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Neue Norm für Klettersteigsets

Matze 900x360Es brodelte schon lange in der Norm-Gerüchte-Küche. Aufgrund der immer beliebter werdenden “Disziplin“ Klettersteiggehen mehrten sich in den letzten Jahren leider auch die Unfallverletzungen dabei und es drängte sich die Frage auf, ob die alte Norm, die auf Personen mit 60- bis 100 kg-Fallgewicht (also inkl. Rucksack) ausgerichtet war, noch zeitgemäß ist. Nun ist endlich die neue Norm in Kraft und nur für eine Übergangszeit ist es dem Handel noch erlaubt,  Sets mit der alten Norm zu verkaufen.

Wie funktioniert ein modernes Klettersteigset eigentlich?

Kurz zur Erklärung vorab etwas Physik:

Im Falle eines Sturzes im senkechten Klettersteig stürzt der Kletternde bis zum nächsten Fixpunkt am Drahtseil plus  die Länge der Sicherung. Ein Sturzfaktor von 2 bei einem Meter freier Fall ist durchaus normal. Ein Sturzfaktor bis 5 ist möglich. Beim normalen Sportklettern oder Seilklettern beträgt der maximal mögliche Faktor nur 2 und kommt so gut wie nie vor. Je höher der Sturzfaktor, desto härter der Sturz und die Kraft, die auf den Körper wirkt.

Fangstoß - Sturzfaktor

Quelle: Tabelle Wikipedia

Welche Aufgabe hat nun das Klettersteigset?

Der Fangstoß bei nur einem Meter freier Fall ist so hoch, dass es bei einem statischen Sicherungssystem (z. B. Stahlkabel zwischen Klettergurt und Sicherung) definitiv zu körperlichen Schäden entweder durch Verletzungen an der Wirbelsäule oder Verletzungen durch den harten unkontrollierten Aufprall an der Wand. Das Klettersteigset muss diesen Sturz „sanft“ abbremsen und Energie, die auf den Körper einwirkt, umwandeln.  Das geschieht durch kontrolliertes Aufreißen des Bandfalldämpfers. In der Vergangenheit waren die Dämpfer so konzipiert, dass bei einem Durchschnittskletterer von 80 kg die Bremse bei einem Fangstoß von 80 kg auslöst und 120cm aufreißt (also 120 cm stehen zur Energieumwandlung zur Verfügung). Nachteil? Dieses Set dämpft nicht bei Kindern mit 40 kg und Kletterer, die über 100 kg auf die Waage bringen, werden auch nicht gerade sanft abgebremst.

Die neue Klettersteigset Norm.Kinder besser zusätzlich mit einem Seil nachsichern

Was ist neu? Es geht um das Aufreißverhalten der Bandfalldämpfer. Diese dämpfen nunmehr schon bei einem Fangstoß von 3,5 kN (statt bisher bei 6 kN) – also schon bei einem relevanten Sturz eines ca. 40 kg-Fallgewichtes. Bei einer schwereren Person setzt sich die Dämpfung des Sturzes fort, so dass erst bei 120 kg-Fallgewicht und 6 kN Fangstoß die volle Aufreißlänge erreicht wird. Ermöglicht wird dies durch eine Verlängerung des Aufreißbandes von 1,2 m auf 2,2 m. Klar auf der Hand liegen die Vorteile für leichtere Personen und die Schwergewichte unter uns. Aber wie alles auf dieser Welt, hat die Medaille auch eine Kehrseite und zwar für die ca. 80 kg-Männer und Frauen. Nach einem Sturz im überhängenden Gelände, hängen diese weiter von der Wand weg. Schwereren Personen kann es sogar passieren, dass der neue Dämpfer schon leicht auslöst, wenn man einen kleinen „Rutscher“ reinsetzt, so dass das Set eher auszutauschen ist. Trotzdem bringt die neue Norm in Puncto weichere Dämpfung und damit Minimierung des Verletzungsrisikos bei Stürzen gewaltige Vorteile. Dass sich die Normkommission dazu entschieden hat, wieder eine Norm für alle Anwender (also nicht nach Gewichtsklassen geteilt) zu erlassen, liegt vermutlich daran, dass man eine Verwechslungsgefahr ausschließen wollte.

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Also: keine Angst vor Klettersteigen! Wer ein neues Set braucht und zwischen, sagen wir, 70 und 90 kg unterwegs ist, kann sich problemlos noch ein Set nach der alten Norm kaufen. Alle anderen sollten unbedingt auf die neuen Sets warten, die wahrscheinlich ab Mitte/Ende Juni nach und nach im Handel erhältlich sein werden! Kletterseile bieten Kindern, die noch weniger auf die Waage bringen, vor allem in steilem Gelände zusätzliche Sicherheit, indem man sie per Seil nachsichert. Dafür gibt es seit Jahren schon kompakte Lösungen z. Bsp. von Edelrid.   … und bitte schmeißt die alten Lochplattenbremssysteme endlich weg, falls Ihr noch welche habt  😉

Bei weiteren Fragen findet Ihr bei uns wie immer kompetenten Rat. Aufi geht’s!

Euer Matze


CAMP4 Geschäftsfüher
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