Expertenwissen

Gaskocher-Tuning im Herbst – Was tun, wenn es über Nacht kalt wird?

Gaskocher im Winter? Im Sommer oder auf kurzen Wochenendtouren im Frühling und Herbst bist du mit einem normalen Gaskocher immer gut beraten. Leicht, sauber, praktisch… Was aber, wenn im Herbst die Temperaturen fallen?

Kleine Vorbemerkung: In den Gaskartuschen befindet sich kein Gas, sondern Butan, Propan, Isobutan oder ein Mix aus allem in flüssiger Form. Um es im Kocher nutzen zu können, muss die Flüssigkeit erst in den gasförmigen Zustand übergehen. Dazu wird Wärme benötigt. Es gibt unterschiedliche Gasmischungen und Kartuschenarten.
Deshalb: Achtung schon beim Kauf eines Gaskochers! Reine Butankartuschen und Stechdornkartuschen (das sind die, die man nur trennen kann, wenn die Kartusche leer ist) setzen schon bei +10°C aus, also Finger weg. Insbesondere von den blauen CAMPINGAZ Stechdornkartuschen und dem legendären Bleuet 206. Der ist gut für’s Festival, aber ungeeignet auf echten Outdoortouren, oder sagen wir so – es geht besser.

Kartuschen mit Aufschraubgewinde und Ventil

Wir empfehlen ausschließlich Gaskartuschen mit Schraubventil und einem Butan-/Propangemisch, beispielsweise von PrimusOptimus, MSR oder GSI.
Beim Kochen muss das Gemisch wieder gasförmig werden, wozu mindestens eine Temperatur von 0°C benötigt wird. Bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt verliert der Kocher deutlich an Heizleistung. Erschwerend kommt hinzu, dass durch die Dekompression (Vergasung) des Propangemisches Wärme der Umgebung entzogen wird. Das ist das Prinzip der Wärmepumpen: Bei Kompression entsteht Wärme, bei Dekompression wird der Umgebung Wärme entzogen. Die Kartuschen vereisen (Wärmepumpe/Kühlschrankprinzip) und nichts geht mehr. Was tun?

Ein warmes Fußbad für den Kocher

Die Lösung ist ganz einfach: Die Kartusche muss in einem Wasserbad stehen. Da Wasser (im flüssigen Zustand) immer wärmer als 0°C ist, funktioniert der Kocher so auch bei Temperaturen unter Null. Als Behälter für das Wasserbad benutze ich immer meinen Müslitopf. Einen ebenen Untergrund, darauf der Müslitopf und darin steht die Kartusche bzw. der Kocher – nun kann es losgehen! Etwas Wasser im Topf erhitzen, dieses erwärmte Wasser in den Müslitopf als „Fußbad“ schütten und sofort braust der Kocher los wie immer. Jetzt kann wie gewohnt gekocht werden. Probier es aus, es klappt.

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Was aber, wenn es richtig kalt ist und es weit und breit nur Schnee gibt? Da muss die Kartusche erst auf Temperatur gebracht werden. Für den Morgencafé und das Frühstück nimmst du die Kartusche über Nacht einfach mit in den Schlafsack. Keine Angst, da kann nichts passieren. Die Schraubventilkartuschen sind absolut sicher. Wenn abends das Ziel erreicht ist, stopfst du dir vor dem Zeltaufbauen die Gaskartusche in den Pullover oder die Fleecejacke und bringst sie somit durch deine Körperwärme auf Temperatur. Wenn es losgehen soll mit Kochen, erst ein wenig Schnee zum Schmelzen bringen und für das Fußbad erwärmen…

Neu: PRIMUS Wintergas

Primus hat das Problem erkannt und extra Wintergas Kartuschen hergestellt. Ein Meshgewebe in der Kartusche vergrößert die Oberfläche des flüssigen Gases, was den Vergasungsprozess vereinfacht. Somit sollen die Kartuschen selbst bis minus 20 Grad einsatzfähig sein – natürlich auch abhängig von Höhe, Wind, Gasrestmenge etc.
Diese Testumgebung hatte ich leider noch nicht, aber Tests ergaben, dass diese Kartuschen einen Kocherbetrieb bei unter Null Grad auch ohne Fußbad ermöglichen. Bei Dauerbetrieb (mehr als 30 Minuten Vollgas), wie beim Schneeschmelzen von mehreren Litern Wasser, vereisen jedoch auch diese Kartuschen ohne Fußbad und die Leistung sinkt erheblich.
Tests bei Primus ergaben, dass das Winter-Gas bei Winterbedingungen 9%-15% effizienter brennt als herkömmliche Kartuschen.

Gaskocher für Winter und Expedition

Selbstverständlich gibt es auch Gaskocher, die extra für den Winter konzipiert sind, so zum Beispiel der Windmaster Regulator Stove, Primus Gravity Stove oder Optimus Vega. Laß dich am besten im CAMP4 beraten. Premium Kocher wie der MSR Windburner mit Fußbad gehen auch beim Schneeschmelzen im Winter ab wie eine Rakete. Letzterer wurde letzten Winter (2018) vom Camp4-Team auf einer Wintertour im Erzgebirge getestet. Testurteil: Ein perfekter Kocher für Mehrtagestouren in eisigen Gebieten.

Dieser Artikel erschien bereits 2012 und wurde vom Autor überarbeitet und aktualisiert.


Mitbegründer von CAMP4, seit 1991 dabei. Liebt alles, was mit Outdoor zu tun hat.

7 Responses to Gaskocher-Tuning im Herbst – Was tun, wenn es über Nacht kalt wird?

  1. Alex says:

    Das sind Tipps die mir neu sind. Hätte aber doch ein mulmiges Gefühl mit einer Gaskartusche im Schlafsack zu schlafen.

  2. Blum says:

    Den GNAT hatten wir letzten winter dabei, haben bei dem aber die kartusche nicht restlos leer gekriegt, bei nem anderen auch nicht;das ganze bei ca. minus 18°C. mit dem „Coleman F1 lite“ hingegen kein problem; mmn. , ne andere erklärung hab ich da nicht, liegts daran wieweit der kocher-pin das kartuschenventil öffnet, das muss man vor der tour mal unter realistischen bedingungen testen.

  3. Marcus says:

    Hi, das klingt zunächst einmal wirklich etwas gefährlich, aber trotzdem ein sehr interessanter Tipp den ich mir für den Notfall auf jeden Fall merke.

  4. Jero says:

    Ich finde die Tipps auch sehr bedenklich und würde davon abraten, dies nachzumachen. Anonsten aber ein sehr schönes Blog :-)

  5. Dominic says:

    Vielen Dank für den guten Tipp, würde es im Notfall sicher ausprobieren!
    Gruss Dominic

  6. Ronja Oden says:

    Danke für die Info, dass ich einen Gaskocher erst nutzen kann, wenn das sogenannte Flüssiggas in den gasförmigen Zustand übergegangen ist und dass eine Gaskartusche mit Schraubventil zu empfehlen ist. Das werde ich bedenken, wenn ich mich an die Bestellung meiner Camping-Sachen mache. Der Tipp mit dem Fußbad für den Kocher ist super, den werde ich mir merken!

  7. Peter Lustig says:

    Netter Bericht! Wegen der besorgten Kommentare: Die Kartusche mit in den Schlafsack zu nehmen ist absolut üblich unter Trekkern, und stellt überhaupt keine Gefahr dar.

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