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Kalifornischer Western? Nee, Liepnitzsee in Brandenburg

Kalifornischer Western oder was? Nee, Liepnitzsee in Brandenburg. Alle Bilder: Christopher

Schon 2012 ist Christopher von Berlin zum schönen Liepnitzsee gewandert. Aber jung, schlecht ausgestattet und zur falschen Zeit wurde die Tour zum Desaster. Diesen Sommer hat er es erneut gewagt, und gewonnen. Ein Reisebericht von einer Wanderung – ganz in der Nähe. Brandenburg kann so schön sein!

Mit dem Liepnitzsee hatte ich noch eine Rechnung offen: Im Jahr 2012 war ich mit Alemannenweg und Malerweg frisch ins Mehrtageswander-Geschäft eingestiegen. Jedoch war das kaum akzeptabel und so musste noch eine Tour her. Ich beschloss also im Oktober das schöne Wetter zu nutzen und von meiner Haustür aus zum Liepnitzsee zu wandern – 28 km einfache Strecke, 56 km in zwei Tagen. So viel war ich zuvor noch nie in der Zeit gewandert. Aber ich war fit, ich war (relativ) jung und übermütig.

Es stellte sich darüber hinaus heraus, dass ich zu dünn angezogen war. Das führte letztlich dazu, dass ich ohne Pause wanderte, um nicht auszukühlen. Damit kam ich zwar hin und wieder nach Berlin zurück, aber in Pankow musste ich rund 5 km vor dem Ziel die Tram nehmen, weil ich vor Schmerzen nicht mal einen Meter die Sekunde schaffte.
Auf dem Weg von der Tram zu meiner Wohnung hätte man mich getrost während des Gehens – will sagen schneckengleichen Kriechens – ausplündern können. Kein Wunder, dass mich diese Schmach reichlich zwiebelte.

Ein neuer Versuch – besser im Sommer
Es dauerte bis zum Jahr 2016, bis ich zur Wiederholung antrat. Klugerweise in der Sommerzeit und bei bestem Wanderwetter. Da ich mittlerweile durch die tägliche Radeltour zur Arbeit deutlich fitter als damals war, erlaubte ich mir meine Route etwas aufzuhübschen und damit auf rund 30 km einfache Strecke zu bringen – der Übermut ist also seit damals nicht gewichen.

Die damalige Route lief ein gutes Stück die Schönerlinder Straße (109) entlang, bevor man kurz nach der Grenze zu Brandenburg endlich in die Natur abbiegen kann. Und die Schönerlinder Straße entlang zu wandern ist nicht schön; dem Namen zum Trotz.

Also entschied ich mich dieses Mal einen Weg zu nehmen, den ich gerne zum Radeln nehme, wenn ich mit wenig Planung 30-50 km durch Brandenburg pesen möchte: den Pankeweg.

Vielleicht besser fürs Rad, aber war mutt dat mutt
Auch wenn der Pankeweg wirklich schön ist und durch hübsche Gegenden führt, ist er doch viel asphaltiert, was zum Wandern nicht gerade ideal ist. Aber ich war auf einer Mission und da war das freilich wurscht. Aber für Naturfreunde, die eine einfache Möglichkeit mit Zelten fürs Wochenende suchen und denen 30 km einfache Strecke zu stressig sind, eignet sich die Route hervorragend mit dem Drahtesel.

Als Startpunkt bietet sich der S-Bahnhof Wollankstraße an. Von da geht es nordwärts in den Pankower Bürgerpark. Dort kann man die Panke, nach der der Weg und auch Pankow benannt sind, kaum verfehlen. Direkt an der Panke entlang führt dann der Pankeweg, dem man nun ein Weilchen folgen wird. Karte lesen zunächst völlig unnötig, einfach den Schildern folgen.

Lang geht’s durch Pankow
Nachdem man den Bürgerpark hinter sich gelassen hat, muss man nicht lange durch Wohnviertel, um dann mit dem Schlosspark die nächste urbane hübsche Grünfläche zu durchschlendern. Wieder geht es sodann kurz durch Wohngebiete, ehe man die Pasewalker Straße kreuzt.

Auf der anderen Seite folgt man dem schmalen Bürgersteig. Ein wenig Vorsicht braucht es hier, gerade wenn man wie ich mit Hund unterwegs ist, denn hier fahren auch viele Fahrradfahrer entlang und nach unten zur Panke wird der Weg etwas schwer einsehbar.

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Hat man diese Hürde gemeistert, gelangt man – die Panke immer in Spuckweite – unter schattenspendenden Bäumen zu einer Reihe von Teichen, die wohl für die Fischzucht verwendet werden oder wurden. So oder so ist es wunderschön, so viel Wasser um sich zu haben, während der Weg zwischen Panke und Teichen regelrecht eingeklemmt ist.

Viel Wasser, aber noch alles recht urban
Nicht weit vom Bahnhof Blankenburg überquert man die Bahnhofstraße und folgt nun der Panke entlang einer Gartenkolonie. Auf der anderen Seite verläuft zwar die A114, aber der Geräuschpegel hält sich zum Glück in Grenzen. Nimmt man diesen Weg, verlässt man kurzzeitig den Pankeweg – vermutlich geht dieser nicht hier lang, weil hier der Weg holpriger ist. Stattdessen führt er durch die Kolonie – ich empfehle jedoch weiter der Panke zu folgen, ist einfach schöner.

Bald taucht nach einer ersten Brücke eine weitere über dem Weg auf, hinter der direkt links abgebogen wird, um mithilfe der Brücke die Autobahn zu queren. Trittsichere können gleich noch vor dem Ende der Brücke links im Dickicht verschwinden. Dort führt ein seltsamer Betonpfad neben die Autobahn. Der Wanderer hält sich dann rechts.

Zwar ist es hier etwas lauter, aber dafür erstaunlicherweise hübscher, als wenn man den Straßen durch das Einfamilienhausgebiet folgt. Wer dennoch lieber dort durch möchte, folgt einfach am Ende der Brücke der Flaischlenstraße nach links und dann später nach links der Krontaler Straße. Auf diese stößt auch der grünere Pfad kurze Zeit später, sodass die Krontaler Straße so oder so erreicht wird.

Endlich im Grünen
Der Weg folgt noch ein Stückchen weiter der Straße und taucht unter der S-Bahn durch, um dann knapp dahinter nach links abzubiegen – und ab hier wird der Weg endlich grüner und naturnaher. Auf der linken Seite der Panke lässt es sich hier jetzt ohne Asphalt wunderbar wandern und die ein oder andere Bank lädt zur Rast ein.

Für Radler oder Unermüdliche lohnt sich ein Abstecher zu den Karower Teichen, die von hier aus nordwestlich liegen. Ein wunderschönes Naturschutzgebiet, das viel zum Beobachten bietet.

Ich hab stattdessen lieber meine erste Pause nach etwas mehr als 10 km gemacht und mich an die Panke gesetzt, um dem Hund ein Bad und mir ein Vesper zu gönnen. Hiernach geht es kurz darauf über den Schönerlinder Weg. Zum Glück gibt es hier seit Kurzem einen Zebrastreifen, denn der Verkehr ist nicht ohne.

Nach einem weiterem hübschen Stück mit niedrigem Baumbestand, Wiesen und Weiden muss der naturliebende Wanderer etwas tapfer sein, denn es gilt, eine Brücke über die A10 und von der Panke Abschied zu nehmen. Aber kaum die A10 hinter sich gelassen, öffnet sich der Blick über weite Wiesen und Teiche, die im Sommer dicht mit Schilf umstanden sind und erst spät auffallen.

Erst Buch, dann ab nach Brandenburg
Der Weg führt recht nah an der S-Bahn entlang, die aber nicht wirklich stört. Dann holt einen in Form des S-Bahnhofs Buch doch die Zivilisation ein. Beste Gelegenheit, um sich mit einem Eis zu stärken oder einen Abstecher in den nahen Bucher Schlosspark zu unternehmen. Ich biege hier einfach nach links auf die Wiltbergstraße und ignoriere das Städtische so gut es geht bis es endlich rechts in den Wald geht.

Hier nimmt man am besten den zweiten Weg, der von einer Steinsäule flankiert wird – ein Vorgeschmack auf die vielen Kunstwerke im Naturpark Barnim. Ein Schilderbaum weist unter anderem bereits den Weg zur Schönower Heide, die Richtung Liepnitzsee durchquert wird.

Durch Wald und an allerlei Künstlerischen vorbei muss die Kreuzung an der Hobrechtsfelder Chausse überwunden wird – hier ist besondere Aufmerksamkeit gefragt. Gegenüber geht es gleich wieder in den Wald und auch wenn es an der Chaussee entlang geht, ist der Weg nicht zuletzt unterhaltsam wegen der durchaus geschmackvollen Kunstwerke am Wegesrand. Immer wieder ein Spaß, meine Hündin für ein Foto darauf „Sitz“ machen zu lassen.

Ab in den Naturpark Barnim
Hat man den Wald hinter sich gelassen, hat man nicht nur das Stadtgebiet von Berlin verlassen, sondern ebenso den Naturpark Barnim erreicht. Ein Stück Landschaft, das nicht nur einmal einen Besuch wert ist. Gerade als Berliner trifft man hier auf ungewohnt heimelige Wiesen- und Graslandschaften.

Sogar in abgetrennten Bereichen freilaufendes Wild, Pferde und Rindvieh kann angetroffen werden. Spezielle Schleusen sorgen dafür, dass Besucher herein, aber die Tiere nicht heraus können. Immer wieder informieren Tafeln über Besonderheiten von Flora und Fauna.

Richtung Schönower Heide verändert sich die Landschaft nochmals und geht in – wie der Name verrät – eine reizvolle Heidelandschaft über, die sogar Sanddünen zu bieten hat.Da es an meinem Wandertag sehr warm war, hätte ich mir aber doch noch ein paar mehr schattige Wege gewünscht.

Je nach Gusto kann man hier mehrere Wege wählen,um Richtung Norden zum Liepnitzsee zu gelangen. Da ich zu Fuß doch eher den kürzesten Weg nehme, geht es für mich direkt an der Straße entlang durch Hobrechtsfelde. Kein unschöner Weg, aber zu Fuß mit Wanderstiefeln aufgrund des Asphalts doch einigermaßen mühselig.

Hier ist ein Fahrrad definitiv besser aufgehoben, und fürs Radl und speziell Inlineskater sind die Wege an der Straße auch gedacht. In Hobrechtsfelde selbst gibt es einen Speicher, der den Schildern nach zu urteilen, sehenswert sein soll. Ich sehe ihn, aber irgendwie weckt der bei mir kein Interesse.

Die Mauer und alles drumherum sieht danach aus, dass hier eigentlich ein Schloss oder wenigstens ein Herrenhaus stehen sollte. Da finde ich den Speicher doch etwas unter meinem Sightseeing-Niveau – sorry, Hobrechtsfelde.

Weg von der Straße und ab in die Schonower Heide
Zum Glück muss ich nicht die ganze Hobrechtsfelder Straße mitnehmen und kann vorher direkt nach Norden abbiegen. Die Straße macht hier einen nordöstlichen Knick und ich quere die Straße, passiere eine Schleuse und ein paar Bienenstöcke. Es summt ordentlich, aber die Bienen zeigen sich zum Glück weder an mir noch an meiner Hündin interessiert, welche ob des ungewohnten Geräuschs etwas irritiert dreinschaut.

Nachdem die Schönwalder Chaussee passiert ist, ist man auch schon in der Schönower Heide. Ab hier kann man sich frei Schnauze Richtung Norden durch die Heide tasten oder wie ich grob mit Google Maps orientieren. Ziel ist ein Kreisverkehr ein paar Kilometer vor dem Liepnitzsee, wo Wandlitzer Chaussee und die 273 kreuzen.

Es sei hier schon angemerkt: man sollte rechtzeitig vom Weg an der Wandlitzer Chaussee entlang auf den Kreisverkehr zugehen, sonst hat man wie ich die Freude, sich durch dorniges Gestrüpp zu kämpfen. Wie immer ist mein Leid die Freude meiner Hündin, weil Durchkämpfen und dreckig machen das Beste überhaupt ist.

Aber noch sind wir in der Schönower Heide, wo die Sonne heute wirklich knackig herabscheint und Gräser sowie Moos zwischen niedrigen und knorrigen Nadelgehölz zur zweiten Pause einladen. Ich liebe diese ganzen knuffigen Gewächse, die die Landschaft wie in einem Märchen wirken lassen. Hier gibt es ganz sicher noch Elfen und Kobolde.

Als ich ich mich niedergelassen werde ich aber an die Vergangenheit der Schönower Heide als Truppenübungsplatz in der DDR-Zeit erinnert und erblicke etwas, das wie eine Stielgranate aussieht. Immer wieder mahnen Schilder zur Vorsicht. Hier und da findet man in der Landschaft Unterstände und unterirdische Bauten. Aber niemals stören sie wirklich den Natureindruck.

Ich verbringe meine Pause aber doch lieber ein wenig weiter weg von den Überresten vergangener Kriegsübungen. Deutsch-Deutsche Geschichte muss nicht immer zum Anfassen sein.

Heide wird Wald wird See
Kurz hinter meinem Rastplatz wird es richtig sandig. Rein optisch ist es schon witzig, dass man zwischen den nun beginnenden Bäumen richtig durch Sand latscht. Übrigens eine der wenigen Stellen, die mit normalem Fahrrad eher schwierig ist. Aber auch auf eigenen Beinen ist der Weg jetzt anstrengend genug.

Doch bald wechselt die sandige Umgebung sich mit brandenburgischen Wald ab und der ist – leider – typisch: viel Nadelgehölz und schnurgerade Wege. Abwechslung sieht anders aus und auch hier denke ich mir, ein Fahrrad wäre nun perfekt. Muss man eben mögen und da es hier um mehr geht, stört mich das Eintönige nicht zu sehr. Außerdem weiß ich den Liepnitzsee so langsam nahe und der entschädigt schließlich für Einiges: mit seinem klaren Wasser, den verträumten Badestellen und den stellenweise ziemlich steilen Ufern.

Doch zuerst muss der lange Weg durch den Wald und – wie in meinem Fall – das Dornengestrüpp am Kreisverkehr überwunden werden. Danach wird man wieder mit einem richtigen Wald belohnt: hohe Bäume, Schatten und Friedwald inklusive. Häh, Friedwald? Ja, ja, man passiert zwei oder drei Waldabschnitte, die für Beisetzungen genutzt werden. Nehmen wir das mal als Hinweis, im Leben noch alles mitzunehmen und Motivation zu sammeln, um die letzten rund 10 km zu packen.

Endlich am Liepnitzsee, aber noch nicht am Ziel
Leider ist der Weg nach dem Kreisverkehr wieder asphaltiert. Dafür ziehen freundliche Radfahrer grüßend vorbei. Der See kündigt sich dann durch zartes Glitzern durch die Bäume an und man kann von der ersten Badestelle aus einem verträumten Pfad entlang des Ufers folgen. Das dauert zwar etwas länger, aber man ist schließlich auch zum Genießen da.

Man sollte allerdings den Weg um den See herum zum Ziel, den Zeltplatz, nicht unterschätzen. Der zieht sich nämlich noch ein paar zähe Kilometer um die Westseite herum. Also besser beim Anblick des Liepnitzsees nicht zu sehr freuen, man sei schon da!

Dennoch ist das letzte Stück Weg von der Orientierung her einfach. Man folgt einfach dem Ufer am Strandbad vorbei bis zur Nordseite bis der Campingplatz ausgeschildert ist. Dann nur noch ein wenig durch den Wald und auf dem größeren Waldweg nach rechts und schon sieht man den Platz von Weitem  – so schnell sind die rund 30 km vorbei.

Wobei das „schnell“ ist durchaus ironisch gemeint ist: Maps hat mir 6 ¾ Stunden angezeigt, wobei ich schon dachte, ich als schneller Kerl bin in 6 Stunden da. Mit zwei längeren Pausen von je 30 Minuten habe ich 7,5 Stunden gebraucht – also nix für zwischendurch, wenn man die Strecke zu Fuß bewältigen mag.

Und der Rückweg?
Der Campingplatz ist zwar leider nicht direkt am See, aber dafür ausgesprochen sauber und die Betreiber sind die Freundlichkeit in Person. Und keine Selbstverständlichkeit in Brandenburg: Hunde sind erlaubt. Auch wenn der Tag eher heiß war, kühlte es zum Abend hin merklich ab, sodass ich mir flott mein Abendessen einverleibte und mich schlafsackfertig machte.

Nach der Strecke war um 21 Uhr schnell einschlafen kein Problem. Aber den Sonnenuntergang habe ich aus dem Zelt schauend trotzdem noch genossen.

Die spannende Frage war jedoch: schaffe ich es am Sonntag wieder auf eigenen Beinen zurück? Kurze Antwort: ich schaffte. Sogar ziemlich problemlos, aber dieselbe Route wieder zurück war doch etwas ermüdend. Letztlich war ich froh, nur fertig und halbwegs intakt daheim angekommen zu sein und die Schmach von einst abhaken zu können.


One Response to Kalifornischer Western? Nee, Liepnitzsee in Brandenburg

  1. Maiskolben says:

    Hallo! Ich bin die Strecke auch vor ein paar Jahren mit einem Kumpel gelaufen. Den Moment, sich über die Ankunft gefreut zu haben, dann aber noch 3 km laufen zu müssen, den weiß ich noch, als wärs gestern! :)

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