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Eisklettern, das ist Abenteuer und Wildnis

EiskletternSchweizNick und Hans waren in der Schweiz Eisklettern. Was sie an den Eisfällen des Engadin bei Pontresina erlebt haben und vor allem welche Voraussetzungen man für das Eiskletten mitbringen muss, lest ihr hier im Interview. Außerdem haben sie natürlich ein paar Profitipps dabei.

Camplog: Nick und Hans, ihr wart Eisklettern. Wo genau wart ihr?

Hans: Wir waren vier Tage im schweizerischen Engadin rund um Pontresina.

Camplog: Wie seid ihr denn auf die Idee gekommen Eisklettern zu gehen?

Hans: Generell wollte ich das Eisklettern einfach mal ausprobieren. Denn was man nicht probiert hat, kann man auch nicht. Nick hat das ja schon öfters gemacht. Und dann wollten wir noch unseren ehemaligen CAMP4 Kollegen René besuchen, der jetzt in der Schweiz lebt. So konnten wir gleich zwei angenehme Dinge miteinander verbinden.

Camplog: Worin besteht für euch der Reiz beim Eisklettern?

Hans: Das ist eine ganz neue Erfahrung. Eine andere Art der Fortbewegung, die man mal gemacht haben muss. Eisklettern rundet das Spektrum des Kletterns ab. Ich will immer gerne alle Facetten kennenlernen. Nur Bouldern z.B. wäre mir zu langweilig. Eis- und Steigeisen gehen gehören auch bei jeder alpinen Unternehmung dazu.

Nick überlegt jetzt lange, legt die Stirn in Falten und muss darüber nachdenken. Ich stelle ihm erstmal noch ein zwei andere Fragen bevor er zu einem Schluss kommt. Aber richtig überzeugt scheint er von seiner eigenen Antwort nicht zu sein.

Nick: Der Reiz liegt, glaube ich, in der Natur an sich. Und Winter ist natürlich toll. Eisklettern gehört zum Bergsteigen und Klettern einfach dazu. Und Eis an sich ist ein unglaubliches Material. Das Klettern darin hat etwas von Wildnis und Abenteuer. Man muss alles selbst machen. Hier gibt es keine vorgebohrten und geleckten Kletterrouten, die Verantwortung liegt ganz bei einem selbst. Das reizt mich.

Camplog: Warum wolltet ihr in die Schweiz?

Hans: Wir wollten unseren ehemaligen Kollegen besuchen und wussten, dass er Erfahrung im Eisklettern hat. Und in der Schweiz gibt es gute Gebiete.

Camplog: Wie kalt war es?

Nick: Wir hatten so fünf bis sechs Grad unter Null. Es war also gerade kalt genug. Normalerweise ist es aber viel kälter, so um die Minus 20 Grad.

Camplog: Wie funktioniert Eisklettern?

Hans: Eigentlich wie das ’normale‘ Klettern, nur eben mit Steigeisen und Eisgeräten. Die sind stärker gekrümmt als ein normaler Pickel und haben auch keinen Hammer, Sporn und Schaufel.

Nick: Pick, Tack, Tack, Pick, Tack, Tack usw.

Camplog: Wie geht das denn genau mit dem Eisgerät?

Hans: Das Eisgerät ist quasi die Verlängerung des Armes und funktioniert wie ein Beil. Man braucht viel Schwungmasse, damit man das Gerät über sich selbst in das Eis hauen kann. Dann festhalten und mit dem Fuß nach treten. Wichtig ist hierbei, dass man den Schwerpunkt in der Körpermitte hat und sich dann wie beim Klimmzug nach oben zieht. Drei Punkte hat man fix und der vierte bewegt sich.

Camplog: Wie muss man sich die Form der Bewegung vorstellen?

Hans: Ganz anders als beim Klettern, wo man immer eine andere Bewegung macht. Beim Eisklettern macht man immer wieder das gleiche. Wie eben bei einem Klimmzug. Es geht viel von den Armen aus und auch die Schultern werden stark beansprucht – der ganze Oberkörper. Mit dem Steigeisen steht man nur mit der Fußspitze im Eis, dass geht unheimlich auf die Waden.

Camplog: Welche Schuhe braucht man zum Eisklettern?

Nick: Die Schuhe sollten unbedingt Steigeisen geeignet sein. Also mindestens welche der Kategorie C, wenn nicht D. Sie sollten ein bisschen enger sein, dann klettert es sich leichter. Dafür läuft es sich dann aber auch schlechter. Das muss man abwägen.

Camplog: Was braucht man denn noch?

Hans: Einen Klettergurt, Steinschlaghelm, viele gute und vor allem nicht zu dicke Handschuhe. Die Hände sind ständig nass, sei es vom Eis, vom Schwitzen oder vor Angst. Die dürfen nicht zu dick sein, weil man sonst nicht genug Gefühl in den Fingern hat. Mehrere Mützen, die verschleißen genauso wie die Handschuhe.

Nick: Ich würde eine enganliegende Hose empfehlen. Ich hatte eine weitere dabei, die ging dank Steigeisen schnell kaputt. Eine wasserfeste dreilagige Gore-Tex-Jacke ist unbedingt empfehlenswert. Wenn die Sonne scheint eignet sich eine Softshell Jacke sehr gut, weil diese auch atmungsaktiv ist.

Camplog: Welche Voraussetzungen sind notwendig?

Nick: Die Grundtechniken des Kletterns, Einbindeknoten und die ein oder anderen Sicherungstechniken sollte man schon beherrschen. Wer das nicht kann ist nur eine Gefahr für sich selbst und vor allem für andere.

Hans: Die Zwillings-oder Doppelseiltechnik ist auch noch von Vorteil. Ein Seil kann beim Einhauen des Eisgerätes schon mal getroffen werden und dann wird es eng, wenn keins mehr übrig ist.

Hans überlegt jetzt noch einmal, fängt dann an zu lachen und ergänzt noch einen wohl sehr wichtigen Faktor:

Wenn man ein paar Klimmzüge beherrscht ist das auch nicht schlecht, sonst wird das ganze einfach unerträglich anstrengend und man hat nicht lange Spaß am Eisklettern.

Camplog: Was hat euch am meisten beeindruckt und bleibt auf jeden Fall im Gedächtnis?

Hans: Ich fand es unheimlich beeindruckend welche Festigkeit Eis hat. Wo die Eisschraube eingedreht ist, sitzt sie fester als ein Dübel in einer Betonwand. Das Medium Eis hat mich sehr fasziniert. Das war eine ganz andere Erfahrung als am Fels zu klettern. Man muss das Eis lesen und die Struktur dessen richtig deuten.

Nick: Wir waren eine Woche unterwegs, davon sind wir vier Tage geklettert. Jeder Tag war beeindruckend. Erst waren wir zum Üben in einer künstlichen Eishalle, wo vorher noch ein Film gedreht wurde. Am zweiten Tag sind wir auf Ski den Berg hoch und an einer Nordwand geklettert. Das war sehr wild und das Eis ist abgeplatzt und es gab blutige Finger. Hier haben wir haben die Abalakov Sanduhr Technik genutzt, das war echt abgefahren.

Tag drei haben wir ganz untypisch in der Sonne verbracht. Der Eisfall tropfte und das Wasser plätscherte hinter dem Eis, das war unheimlich spannend. Und zu guter letzt mein erster Vorstieg im Eis an Tag vier. Ich hatte in meinem Leben noch nie so kalte Hände, ich konnte nicht mal mehr einen Knoten machen. Die Wildheit des Eises ist einfach unvergesslich.

Camplog: Und sonst so?

Hans: Stürze sind unbedingt zu vermeiden. Das ganze Material ist meistens nicht nur messerscharf sondern auch sündhaft teuer. Ganz schnell kann man die gute Hose dann im nächsten Urlaub als Angelnetz verwenden.

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One Response to Eisklettern, das ist Abenteuer und Wildnis

  1. Micha Micha says:

    Nächstes Jahr bin ich auch dabei. Zwei Klimmzüge kann ich schon!

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