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Schönes plattes Brandenburg

Natur und wir. Alle Bilder: privatEin langes Wochenende lag vor uns und es stand fest, wir wollen mit unserem knapp dreijährigen Zwerg raus aus dem Alltag. Nicht so weit weg, aktiv wollten wir sein, ein bisschen unterwegs und nicht so viel Trubel – und gegen schöne Spielplätze hätten wir natürlich auch nichts einzuwenden: Mit der Familie auf Rädern, entlang des Oder-Neiße Radwegs durch den Oderbruch.

Bei diesen Anforderungen kommen nicht mehr so viele Reise-Varianten in Betracht. Hinzu kam noch, dass wir Anfang Mai nicht zelten wollten. Also entschieden wir uns für eine kleine Radwanderung mit drei Etappen auf dem Oder-Neiße-Radweg.

Vorstellungen und Wahrheit

In unseren Gedanken entstanden Bilder von leeren Radwegen, Rückenwind, warmer Mai-Sonne und idyllischer Flusslandschaft entlang der Oder. Dazu kamen kleine Träume von prächtigen Eisbechern und massiven Schnitzeln. Nicht zu vergessen sind die Spielplätze, die in unseren Vorstellungen in regelmäßigen Abständen für Abwechslung sorgen würden.

Na ja, soweit die Träume und der Sog der Gedanken-Bilder. Die Realität sah erstmal andere Schritte vor. Der erste war die Planung der Unterkünfte. Da wir uns gegen Zelte entschieden haben, hieß es: Ferienwohnung oder Zimmer suchen.

Hierzu macht sich die Webseite des Oder-Neiße-Radwegs sehr gut. Hier sind viele Pensionen und Ferienwohnungen verzeichnet, in den man für eine Nacht willkommen ist und ein Frühstück bekommt.

Ausdrücklich empfehlen möchte ich an dieser Stelle die frühzeitige Buchung, gerade an verlängerten Wochenenden. Da wir recht spontan den Plan unseres Trips gefasst haben, kamen wir an dieser Stelle etwas in Bedrängnis, konnten das Problem aber nach gefühlten 30 Anrufen und teils sehr erstaunt lachenden Vermietern lösen.

Die Qual der Wahl

Dann stand die Wahl der Vehikel auf dem Programm: Als gestandener Radfahrer verfügt man natürlich über eine angemessen übertriebene Auswahl an Zweirädern. Für unseren Zwerg war klar, wir nehmen den Babyjogger als Anhänger – ein prima für den Mittagsschlaf und sehr gemütlich – und für die Abwechslung das Laufrad mit.

Ich habe mich für mein Mountainbike entschieden und meine Frau für ihr Alltags-Rad, welches wir vorsichtshalber mit etwas robusteren Reifen ausgestattet haben. Am Ende war das Mountainbike vielleicht etwas zu robust, da der Radweg zumindest auf dem Stück zwischen Frankfurt und Bad Freienwalde sehr gut ausgebaut ist.

Die Frage des Gepäcks löste sich recht einfach. Wir hatten einen Gepäckträger zur Verfügung und zwei Radtaschen. Die Aufteilung war auch klar: eine Tasche für uns beide und eine Tasche für den Zwerg.

Endlich kann es losgehen

Die Anreise zum Radweg an die Oder macht sich super mit dem RE1. Von Berlin ist man etwa eine Stunde entspannt unterwegs und vom Bahnhof in Frankfurt muss man sich einfach rechts Richtung Oder halten und schon kann los geradelt werden.

Welcher Frage wir im Vorfeld als verwöhnte Städter keine große Bedeutung beigemessen haben ist die der Verpflegung. Frei nach dem Motto: „Da wird es doch an jeder Ecke was geben“, so wie wir es von zu Hause im Friedrichshain kennen. Für den ersten Tag haben wir uns gerüstet und mit belegten Brötchen, Obst und Gemüse ausgestattet. Danach sollten eigentlich die Träume von Eisbecher und Schnitzel in Erfüllung gehen.

Womit wir allerdings nicht gerechnet haben ist unser geringes Tempo. Bei Etappen von 30 bis 40 Kilometer kommen eben auch nicht so viele Gelegenheiten zur Nahrungsaufnahme. Und wenn dann noch ab zu Schrittempo herrscht, weil ein Laufrad nun mal einfach ein bisschen langsamer läuft, kann es schon mal eng werden. So wurden auf der ersten und zweiten Etappe aus Eisbecher und Schnitzel ein Fischbrötchen und eine Bratwurst.

Schnell mal nach Polen – Essen fassen

Einen besonderen Streich spielte uns das Schicksal auf der zweiten Etappe. Auf der Suche nach einer geöffneten Nahrungsaufnahmestelle kamen wir an einer kleinen Fähre vorbei, welche auf die polnische Seite übersetzte. Am anderen Ufer sahen wir Sonnenschirm und Imbisswagen – wir entschieden uns für die Überfahrt.

Kurz vor Abfahrt schaffte es auch noch eine größere Gruppe auf die Fähre, das war unser Verhängnis. Unser Zwerg wollte auf der anderen Seite unbedingt aussteigen und bei Mama an der Hand laufen, was zur Folge hatte, dass die große Gruppe vor uns am Imbiss war.

Ich sah den letzten Schaschlik noch auf einem Teller und dann war er weg. Ich schaute meinem Schnitzel-Ersatz wehmütig hinterher um dann festzustellen, dass der Imbiss ausgeräubert war. Das war zwar eine bittere Pille, aber zum Glück gab es für unseren Zwerg noch ein Brötchen und für uns kaltes Bier.

Am Ende hatten wir Glück. In Neu Lewin steuerten wir unsere Unterkunft an und unsere Vermieterin war gnädig. Sofort verliebt in die kleine Madame bereitete sie uns noch ein Abendessen zu, sodass wir nicht hungrig zu Bett gehen brauchten.

Unterwegs im Brandenburger Nichts

Nicht enttäuscht wurden wir vom Traum der idyllischen Landschaft. Sie ermöglicht wirklich eine schöne Abwechslung vom Alltag. Der Blick Richtung Oder schweift meist über grüne Wiesen mit kleinen Nebenarmen der Oder an denen Biber ihr Unwesen treiben. In die andere Richtung blickt man über weite Raps-Felder, welche im Mai in vollem gelb blühen. Darüber spannen sich mit abwechselnden Farben die Wolken, mal sehr dunkel und vom Wind zusammengeschoben und mal nur vereinzelt, sodass es für einen Sonnenbrand auf der Nase gereicht hat.

Eigentlich haben wir unsere kleine Radwanderung für drei Tage geplant. Aber am letzten Tag entschieden wir uns spontan um, wir bleiben noch. Das war dann auch endlich der Tag, an dem zumindest mein Traum vom Schnitzel in Erfüllung ging. Der „Alte Fritz“ in Alt Lewin ist zu diesem Zweck immer einen Abstecher wert.

Für uns war unsere erste kleine Radwanderung neben einer willkommenen Abwechslung gleichzeitig ein Test, was unser Zwerg davon hält mit dem Rad unterwegs zu sein. Zum Glück fand sie es großartig und war immer schon auf die neue Ferienwohnung gespannt. Die Spielplätze rückten zu unserem Glück für sie in den Hintergrund, da es mit Käfern, bunten Blumen, Kühen und Kälbchen genügend aufregende Sachen am Wegesrand gab.

Für uns steht fest, wir kommen wieder und nehmen einen neuen Abschnitt in Angriff. Dann allerdings mit mehr Vorbereitung um die vielen schönen ausgebauten Scheunen genießen zu können.

Mein Tipp: Wer die Variante „immer auf dem Radweg und an der Oder entlang“ wählt kommt sicherlich mit den Schildern des Radweges und im Zweifel mit der Karte auf dem Smartphone aus.

Wer allerdings auch mal einen Abstecher in das Hinterland machen möchte, dem sei die Regional-Karte des ADFC für die Märkische Schweiz und das Oderbruch empfohlen. Hier finden sich viele kleine und gut ausgebaute Wege abseits der großen Straßen, die man sonst nicht so einfach findet. Karten und Reiseführer gibt es übrigens in unserem Reisebuchladen!


One Response to Schönes plattes Brandenburg

  1. Radtourist says:

    Schöner Post. Oder-Neiße Radweg nehme ich mir auch noch vor. Brandenburg ist durch seine Menschenleere wirklich toll zu fahren. Bin schon den Berlin-Leipzig-Radweg gefahren…

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