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Trekking in Nordwestindien

karawane am konmaru la_sliderNachdem ich schon einige Gebirge der Erde gesehen hatte wurde es im Juni 2015 Zeit, auch dem Himalaya einen Besuch abzustatten. Nepal war für mich nicht die erste Wahl; nicht nur wegen der Schäden des letzten Erdbebens, sondern wegen der auf mich abschreckend wirkenden Berichte vom Massentourismus auf dem Annapurna-Circuit oder in Richtung Everest-Basecamp. So fiel meine Wahl auf den indischen Teil des Transhimalayas, genauer, Ladakh.

Dies schien mir eine ruhigere Ecke zu sein. Ferner sprachen für dieses Gebiet nicht nur eine gute Erreichbarkeit, sondern auch sein trockenes Klima und die ruhige politische Lage, anders als in anderen Teilen von Jammu und Kashmir. Es gab dort zwar keine 8000er zu bestaunen, dafür eine Landschaft aus Fels und Eis, und nur eine spärliche Vegetation.

Nach Leh, Lamayuru, und die ersten Tage…

Die schier endlosen Dimensionen des Himalaya wurden mir beim Flug von Delhi nach Leh bewusst: bis zum Horizont nichts als schnee- und eisbedeckte Gipfel. Die dünne Luft in Leh, immerhin schon auf 3500m, bereiteten mir keine Probleme. Nachdem ich tags etwas die Stadt erkundete, Benzin und Trockenobst erstand, und nachts sehr gut schlief, nahm ich am nächsten Morgen ein Taxi nach Lamayuru.

Der Bus um kurz nach vier Uhr morgens und war deswegen einfach keine Option. Ich trank noch einen Kaffee, füllte meine Wasserflaschen und machte mich auf den Weg. Im Rücken hatte ich ca. 25 Kilogramm, nicht nur Essen für ungefähr zehnTage, sondern auch Steigeisen und Eispickel.

Ich wollte mir die Möglichkeit einen 6000er zu besteigen offenhalten. Schon bald – früher als erwartet, mein Höhenmesser war noch nicht genauer eingestellt – überquerte ich einen Pass von 3700m. Im Tal, kurz hinter Wanla, schlug ich mein Zelt an einem rauschenden Bach auf einem Zeltplatz auf. Diese, so stellte sich dann später heraus, waren in allen Talorten mehr oder weniger improvisiert eingerichtet.

In exzellenter Form gelangte ich am nächsten Tag über Phanjila und Hinju bis zum Anstieg zum Konzke-La-Pass und nächtigte auf ca. 4200m. Um mich eisbedeckte Gipfel, ein gurgelnder Bach und dezente Weidewirtschaft mit Eseln, Pferden und Maultieren. Der Weg zum Pass führte durch Altschneefelder in endlosen Serpentinen. Oben bot sich erwartungsgemäß ein grandioser Ausblick.

Dann ging es wieder bergab und bald folgte der Weg einem Flusslauf, umging Sumdo Chemno entlang eines Bewässerungskanals, überquerte den Fluss auf einer Brücke, was nicht die Regel ist. Überhaupt sind die ausgeklügelten und Jahrhunderte alten Bewässerungssysteme, mit Hilfe derer überhaupt erst Landwirtschaft, also menschliche Siedlung in dieser sehr ariden Gegend möglich ist, erstaunlich.

Auch die Bewohner der Täler waren stets freundlich, eine Freundlichkeit, die stets mit einem „Dschühlee“ erwidert wurde, was nicht nur „Hallo“ und „Tschüss“, sondern auch „Bitte“ und „Danke“ heißt. Dies ist unglaublich bequem für den Fremden.

Dann ging es wieder bergan und ich campierte auf einer Hochalm, wiederum auf über 4000m Höhe.  Am nächsten Tag war wieder ein Pass zu überqueren, der Dundunchen La.  Hinter mir erleuchteten die Felsen in den verschiedensten Rot- bis schwarztönen, und ich mühte mich den Pass durch Schneefelder hinauf.

Weiter mit Umweg

Und beim Abstieg unterlief mir ein Fehler: der richtige Weg war nicht eindeutig auszumachen. Ich hätte mich irgendwo links halten müssen, stattdessen stieß ich auf einen Bach, dem ich beschloss zu folgen. Dies stellte sich schwieriger heraus als geahnt.

Dorniges Gestrüpp am Ufer, der Bach fiel teilweise in Kaskaden ins Tal, was ein Waten unmöglich machte, und manchmal musste ich relativ steile Geröllfelder mangels Ufers hinaufklettern. Kurzum, es war strapaziös. Versuche den richtigen Weg wiederzufinden gab ich auf. So kämpfte ich mich weiter.

Irgendwann traf ich auf Fußspuren. Ich beschloss, relativ erschöpft, mein Lager an einem kleinen Nebenlauf aufzuschlagen. Die Stelle war sehr idyllisch auf einer Sandbank gelegen, umgeben von Steilwänden. Nach nicht mal einer Viertelstunde Gehen am nächsten Morgen traf ich dann wirklich auf den Weg, der mich nach Chiling am Zanskar führte.

Hier gab es nicht nur ein paar Lädchen, die allerdings angesichts der noch nicht begonnenen Saison geschlossen waren, und sogar eine Straße. Im Community Centre fragte ich ob es eine Brücke über den Zanskar geben würde, was bejaht wurde. So ging ich flussaufwärts auf der geteerten Straße, die teilweise aber bereits in den Fluten des Flusses verschwunden war. Ein Auto hielt, und informierte mich darüber, dass es bis zur Seilbahn noch zwei Kilometer waren. Also keine Brücke, sondern eine Seilbahn. Ich war gespannt.

Über den Zanskar

Irgendwann kam sie in mein Sichtfeld. Ein Körbchen an Seilen über den tosenden braunen Fluten. Reste einer massiven Metallbrücke waren auf einer Flussseite sichtbar. Leute am anderen Ufer signalisierten mir, dass ich den Korb zu mir ziehen müsse. Das tat ich, hievte den Rucksack und mich hinein.

Dann rutschte ich etwas mehr als die halbe Strecke und zog mich dann noch ein Stück weiter. Dann schwebte ich, unter mir der tosende Fluss, und bald zeigten sich die erwähnten Leute vom anderen Ufer und zogen mich. Nein, nicht bis zum Ende, wo ich hätte aussteigen können, sondern der Korb hielt, schon über festem Boden, über dem ich aber in etwa vier Meter Höhe schwebte.

Was mir bereits beim Einsteigen seltsam vorkam, wurde jetzt zum Problem: eines der metallenen, mit einem Draht am Zugseil verbundenen Ringe hatte sich in dem einen Laufrad verfangen. Gestikulierend wurde mir bedeutet, dass ich wohl zurückmüsse und das Problem beheben. Dies lehnte ich ab. Ich pfriemelte etwas an der Technik herum, und mir wurde nun bedeutet, dass ich den Draht vom Seil lösen müsse.

Im schwankenden Korb gelang mir dies mit meinem Tool. Und so schaffte ich es, auch die noch fehlenden Meter hinter mich zu bringen. Mit schlotternden Knien stieg ich dann aus, und bedankte mich überschwänglich. Ich wollte ihnen Geld geben – immerhin hatte ich dem Gefährt ja Schaden zugefügt – was abgelehnt wurde. Aber Zigaretten wurden gerne genommen.

Durchs Markhatal, und zurück nach Leh

Nun befand ich mich am Ufer des Markha. Da dieser Trek eines der bekanntesten in Ladakh ist begegnete ich nun öfter Menschen. Eine Rarität waren aber Leute, die wie ich komplett selbstständig ohne Guide oder wenigstens Tragetieren unterwegs waren. Die Landschaft entlang des Flusses wurde schnell etwas eintönig: ein paar Häuser dann und wann, ein paar Gerstenfelder, ein paar Pappeln und Weiden.

Am dritten Tag am Fluss veränderte sich endlich die Szenerie, es wurden ein paar Gipfel in südlicher Richtung sichtbar. Nach Verlassen des Markhatals auf dem Weg nach Nimaling gab es ein großartiges Panorama aus schneebedeckten Bergen, Flussläufen und lang gewellten Hängen im Abendlicht. Erst nach Einbruch der Dunkelheit erreichte ich das Camp.

Der Morgen überraschte mit frisch gefallenem Schnee, der allerdings bald wieder schmolz. Das Wetter zeigte sich äußerst unbeständig, es war windig bis stürmisch, und immer wieder gab es Schnee- Regen-Graupelschauer. Trotzdem begab ich mich bis zum Fuß des Kang Yadze. Den Plan, den Kang Yadze II zu besteigen begrub ich wegen des unbeständigen Wetters an dieser Stelle. Allein schien es mir doch zu riskant.

So ging ich am nächsten Tag über den Kongmaru La bis Chogdo Gongma, wo ich noch eine Nacht verbrachte. Am nächsten Morgen erreichte ich in Shang Sumdo wieder eine Straße. Und für einen Bruchteil des Preises der Fahrt nach Lamayuru fuhr ich mit einem Sammeltaxi zurück nach Leh, wo ich schon gegen Mittag ankam.

Leh und Delhi

Ich suchte mir ein sehr schönes Guesthouse mit unglaublichem Ausblick und tat an den folgenden Tagen nichts außer Essen, Schlafen, Lesen und durch das Städtchen bummeln. Danach flog ich am frühen Morgen nach Delhi. Und da mein Weiterflug erst gen Mitternacht war, machte ich einen Ausflug in die Hauptstadt Indiens.

Mit der Metro fuhr ich bis zum Bahnhof New Delhi, von wo aus ich durch die Altstadt gen Osten lief. Alles war etwas, wie ich es erwartet hatte: Hitze, Lärm, Gestank und sehr, sehr viele Menschen in einem unglaublichen Gassengewirr. Schnell hatte ich von all diesem genug und fuhr nach Neudelhi, wo es zumindest etwas übersichtlicher war.

Dafür nervte es ziemlich schnell, permanent das Angebot zu bekommen, zur nächsten Shopping Mall gefahren zu werden. Meine Antwort, dass ich mir nur die Stadt ansehen wollen würde, traf auf Unverständnis. Ferner war auch der Rajpath, eine große Magistrale, gesperrt, da am nächsten Tag „World Yoga Day“ war.

Der Tag wurde durch ein Café namens „Madras Coffee House“ gerettet. Die Cafés, in die ich zuvor rund um den Connaught Place einen Blick geworfen hatte, waren überteuert und völlig unterkühlt. Das Coffee House hatte vier große Ventilatoren an der hohen Decke, einen knurrigen Kellner, ein Interieur aus den 1930er Jahren, leckere Samosas und vor allem exzellenten Eiskaffee. Und die anderen Gäste waren normale Leute; keine jeunesse dorée, keine anderen Touristen. Ich fühlte mich wohl.

Nach mehreren Eiskaffees machte ich mich später auf den Weg zurück zum Flughafen. Delhi war eine Stadt, die ich nicht nochmal sehen muss, den Himalaya allerdings schon. Vielleicht klappt es dann auch mit der Besteigung eines Gipfels.


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