My Home is my Castle – und das Zuhause unterwegs ist das Zelt. Obwohl es nur aus Stoff und Aluminiumstangen besteht, scheint es manchmal bei heftigem Wind oder Regen wie eine feste Burg. Das Zelt bietet Schutz und Geborgenheit. Am nächsten Morgen, nach dem Unwetter, schüttelt man den Regen ab und packt es zu einer kleinen Rolle, die im Rucksack Platz findet. Aber wie das richtige Zelt auswählen? Hier steht alles, was du wissen musst.
Zeltkonstruktionen
Zeltkonstruktionen leiten sich oft aus den Ansprüchen an deren Funktionalität ab. Es verwundert nicht, dass schwedische Zelthersteller (wie Hilleberg) ihre Zelte so konstruieren, dass schon beim Aufbau das Innenzelt durch das Überzelt geschützt ist, während kalifornische Konstrukteure lieber das Gestänge am Innenzelt haben, um das Außenzelt auch mal weglassen zu können.
Wer viel in Schlechtwettergegenden unterwegs ist, sollte darauf achten, dass erst das wasserdichte Außenzelt – mit eingehängtem Innenzelt – aufgebaut wird. Wer viel in heißen Gegenden reist, kann häufig das Überzelt weg lassen und wohnt luftiger im – blickdichten – Innenzelt.
Kuppelzelte haben in der Regel zwei sich überkreuzende Stangen. Sie sind einfach aufzubauen und durch wenige Stangen relativ leicht. Dazu ist die Konstruktion freistehend und muss nicht unbedingt abgespannt werden.
Geodäten sind die windstabilsten Zelte durch kleine Flächen und sich mehrfach überkreuzende Stangen. Sie gehen auf die Konstruktion des Architekten Richard Buckminster Fuller zurück. Es werden mindestens vier Stangen eingesetzt, was die Geodäten als Zelte etwas schwerer macht und etwas mehr Übung beim Aufbau benötigt, weil auf Kreuzungspunkten viel Spannung entsteht. Auch Geodäten sind freistehend und müssen nur gegen Wind fixiert werden.
Tunnelzelte haben parallele Stangenbögen und müssen immer sauber abgespannt werden, damit sie sicher stehen – was bei harten, felsigen Böden schwierig sein kann. Gut verspannt haben sie aber eine hohe Windstabilität. Größter Vorteil: Tunnelformen haben häufig viel Stau-/Nutzraum, weil man durch das Hinzufügen eines weiteren Bogens einen großen Vorraum schaffen kann.
Mischformen versuchen die Vorteile der Kuppeln – freistehend – mit den Vorteilen des Tunnels – viel Platz – zu verbinden.
Materialien
Polyester ist das Standardmaterial für das Außenzelt. Polyester ist leicht und reißfest und hat den Vorteil, dass es sich bei Nässe kaum dehnt. So bleibt das Zelt auch bei Regen in Form, windstabil und sicher. Dünnes Polyester-Taffeta wird auch im Innenzelt eingesetzt. Unbeschichtet ist es sehr atmungsaktiv.
Polyamid ist robuster und etwas schwerer als Polyester. Deswegen wird es meist für Zeltböden eingesetzt. Hier ist der Dehnungsfaktor durch Nässe zu vernachlässigen. Wenn Polyamid im Außenzelt eingesetzt wird, sollte es ein Ripstop-Polyamid sein. Durch die integrierten Verstärkungen dehnt sich das Material weniger und ist zudem (weiter-)reißfester.
Mesh, aus Polyester, wird beim Innenzelt eingesetzt. Es ist leicht und luftdurchlässig für ein optimales Innenzeltklima. Es trocknet schnell nach und hält Moskitos draußen.
Beschichtungen
Die Zeltmaterialien sind sicher wichtig, entscheidend für Funktionen wie Stabilität und Wasserdichte eines Zeltes sind jedoch auch die Beschichtungen auf dem Material.
Polyurethan (PU)-Beschichtungen gehören zu den Standards bei Mittelklassezelten. Sie halten lange dicht, leiden aber durch UV-Strahlung, so dass sich die Beschichtung nach längerem Nutzen ablösen kann. Vorteil: Auf PU-Beschichtungen lässt sich unproblematisch ein Nahtband verschweißen. Da sie auch relativ abriebfest sind, sind sie immer erste Wahl bei Zeltböden.
Silikon (SI)-Beschichtungen machen ein Material extrem wasserfest. Wichtiger jedoch: Anders als andere Beschichtungen reduzieren SI-Beschichtungen nicht die Reiß- und Weiterreißfestigkeit. Das macht diese Beschichtungsart zum Standard für wirklich hochwertige Außenzelte.
Die Doppelkappnähte dieser Zelte zeichnen sich durch kleinstmögliche Nahtlöcher aus und verbinden die Zeltbahnen so schlüssig miteinander, dass in den meisten Fällen auf das wegen der glatten Silikon-Oberfläche komplizierte Aufbringen eines Nahtbandes verzichtet werden kann, ohne die Wasserdichtigkeit zu beeinträchtigen.
SI-/PU-Beschichtungen sind Mischformen. Meist kommt dabei eine Silikonschicht auf die Außenseite für eine starke Wasserabweisung und zusätzlichen UV-Schutz sowie eine PU-Beschichtung auf die Innenseite. Dieser Kompromiss ist hinsichtlich eines Nässeschutzes gut, an die Stabilität von beidseitigen Silikon-Beschichtungen kommt er jedoch nicht heran.
Wassersäule
Die meisten Zelte werden mit einer Wassersäulenangabe versehen. Die Wassersäule definiert den Wasserdruck in Millimetern, dem ein Material auf einem Quadratzentimeter standhält. Warum haben also manch teurere Zelte eine niedrigere Wassersäule als günstigere Zelte? Des Rätsels Lösung liegt in der Beschichtung.
Zelte mit einer SI-Beschichtung kommen mit weniger Wassersäule aus, da Silikon glatter und strukturell dichter als Polyurethan ist. Vor allem aber ist Silikon UV- und alterungsbeständiger, also dauerhafter als Polyurethan.
Während sich bei PU-Beschichtungen nach intensiver Nutzung die Wassersäule halbieren kann (und noch weiter absinkt), bliebt sie bei SI-Beschichtungen fast konstant. PU-Beschichtungen benötigen deshalb viel mehr „Reserve“ als SI-Beschichtungen, um dauerhaft eine ähnliche Funktion zu garantieren.
Außenzelte kommen auch mit einer weniger intensiven Beschichtung aus als Bodenmaterialien. Der Grund: Auf den Zeltboden wird z.B. durch Knien ein viel höherer Druck ausgeübt als auf das Außenzelt je entstehen kann. Dazu kommt noch die Belastung durch Schmirgelreibung durch Sand, der ins Zelt „geschleppt“ wird.
Tipp: Wer vor dem Zusammenpacken den Sand aus dem Zelt kehrt oder wischt, verlängert so dessen Lebensdauer.
Gestänge
Das Gestänge gibt dem Zelt die notwendige Stabilität. Wer hier spart, baut meist auf Sand. Wichtig: Gestängesegmente sollten immer durch eine Gummilitze verbunden sein, damit man das Zelt schnell aufbauen kann und damit keine Teile verloren gehen. Gute Gestänge lassen sich unproblematisch reparieren.
Glasfaser ist die billige und weniger stabile Variante. Wenn Glasfasergestänge brechen, splittern sie so, dass man sie nicht mit einer Reparaturhülse flicken kann. Aus diesen Gründen finden Sie Glasfasergestänge nur bei unseren „Festivalzelten“, etwa dem Quasar, oder bei Strandmuscheln, aber nicht bei Tourenzelten.
Aluminium-Gestänge sind grundsätzlich besser. Allerdings gibt es auch hier große Unterschiede. Hochwertige Zelte nutzen Markenaluminiumgestänge wie etwa das DAC Featherlite NSL (Hilleberg). Diese sind korrosionsfest eloxiert und haben extra stabile Verbindungshülsen. Aber auch die Alugestänge der Mittelklassezelte, wie die MSR Elixir Serie, haben für die meisten Einsätze ausreichende Sicherheitsreserven.
Nähte
Nähte halten das Material zusammen, sorgen für Stärke und Wasserdichte – oder auch nicht. Hochwertige Zelte haben Doppelkappnähte. Das heißt, dass das Garn durch vier Lagen Material geht. Dazu kühlen Topmarken wie Hilleberg die Nähnadel, damit die Nadel nicht unnötig große Löcher in das Material schmilzt.
Zeltgewicht
Tourenzelte müssen vor allem windstabil, dicht und langlebig sein. Hier werden die hochwertigsten Materialien verarbeitet, damit es unterwegs keine Probleme gibt. Normal sind hier Zeltgewichte von 1 bis 1,5 Kilo je Person. In den letzten Jahren haben zwei Zeltkategorien besonders an Beliebtheit gewonnen: Große und extrem leichte Zelte (Big Agnes).
Familienzelte/Basislagerzelte: Hier geht es vor allem um Komfort. Viel Innenfläche, große Apsiden und Stehhöhe sorgen für Bewegungsfreiheit und Wohnkomfort. Der Nachteil ist das Gewicht. Wer aber mit dem Auto oder Caravan unterwegs ist und sein Zelt nicht schleppen muss, oder wer länger an einem Ort bleibt, für den sind diese Zelte interessant.
Ultraleichtzelte: Sie sind genau das andere Extrem. Möglichst klein und leicht, manche nicht mal mit Sitzhöhe. Wenn man auf Tour aber nur 500 bis 700 Gramm tragen will und sowieso nur die Nacht im Zelt verbringt, ist man hier ideal bedient. Ultraleichtzelte sind aus extrem leichten Materialien und damit auch anfälliger für Abrieb, Reißen und normale Abnutzung.
Abspannpunkte
Diese sorgen für die Windstabilität eines Zeltes. Wichtig dabei: Die Befestigung der Leinen sollte nicht direkt in das Material verlaufen. So bleibt das Material intakt, wenn der Abspannpunkt durch rohe Gewalt (Sturm oder Über-Leinen-Stolpern) reißt.
Reißverschlüsse
Reißverschlüsse dürfen nicht zu fein ausfallen, da sie sonst durch Sand und Reibung schnell defekt sind. Sie sollten nach Möglichkeit immer abdeckbar sein, weil Reißverschlüsse nicht wasserdicht sind.
Heringe
Gute Heringe sind leicht und stabil und haben eine Öse, damit man eine Reepschnur daran befestigen kann, um sie wieder aus der Erde zu ziehen. Außerdem gehen sie dann nicht so leicht verloren. Zumindest vier bis sechs richtig gute Heringe sollte man sich zusätzlich zu der Standardbestückung für ein Zelt besorgen, damit die Basisabspannung sitzt. Je nach Einsatz wird man auch lange und breite Schnee-/Sandheringe benötigen oder stabile Nagelheringe für feste, steinige Böden.
Zeltunterlage
Eine Zeltunterlage schützt den Zeltboden und verlängert so die Lebensdauer eines Zeltes. Dazu bietet diese auch noch einen zusätzlichen Nässe- und Kondenswasserschutz. In der Regel sind Zeltunterlagen optional, aber hochgradig empfehlenswert.
Das Phänomen hatte ich auch. Ich habe dann herausbekommen, dass es sich um Kondensat handelt, also nicht von außen eindringt, sondern sich von innen auf dem Boden bildet.
Hallo Roland,
Kondenswasser ist beim Zelten immer wieder ein Problem. Da hilft nur gute Belüftung!
Wann immer es möglich ist, sollten die Lüfter offen stehen, um die feuchte Luft entweichen zu lassen. Dann bleibt drinnen auch alles trocken.
Viele Grüße aus dem Camp4
Melanie
Danke für den informativen Beitrag über Zelte. In diesem Sommer wollen wir nämlich definitiv Camping-Urlaub machen. Ist es eigentlich sinnvoll, einen Zeltverleih zu nutzen? Oder sollte man lieber einmal mehr investieren und ein hochwertiges Zelt kaufen?
Hallo Nina,
für den ersten Campingurlaub, wenn ihr mal ausprobieren wollt, ob euch das gefällt, ist ein Zeltverleih sicher eine gute und vor allem preisgünstige Option. Wenn euch das Campingfieber dann gepackt hat und ihr das jedes Jahr machen wollt, solltet ihr euch aber ein eigenes Zelt zulegen, das perfekt auf eure Ansprüche zugeschnitten ist. Wir beraten euch dafür gerne im Camp4.
Herzliche Grüße
Melanie
Ich habe bisher einige Zelte (Haglöfs, NorthFace, Robens, Salewa, McKinley) gehabt aber leider leider wurden bei allen Zelten die Zeltböden nach ca. 5 Jahren oder früher undicht obwohl ich diese immer mit einer Schutzplane unter dem Zeltboden verwendet habe. Eine Beschädigung des Bodens war jeweils nicht zu erkennen, das Wasser ist auf der ganzen Fläche durchgedrückt worden, vor allem wenn Wasser zwischen Plane und Zeltboden kam. Erstaunlich ist auch, dass auch die Zelte, die nur einmal im Jahr benutzt wurden am Boden nicht länger dicht hielten obwohl, diese sonst wie neu waren. Beim letzten Zelt habe ich versucht die Beschichtung mit Mcnett tentshure wieder dicht zu bekommen. Das Zeug klebt zwar intensiv aber der Boden war danach genauso wasserdurchlässig wie zuvor.
Ich würde mir gerne wieder ein hochwertiges bodendichtes Zelt zulegen, das länger nutzbar ist befürchte aber, dass eine PU-Beschichtung einfach nicht länger dicht hält. Gibt es Hersteller die besser haltbare Beschichtungen anbieten?
Andreas
Hallo Andreas,
deine bisherigen Erfahrungen kann ich leider nicht teilen. Bei keinem einzigen meiner Zelte, hatte ich jemals eine derartige Beschädigung.
Was mir als erstes in den Sinn kam, war eine falsche Lagerung. Ausrüstung sollte immer: sauber, trocken, dunkel und auf keinen Fall bei zu hoher Temperatur gelagert werden.
Ein Dachboden wäre meiner Ansicht z. B. der falsche Ort dafür.
Ich werde mich mal im Laden dazu umhören, ob jemand ähnliches berichten kann und dann diese Antwort bearbeiten.
Die von dir genannten Firmen sind qualitativ zwar sehr unterschiedlich, jedoch sollten vor allem die Zelte von Haglöfs, TNF und Salewa solche Fehler nicht besitzen dürfen.
In den USA (TNF) ist es sogar vorgeschrieben, das Wassersäulen auf Zelten, erst nach simulierten 5 Jahren aufgedruckt werden dürfen.
Liebes Camp4 Team,
mir ist aufgefallen, dass ihr davon sprecht dass „Polyamid …etwas schwerer als Polyester“ sei. Meines Wissens nach ist Polyamid in seiner unverarbeiteten Form allerdings leichter als Polyester. Der Gewichtsvorteil wird aber durch die Beschichtung wieder reduziert. Liege ich damit falsch?
Gruß,
Ralf
Hallo Ralf,
unserer Recherche nach, weist Polyamid eine Dichte von 1,14 g/cm³ und Polyethylen (Polyester) – 0,95 g/cm³.
Gruß C4-Team