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Schadstoffe in Outdoorbekleidung – Geht es auch ohne PFC?

Die meisten Outdoormarken geben sich gerne naturnah und umweltfreundlich. Doch manchmal täuscht dieses Image, denn in vielen Produkten stecken Schadstoffe wie PFC. Vor allem bei wetterfester Ausrüstung wie Regenjacken, Schuhen und Rucksäcken solltest du genau hinschauen, welche Chemikalien verarbeitet wurden. Hier erklären wir, worauf du beim Kauf achten solltest und welche unbedenklichen Alternativen es gibt.

Was sind PFC?

Die Abkürzung PFC steht für per- und polyfluorierte Chemikalien. Der Begriff PFC bezeichnet also nicht eine einzelne Substanz, sondern eine Gruppe von über 3000 Chemikalien, die eines gemeinsam haben: Sie bestehen aus einer Kohlenstoffkette, bei der an mindestens einem Kohlenstoffatom die Wasserstoffatome durch Fluoratome ersetzt wurden.

Beispiele sind Polytetrafluorethylen (PTFE), das unter den Handelsnamen Teflon® und Gore-Tex® bekannt ist, Perfluoroctansäure (PFOA) und Perfluoroctansulfonsäure (PFOS, siehe Bild)

PFOS, Bild: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=51707317

In der Natur kommen PFC nicht vor. Sie werden jedoch in großem Umfang industriell hergestellt.

In welchen Produkten kommen PFC vor?

PFC sind wasser-, fett- und schmutzabweisend. Aufgrund dieser Eigenschaften sind PFC in der Industrie sehr weit verbreitet und finden sich unter anderem in schmutzabweisenden Teppichen, in Pappbechern und in Pizzakartons, in wetterfester Wandfarbe, in Pestiziden und eben in Outdoorbekleidung. Auch Skiwachse enthalten bisher PFC; der internationale Skiverband FIS hat jedoch angekündigt, fluorhaltige Wachse ab der Saison 21/22 bei Wettkämpfen zu verbieten.

PTFE wird zum Beispiel für die wasserdichte Membran in High-End-Outdoorjacken (GORE-TEX®, eVent®) und als Teflon® in der Antihaftbeschichtung von Kochgeschirr eingesetzt. Die Benutzung von PTFE-haltigen Produkten gilt als gesundheitlich unbedenklich. Bei der Herstellung und bei der Entsorgung von PTFE können aber andere schädliche PFC eingesetzt werden und möglicherweise auch freigesetzt werden.

Warum wird PFC eingesetzt?

Zur Beantwortung dieser Frage beschränke ich mich auf die Outdoorbranche – alles andere würde zu weit führen. PFC finden sich vor allem in der Membran und in der Imprägnierung von High-Tech-Regenjacken. Dank PFC sind diese Jacken wasserdicht und hoch atmungsaktiv. Wassertropfen perlen außen einfach ab, der Stoff saugt sich nicht voll. Wasserdampf (Schweiß) kann ungehindert entweichen. Nach dem Regen trocknet die Jacke wahnsinnig schnell.

wasser perlt ab

Die wasserabweisende Imprägnierung hält sehr lange und darüber hinaus sind die Jacken auch noch schmutz- und ölabweisend. Das gilt gleichermaßen für die PFC-haltigen Imprägnierungen von Rucksäcken, Schuhen und Schlafsäcken.

Andere Membranen und Imprägniermittel funktionieren schlichtweg nicht so gut. In der Praxis heißt das, dass du unter einer PFC-freien Regenjacke vielleicht etwas mehr ins Schwitzen kommst, dass die Jacke öfter nachimprägniert werden muss (mit einem fluorfreien Mittel natürlich), und dass die Jacke schneller schmutzig wird.

Meine Meinung: Wenn man das gegen die Umweltschäden abwägt, die PFC verursacht, sollten PFC-freie Jacken trotzdem die erste Wahl sein.

Welche Auswirkungen haben PFC auf die Umwelt und auf den menschlichen Organismus?

PFC sind persistent. Das heißt, wenn PFC in die Umwelt gelangen, werden sie kaum abgebaut. Durch ihre massenhafte Verwendung seit den 1960er Jahren wird die Menge an PFC auf diesem Planeten also immer größer. Weder Bakterien noch Wasser, Licht oder Luft können diesen Chemikalien etwas anhaben. PFC verteilen sich über den weltweiten Wasserkreislauf und reichern sich entlang der Nahrungskette an. In Untersuchungen von Greenpeace wurden PFC weltweit in Wasserproben nachgewiesen. Auch in Deutschland kommt es immer wieder zu PFC-Funden im Trinkwasser. Über verunreinigtes Wasser nehmen Menschen und Tiere die Chemikalien auf, so wurden PFC bereits im menschlichen Blut und in der Leber von Eisbären gefunden.

Die gefährlichen Auswirkungen von PFC im menschlichen Körper sind noch nicht vollständig erforscht. Als sicher gilt jedoch, dass PFC zu einem erhöhten Cholesterinspiegel führen, die Fruchtbarkeit negativ beeinflussen und die Wirksamkeit von Impfungen beeinträchtigen. Zudem besteht der Verdacht, dass PFC das Risiko für Krebserkrankungen und Störungen der Schilddrüse erhöhen. (Quelle: Umweltbundesamt)

Die Gefahr entsteht dabei nicht unmittelbar für jeden, der mal eine Regenjacke anzieht, denn von einer Übertragung über die Haut ist nichts bekannt. Die größte Menge PFC gelangt bei der Herstellung in die Umwelt. Zudem hat Greenpeace eine Ausdünstung und Verteilung von PFC über die Luft festgestellt. Die Innenraumluft von Outdoorgeschäften weist demnach eine deutlich erhöhte Konzentration von PFC auf im Vergleich zur Außenluft oder zu Büro- und Lagerräumen. Auch die Entsorgung der PFC-haltigen Produkte ist problematisch.

Greenpeace forderte deshalb schon vor einigen Jahren, PFC durch umweltfreundlichere Alternativen zu ersetzen. Mehr Infos zur Kampagne von Greenpeace gibt es hier: https://detox-outdoor.org/de-CH/

Welche Alternativen gibt es?

In den letzten Jahren haben sich einige PFC-freie Membranen und Imprägnierungen in der Outdoorbranche einen Namen gemacht, zum Beispiel die Sympatex-Membran oder das fluorfreie Imprägnierspray von Fibertec. Statt PFC verwendet Fibertecs Textile Guard Eco biologisch abbaubares Polyurethan.

Auch Kleidung, die nur wasserabweisend ist (und nicht wasserdicht), wie z.B. gewachste Baumwolle, kann eine Alternative sein.

Eine Übersicht über PFC-freie Jacken im Camp4 findest du in dieser Tabelle.

Was soll ich kaufen?

Du brauchst eine neue Regenjacke und fragst dich, welche du mit einem guten Gewissen kaufen kannst?
Hier sind unsere besten Tipps!

Überlege dir, wofür du die Jacke brauchst. Willst du eine Expedition in die Arktis unternehmen oder nur den Spaziergang im Grunewald trocken überstehen? Während eine PFC-haltige Imprägnierung die Atmungsaktivität einer Regenjacke am besten erhält und deswegen bei High-Tech-Kleidung auch weiterhin eingesetzt wird, gilt trotzdem: Die allermeisten Menschen brauchen kein PFC. Wie schlimm ist es denn, wenn du mal den Reißverschluss öffnen musst, weil dir unter der Jacke zu warm wird?
Wirst du nach einem Regenspaziergang sowieso zuhause duschen und dein T-Shirt wechseln? Dann tut es auch eine wasserdichte Alltags-Regenjacke ohne PFC!

Auch viele komplett plastikfreie Jacken halten einem Regenschauer stand. Loden aus Schurwolle zum Beispiel ist durch das natürlich enthaltene Lanolin stark wasserabweisend und wärmt sogar im nassen Zustand. Oder du entscheidest dich für eng gewebte Baumwolle wie bei dieser Jacke von Nordwärts, die PFC-frei imprägniert wurde. Diese Naturmaterialien sind die ökologischere Wahl und zudem atmungsaktiver als die besten Regenjacken.

In warmen Regionen geht es oft auch ohne Regenjacke. Alle Ultraleicht-Fans und Wanderer, die im Sommer unterwegs sind, können ernsthaft überlegen, die Regenjacke einfach wegzulassen. Meine Taktik im Sommerregen: Statt eine Schicht mehr anzuziehen, ziehe ich einfach möglichst viele Schichten aus, laufe in kurzer Hose und T-Shirt weiter und verstaue den langen Pulli im Rucksack (der sowieso durch einen Regenüberzug geschützt ist). Jetzt aber schnell weiterwandern, damit es nicht zu kalt wird! Später im Zelt oder wenn der Regen aufhört, ziehe ich die warmen, trockenen Sachen wieder an.

Nach einigen Trekking-Touren in Italien, Südfrankreich und Spanien war ich mit dieser Taktik sogar ohne Regenjacke in Schottland. Bei solchen Aktionen habe ich immer noch einen Notfall-Poncho dabei, der zwar null atmungsaktiv ist, aber dank Polyurethanbeschichtung vor Wasser und Wind schützt und auch als Unterlage unterm Tarp dient.

In vielen Bereichen gilt Second-Hand-Kleidung als ökologisch besser im Vergleich zu neuen Produkten. Bei gebrauchten Regenjacken raten wir jedoch zur Vorsicht: Eine zehn Jahre alte Regenjacke, deren Beschichtung abbröckelt, hält dich einfach nicht mehr trocken, verliert aber viel Mikroplastik, das sich schlimmstenfalls während eines Ausflugs in die unberührte Natur verteilt. Du solltest also im Second-Hand-Shop genau hinschauen, in welchem Zustand die Jacke ist. Gegen eine gebrauchte Jacke aus der letzten Saison ist natürlich nichts einzuwenden.

Welche PFC-freien Jacken haben wir im Camp4?

Hier findest du eine Übersicht über alle PFC-freien Regenjacken in unserem Sortiment.

Hersteller Modell
Klättermusen Asynja Jacket Men
Klättermusen Asynja Jacket Women
Marmot EvoDry Cloudrest Jacket Men
Mountain Equipment Odyssey Jacket Men
Mountain Equipment Odyssey Jacket Women
Ortovox Westalpen 3L Light Jacket Men
Ortovox Westalpen 3L Light Jacket Women
Vaude Cyclist Jacket Men
Vaude Elope Jacket Women
Vaude Luminum Jacket Men
Vaude Luminum Jacket Women

Welche Jacken mit PFC haben wir im Camp4? Warum haben wir die noch?

Hier findest du eine Übersicht über alle PFC-haltigen Regenjacken in unserem Sortiment.

Hersteller Modell
Arc’teryx Beta AR Jacket Men
Arc’teryx Beta AR Jacket Women
Arc’teryx Beta LT Jacket Men
Arc’teryx Beta LT Jacket Women
Black Diamond Stormline Stretch Rain Shell Men
Black Diamond Stormline Stretch Rain Shell Women
Millet Kamet Light GTX Jacket Men
Patagonia Torrentshell Jacket Men
Patagonia Torrentshell Jacket Women
Rab Firewall Jacket Men
Rab Firewall Jacket Women
Rab Kinetic 2.0 Jacket Men
Rab Kinetic 2.0 Jacket Women
Rab Phantom Pull-On Men

Wir führen trotzdem noch Jacken mit PFC im Sortiment, weil wir auch Ausrüstung für anspruchsvolle Touren und Expeditionen in die entlegensten Ecken des Planeten anbieten wollen. Leider ist es so, dass die Jacken aus Gore-Tex® mit PFC-haltiger Imprägnierung technisch am besten funktionieren. Wer unter wirklich extremen Bedingungen draußen ist, sollte bei der Ausrüstung keine Kompromisse eingehen. Wir möchten nicht, dass jemand auf dem Weg durch den Himalaya umkehren muss, weil seine Jacke ihn im Stich lässt.

Wenn es eines Tages eine umweltfreundliche Alternative gibt, die genauso gut funktioniert, werden wir die PFC-haltigen Produkte im Sortiment sehr gerne ersetzen.


4 Responses to Schadstoffe in Outdoorbekleidung – Geht es auch ohne PFC?

  1. Maria Schön says:

    Liebe Melanie, danke für den PFC-Artikel, sehr informativ und ausgewogen geschrieben. Wenn ich das nächste Mal was brauche, kaufe ich bei euch ein, denn ihr scheint wirklich die Ökologie ernst zu nehmen.

  2. Susanne Flemmig says:

    Ganz wunderbar verständlich erklärt. Leider hab ich mir vor 3 Tagen eine GORE-TEX Regenjacke gekauft. Wenn ich deinen durchaus verständlichen Beitrag früher gelesen hätte, hätte ich mich um eine ökologische Regenjacke umgeschaut. So hab ich keine Freude mehr mit meiner Jacke :-(

  3. Daniela Hollfelder says:

    Hallo Melina, vielen Dank für den informativen Artikel! Woche Regenbekleidung würdest du für Kinder (1-2 Jahre) empfehlen?

    • Hallo Daniela!
      Ein Kind was grade einmal 1 Jahr alt ist braucht noch nicht wirklich extra Regenbekleidung. Ein ordentliches Regenverdeck am Kinderwagen zum Beispiel sollte fast ausreichen.
      Sobald es richtig laufen kann empfehlen sich auf jeden Fall ein paar Gummistiefel und eine Matschhose, die bis unter die Arme reicht (oft in Latzhosenform). Da wir überhaupt nicht auf so kleine Größen spezialisiert sind, kann ich dir an dieser Stelle kein Produkt aus unserem Shop verlinken.
      Wir haben ein paar Winteroveralls, die du dir anschauen kannst (wasserdicht und schmutzabweisend), aber im Alltag gestalten die sich in manch einer Situation auch als eher unpraktisch.
      Was noch interessant sein könnte wäre ein Kinder-Regen-Poncho, den das Kind auch bequem im Fahrradsitz oder in der Rückentrage tragen kann. Hier muss die Größe auch nicht zu 100% passen, so dass ihr länger was davon habt, während das Kind wächst.
      Ich hoffe das hilft weiter!

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