- Kleine Geschichtsstunde für NostalgikerInnen
- Wie funktioniert das GriGri?
- Und warum brauche ich eins?
- Gibt es auch Nachteile?
- Was bedeutet das + beim GriGri + ?
- Welches GriGri soll ich denn nun kaufen?
- Kleine Geschichtsstunde für NostalgikerInnen
1991, vor bald 30 Jahren, fand in Frankfurt am Main die erste Weltmeisterschaft im Klettern statt. Damals noch von der UIAA organisiert traten die jeweils amtierenden Welt- und KontinentalmeisterInnen mit je fünf weiteren Athleten jeder Nation im Lead und Speed an.
Im Lead gewonnen hat damals der große und stets elegante François Legrand. Ein Franzose, der auch bei den beiden darauffolgenden Weltmeisterschaften den Sieg davon tanzte (guckt euch mal ein Video von dem an, dann wisst ihr, was ich mit tanzen meine…).
Aus Frankreich kam in diesem Jahr auch die erste Version des GriGri von Petzl auf den Markt. Ein innovatives Sicherungsgerät für das aufstrebende Sportklettern.
Konzipiert für Einfachseile mit einem Durchmesser von 10 bis 11mm eroberte der Halbautomat schnell die Klettergärten dieser Welt und war bald aus den Rucksäcken ambitionierter BergsportlerInnen nicht mehr wegzudenken.
Dabei war das GriGri zuallererst als Hilfsmittel für BergführerInnen und KursleiterInnen gedacht, um eine größere Anzahl von AnfängerInnen sicher an den Bergsport heranzuführen. Gegenüber klassischen Sicherungsmethoden mit Achter oder HMS bietet das GriGri ein Sicherheitsplus, das es auch AnfängerInnen – allerdings nur unter professioneller Anleitung – erlaubt, sicher zu klettern. KursleiterInnen können sich gleichzeitig um mehrere Seilschaften kümmern und bei guter Organisation auch vom Sichernden entfernen und die Hintersicherung des Bremsseils einem/er anderen KursteilnehmerIn überlassen.
Dieser Vorteil wird bis heute in vielen Kletterhallen genutzt. Auch bei Kindergruppen ist mit dem GriGri ein effektiverer Kursbetrieb möglich, bei dem alle auf ihre Kosten und genügend Kletterzeit kommen.
2011 wurde das GriGri durch das Modell GriGri 2 ersetzt. Diese überarbeitete Version erlaubt jetzt auch den Einsatz von dünneren Seilen (8,9 bis 11mm) und ist etwas leichter und kompakter geworden.
2017 dann der ganz große Wurf, das Grigri+ mit Anti-Panik-Hebel und zwei Modi zum Sichern im Vor- und Nachstieg.
Seit 2019 heißt das GriGri 2 nun wieder GriGri (ohne die 2) und hat 5g zugenommen. Der zugelassene Seildurchmesser ist von 8,9 auf 8,5mm erweitert worden und trägt damit dem Trend zu leichteren, dünneren Seilen Rechnung.
- Wie funktioniert das GriGri?
Um das Seil einzulegen, wird das Gerät aufgeklappt und das Seil in der richtigen Ausrichtung eingelegt. Eindeutige Piktogramme helfen, Fehler zu vermeiden (ein falschherum eingelegtes Seil führt zum Verlust der Bremswirkung, also Vorsicht!). Dann zuklappen und per Verschlusskarabiner in der Einseilschlaufe des Klettergurtes fixieren.
Das Wirkprinzip ist ähnlich dem eines Sicherheitsgurtes im Auto. Bei sachtem Zug lässt sich das Seil leicht und locker durch das Gerät ziehen. Bei ruckartiger Belastung in Richtung des Kletterers (also z.B. ein Sturz) blockiert das GriGri selbsttätig. Durch ein mechanisches Element, die Bremsnocke, wird das Seil innerhalb des Gerätes eingeklemmt. Ohne aktive Mithilfe der Bremshand. Also auch im Falle eines nicht fest umschlossenen Bremsseils.
Um den Blockiermechanismus zu lösen, wird ein Hebel ausgeklappt, mit dessen Hilfe man sehr dosiert und kontrolliert den Seildurchlauf wieder freigibt.
- Und warum brauche ich eins?
Weil nicht fest umschlossene Bremsseile öfter vorkommen, als man denkt. Nicht nur bei den viel geschmähten AnfängerInnen am Fels, die „keine Ahnung haben“. Auch bei jemandem, der eine 7c+ locker wegsteigt und 20 Jahre Klettererfahrung hat, gehen die Lichter aus, wenn ein Stein auf den Kopf trifft. Auch gegen Ausrutschen oder Stolpern ist niemand automatisch immun, wenn man/frau jeden Tag 100 Klimmzüge macht.
Aber das Grigri macht das Klettern nicht nur sicherer, sondern für den AzuSi auch komfortabler. Das ist übrigens der „Arsch zum Sichern“. Den brauchen all jene, die eine schwierige Route im eigenen Grenzbereich ausbouldern wollen.
Es gibt nur recht wenige Leute, die sich freiwillig Stunde um Stunde, Tag um Tag bei 10 Grad an den Fuß einer Felswand stellen und sichern. Ohne selbst zu klettern. Da ist es schon sehr hilfreich, nicht wie beim Sichern mit HMS, Achter oder Tube ständig Kraft aufwenden zu müssen, um den/die KletterIn auf Position zu halten. Auch eine lästige Biene zu verscheuchen oder ein Schluck aus der Thermoskanne ist mit dem Grigri problemlos und vor allem sicher möglich.
Eine andere Problematik, die alle kennen, denen die HMS Sicherung ein Begriff ist, ist das Krangeln.
Mit Krangeln bezeichnet man das Verwinden und Verdrehen des Seiles bei z.B. nicht paralleler Seilführung bei der Sicherung mittels HMS, oder bei falschem Aufschießen. Das kann nicht nur ganz schön nervig, sondern auch ganz schnell gefährlich werden. Wenn nämlich die Aufmerksamkeit des/der Sichernden mehr dem Entwirren des Seils gilt als der KletterpartnerIn. Oder der Knoten im HMS nicht umschlägt oder sich der Karabiner ungewollt öffnet.
Mit dem Grigri sind diese Zeiten vorbei. Bei korrekter Verwendung ist es fast ausgeschlossen, das Seil zum Krangeln zu bringen.
- Gibt es auch Nachteile ?
Wie fast immer im Leben: Kein Vorteil kommt ohne einen Nachteil daher. Auch beim Grigri gibt es die eine oder andere Tücke.
Beim Sichern im Toprope, zum Auschecken einer Route und beim Ablassen am Einzelstrang spielt das Grigri seine Stärken voll aus. Beim Vorstiegssichern gibt es allerdings einiges zu beachten.
Die Herausforderung für den Azusi (siehe oben) besteht darin den ständigen Wechsel zwischen Seil ausgeben und einholen zu bewerkstelligen. Ohne den/die KletterIn zu nerven oder gar zu gefährden. Um im Vorstieg kurz vorm Klippen genügend Seil zu geben, muss der Blockiermechanismus zumindest für kurze Zeit aufgehoben werden. Denn wie wir weiter oben gelernt haben, reagiert das Grigri auf eine ruckartige Krafteinwirkung in Richtung des Kletterers. Und genau das machen wir beim schnellen Seilausgeben.
Dafür haben findige Sportler aus Zürich die Gaswerkmethode eingeführt.
Dabei umfasst die Bremshand weiterhin das Bremsseil, während der Daumen den Blockiermechanismus unterbricht. Dabei wird einerseits das Bremshandprinzip beibehalten. Und andererseits ein schnelles und flüssiges Seilausgeben ermöglicht.
Allerdings, wie oben schon angedeutet, ist das nix für AnfängerInnen. Auch hier gilt: Ausbildung hilft! Wenn man´s kann, geht es kaum bequemer.
Das dynamische Sichern ist ein weiterer Punkt, der bei der Verwendung eines Grigri einiges an Geschick und Erfahrung erfordert.
Das Wirkprinzip des Grigri funktioniert nur ganz oder gar nicht. Soll heißen, wenn das Ding dicht macht, dann sofort. Locker Seil nachschieben wie z.B. beim Tube oder der Acht ist nur schwer möglich. Wer also dynamisch sichern will, muss das mit dem Körper tun. Schritt vor und Schritt zurück, ein konsequenter Sprung dem/der Stürzenden entgegen. Für wen das jetzt komisch klingt, sollte lieber eine erfahrene TrainerIn mitnehmen und das Ganze langsam angehen.
Der Vollständigkeit wegen soll noch erwähnt werden, dass bei der Verwendung dünnerer Seile im GriGri 1 oder Plus (siehe unten) dieses Problem etwas gemindert werden kann. An dieser Stelle möchte ich aber nicht weiter darauf eingehen. Das führt zu weit und ist auch nicht ganz ungefährlich.
Wie ihr unschwer erkennen könnt, ist das GriGri nicht unbedingt als anfängertaugliches Sicherungsgerät für alle Fälle zu verstehen. Vielmehr richtet es sich an erfahrenes Sicherungspersonal und ambitionierte KletterInnen, die nach einem Plus an Komfort und Sicherheit suchen. Bei Fehlbedienung und zu leichtfertigem Verlassen auf die Funktionsweise des GriGri können die Folgen fatal sein.
Für alle mit weniger Erfahrung empfehle ich zuallererst eine gründliche Einweisung, am besten innerhalb eines professionellen Kurses. Und darauf aufbauend eine entspannte „Einarbeitung“ unter Aufsicht. Denn richtig Spaß macht das GriGri erst, wenn man es voll und ganz beherrscht. Dann will man es allerdings nicht mehr missen. Wie bei jedem anderen Sicherungsgerät gilt auch hier: Volle Aufmerksamkeit dem Kletterer und niemals das Bremsseil loslassen.
- Was bedeutet das + beim GriGri+ ?
Aber auch an alle mit weniger Erfahrung hat Petzl gedacht und 2017 das Grigri+ auf den Markt gebracht. Insbesondere zwei neue Features sind hier dazu gekommen:
Die Antipanik-Funktion und die Möglichkeit, das Gerät in zwei Modi zu benutzen. Nämlich Vorstiegs- oder Toprope-Modus.
Antipanikfunktion
Anders als vermutet, bietet Petzl keine therapeutische Behandlung bei übermäßigem Hang zur Panik an. Sondern sorgt mit seinem Anti-Panik-Hebel für die Einhaltung der „3-Bein-Logik“ von Walter Britschgi. Sie besagt, dass das Bremshandprinzip, die Blockiermechanik des Sicherungsgeräts und die Reflexe des Menschen bei der Bedienung eines Sicherungsgerätes beachtet werden müssen, um insbesondere Halbautomaten wie das GriGri sicher bedienen zu können (wer sich genauer zu diesem Thema informieren möchte, findet auf den Kanälen des DAV jede Menge Material).
Der seitliche Hebel am GriGri ist dafür da, den Blockiermechanismus langsam und kontrolliert im Zusammenspiel mit der Bremshand zu lösen. Überzieht man den Hebel allerdings (z.B. weil man einen Schritt nach hinten macht, stolpert und sich instinktiv am Hebel festhält), wird die Blockade vollständig aufgehoben und du und deine FreundIn sehen sich schneller in die Augen als erwartet.
Ein kleiner, aber sehr feiner Mechanismus am GriGri+ sorgt in einem solchen Fall dafür, dass der Blockiermechanismus mit einem deutlichen Klack einspringt und den Seildurchlauf stoppt. Zum Entriegeln wird der Hebel in seine Ausgangsposition gebracht und das Ablassen ohne Knochenbrüche fortgeführt.
Vorstiegs- und Topropemodus
Auch bei der recht übungsintensiven Sicherungsarbeit im Vorstieg hat sich Petzl was einfallen lassen. Durch einen fest verriegelbaren Schalter lässt sich das Ansprechverhalten des GriGri dosieren. Was beim Seilausgeben mit den Vorgängern durchaus nerven kann, ist, dass das GriGri bei zu festem Seilzug sofort blockiert. Das soll es natürlich auch, aber eben nur im Sturzfall. Mit dem Schalter wird das Ganze wesentlich softer und angenehmer. Eine Feder im Inneren erzeugt einen Widerstand an der Bremsnocke und sorgt somit für ein späteres Ansprechen der Blockierfunktion.
Das erfordert aber auch mehr Erfahrung und Geschick des Sicherungspersonals. Die Einstellung fürs Topropen setzt diese Feder außer Kraft. Damit schnappt das Gerät wieder schneller zu und man hat im Grunde wieder ein GriGri ohne + in der Hand.
Obwohl sich Petzl hier sehr viel Mühe gegeben hat, einige Fehlerquellen zu minimieren, würde ich trotzdem bei meiner Einschätzung bleiben und eine gründliche professionelle Einweisung als unverzichtbar bezeichnen. Ist das gegeben, eignet sich das neue GriGri+ unbedingt auch für Einsteiger.
- Welches GriGri soll ich denn nun kaufen?
Erfahrenes Sicherungspersonal, die bereits das „Ur-Grigri“ haben, sollten dabei bleiben. Ein Upgrade zum neuen, leichteren Gerät lohnt sich nur für Gadget-Nerds. Wem es vom El Cap direkt ins Camp4 gestürzt oder irgendwie sonst verloren gegangen ist, sollte sich das GriGri wiederbeschaffen. Das Modell aus den 90ern wird es wohl in keinem Laden mehr geben. Aber das aktuelle Gerät ist meines Erachtens eh besser. Und ich hatte seit sicher zehn Jahren kein Seil mehr mit 11mm Durchmesser beim Sportklettern dabei. Es gibt für mich einfach nix besseres in diesem Bereich.
Für AnfängerInnen lohnt sich der Griff zum GriGri+. Die neuen Features überzeugen und nach Einweisung und Training (vor allem Training) unter Aufsicht bietet das Gerät eine gelungene Kombi aus Komfort und Sicherheit. Auch für Kurse mit mehreren Seilschaften ist das GriGri+ geeignet.
Zuletzt noch ein wichtiger Hinweis: Dieser Artikel soll euch die Kaufentscheidung erleichtern und stellt keinesfalls eine Einführung in Sicherungstechniken dar. Sucht euch die BergführerIn eures Vertrauens und lasst euch professionell schulen. Und trainiert nicht nur Fingerkraft, sondern auch den richtigen Umgang mit dem GriGri oder auch allen anderen Sicherungsgeräten, die ihr verwenden wollt. Eine einfache Einweisung oder auch ein zweitägiger Kurs können euch nur einen kleinen Überblick verschaffen. Auch das Sichern muss man trainieren.
Bei weiteren Fragen kommt gerne in unserem Laden in Berlin vorbei. Dort könnt ihr alle Geräte anfassen, testen und natürlich auch gleich einkaufen.
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Hi, danke für den tollen, aufschlussreichen Bericht!!
Um so mehr bin ich schockiert über die genderfeindlichen Kommentare unter diesem Artikel. Ist Klettern nicht ein Gemeinschaftssport für alle? Und sollten wir dann nicht einfach Inhalte und Wissen miteinander teilen, in einer Sprache, die auch ALLE Menschen einbezieht?
Schade, dass sich einzelne Menschen auf so etwas banales nicht einlassen können, wenn dafür dann statt knapp 50% der Gesellschaft endlich mal alle angesprochen werden.
(Denkt gerne mal drüber nach)
Lg Tim 🙂
Das Gendern in Artikeln jeglicher Art nervt wirklich total und stört den Lesefluss ungemein. Die politische Botschaft dahinter gar nicht berücksichtigt, sollte das in professionellen Artikel nicht der Fall sein.
Als Besitzer eines Ur-GriGris finde ich es interessant, dass hier auf die Thematik mit kleineren Seildurchmessern eingegangen wird. Um ehrlich zu sein, habe ich seit ich das GriGri habe gar nie wirklich auf das Seil geachtet und vorher immer nur einen Zugtest gemacht. Auch bei 9,5mm Seilen hat das Gerät immer zuverlässig funktioniert und ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass es erst ab 10mm zugelassen ist. Das werde ich nun im Hinterkopf behalten.
Hallo Micha, vielen Dank für deinen Kommentar! Ich glaube zum Thema Gendern wurde sich hier schon genug geäußert, hier bitte ich einfach auch um ein bisschen Rücksicht im Hinblick darauf, dass dieser Artikel inzwischen 4 Jahre alt ist und gutes Gendern geübt sein will, wenn die Lesbarkeit nicht erschwert werden soll. Nach wie vor ist es unseren Autoren freigestellt, wie sie ihre Berichte schreiben und noch gibt es eben kein klares Ja oder Nein zu dem Thema in den Medien. Schön, dass du trotzdem einen Mehrwert rausziehen konntest! Liebe Grüße
Totalitär ist wohl eher sich derart über einen Artikel zu echauffieren, der an ein paar Stellen die weibliche Form statt dem generischen Maskulinum verwendet. Zumal der Autor hier ja wohl frei darin sein sollte zu schreiben wie er will. Aber es geht wohl einzig nur um deine Freiheit …
Danke für den guten Bericht. Ich habe mich auch sehr gefreut das gegendert wurde. Hab mich gleich viel mehr angesprochen gefühlt.
Danke, das war aufschlussreich! Uns unterhaltsam. Merci!
Super Bericht, aber das ständige gendern nervt. In jedem einzelnen Satz wird einem eine bestimmte politische Ansicht aufgedrängt. Das finde ich total übergriffig, im Grunde totalitär. Das waren noch Zeiten, als man noch normal und unbetreut reden konnte, tolerant und liberal, aber das glaubt Ihr ja nicht.
Hallo Klaus, jeder darf normal und unbevormundet reden und schreiben – auch bei uns! Und wenn die Autorin beschließt zu gendern, dann darf sie das auch 🙂
Obwohl so richtig konsequent hat sie es nicht getan.