 Tagen fuhr ich dann mit einer Marshrutka nach Trabzon. Diese war selbstverständlich überfüllt, nicht nur mit Menschen, sondern auch mit Waren. Vor allem solchen, von denen nur eine bestimmte Menge zur Einfuhr in die Türkei erlaubt ist. Alkohol und Zigaretten. Dies war das ‚Bisnes‘ zweier nicht mehr allzu junger Männer in Sporthosen und Lederjacken, von denen einer eine verblüffende Ähnlichkeit mit George Clooney hatte. Verbündet waren sie mit dem Fahrer. Ich war etwas amüsiert.
Die Fahrt ging verspätet los, weil die oben erwähnten Protagonisten wild telefonierten und irgendwann noch eine Plastetüte ins Auto gereicht wurde. Dies geschah vor der Grenze noch ungefähr ein Dutzend Mal: Telefonieren, Warten, Plastetüte empfangen und diese gekonnt unter den Sitzbänken verstauen. Die Fuhre passierte ungestört die Grenze. Die Fahrt entlang der malerischen Küste war dann ereignislos, die Marshrutka leerte sich, und kurz vor Trabzon begannen die oben erwähnten Zeitgenossen ihre Ware unter den Sitzen hervorzukramen, ich wurde auf die nun freie vordere Sitzbank gebeten, und sie verstauten die Ware in ziemlich großen Sporttaschen.
Hinterlasse einen Kommentar