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USA – Städte, Züge, Wandern

Der Empire Builder bei nächtlichem stop.Unser treuer CAMP4 Reiseautor Philipp war wieder einmal unterwegs. Diesmal reiste er nach Amerika, durch Städte, Regionen, mit dem Zug und zu Fuß. Spannend wie immer.

Mit dem Zug große Länder mit sich auf langen Strecken stetig abwechselnden Landschaften zu bereisen gehört zu den schönsten, komfortabelsten und entspanntesten Möglichkeiten andere Weltgegenden zu erfahren. Die Eindrücke die man vom Fenster eines Flugzeuges gewinnen kann, kommen selten an die Möglichkeiten heran, die ein Zugfenster bieten kann.

Mit dem Auto ist man zwar unabhängiger, muss aber auch mit Strapazen wie Staus, Baustellen und ähnlichem rechnen; ganz zu schweigen vom begrenzten Platzangebot und das jemand immer fahren muss. Und die Fortbewegung mit dem Fahrrad über lange Distanzen ist wiederum sehr zeitaufwendig. So begab ich mich einmal mehr in die USA um das Land per Zug zu durchqueren, Freunde zu besuchen und ein paar unbekannte Ecken zu besichtigen.

Es sollte eine wohlportionierte Mischung aus dem Durchstreifen urbaner Gefilde, der Bewegung in der Natur und der Anschauung am Zugfenster vorbeiziehender weiter Landstriche werden.

Land der Sonne: Kalifornien

Bereits beim Anflug auf San Francisco sah ich vom Flugzeugfenster den Yosemite-Nationalpark, unschwer auch von oben am berühmten Half Dome zu erkennen. Selten beginnt eine Reise mit solch einem Eindruck. Mit Freunden machte ich dann Tagesausflüge in die nähere Umgebung. So fuhren wir Richtung Süden auf dem Pacific Coast Highway, sahen wunderschöne Küstenabschnitte am ungewöhnlich ruhigen Ozean, den Portola Redwoods State Park mit seinen sehr alten Mammutbäumen (Redwoods).

Weil  dieser bundesstaatlich verwaltet ist fiel er nicht dem government shutdown zum Opfer wie der Yosemite National Park. Im Norden besuchten wir Point Reyes. Zwar ein geschlossener Nationalpark, das Verbot wurde aber nicht durchgesetzt. Wir taten es einigen anderen nach, parkten vor den Sperren und gingen zu Fuß. Irgendwann tauchte dann doch ein Ranger auf, der nach small talk über die außergewöhnlich gute nebelfreie Sicht uns doch sehr bestimmt auf das Verbot des Betretens des Nationalparks, auch am 13. Tag des government shutdowns hinwies.

North by Northwest

Der Pike Place Market in Seattle - am frühen Morgen. Alle Fotos: Philipp

Der Pike Place Market in Seattle – am frühen Morgen. Alle Fotos: Philippp

Einige Tage später begab ich mich abends via Amtrak- Bus vom Ufer der Bay nach Emeryville um mit dem Zug „Coast Starlight“ 24 Stunden nach Seattle zu fahren. Besonders eindrucksvoll war der Ausblick auf den Vulkankegel des Mt. Shasta. Seattle bot sich mir als eine oberflächlich typische und nicht sonderlich spannende Großstadt mit netten Ecken wie dem Pike Place Market dar.

Auch versäumte ich nicht, dem Laden des legendären Daunenproduktherstellers „Feathered Friends“ und dem REI –Kaufhaus (Recreational Equipment Inc., 1938 in Seattle als Kooperative gegründet) einen Besuch abzustatten. Architektonisches Highlight, von innen wie außen, ist die Seattle Public Library, die funktional wie ästhetisch nur gelungen ist, von ihrem löblichen Zweck einmal abgesehen.

Nach Osten

Doch schon bald saß ich wieder im Zug, im „Empire Builder“ nach Chicago. Die 48-stündige Fahrt begann malerisch am Puket Sound entlang nach Norden, um bei Einbrechen der Dunkelheit gen Osten ins Landesinnere abzubiegen. Nachts wurde der Zug mit jenem aus Portland, Oregon kommenden zusammengekoppelt, und mit beginnendem Morgen wurden die Rocky Mountains sichtbar.

Der viel Zuspruch findende Observation- Car bot auch mir eine Ecke und ich bewunderte die von Neuschnee bedeckten Gipfel. Relativ plötzlich waren dann die letzten schroffen Züge passiert und es öffnete sich der Blick auf die Great Plains. Lange sichtbar blieben die Berge. Und auch die reizarmen Plains dienten durchaus der Kontemplation.

Abends passierte der Zug die Ölquellen von North Dakota. Eine zweite Nacht schlief ich relativ gut, da der Sitz neben meinem frei blieb. Das änderte sich erst in St. Paul/Minneapolis, wo sich der Zug schlagartig füllte. Durch Wiesen und Wälder, die immer wieder den Blick auf den Mississippi freigaben, erreichte ich am Abend Chicago, bezog mein Quartier und ging dann noch relativ lange zur Kompensation der langen Zugfahrt, spazieren.

Montreal…

Schon am nächsten Morgen flog ich über Toronto nach Montreal, weil dies der unkomplizierteste Weg in die Adirondacks war, wo ich ein paar Tage wandern wollte. Montreal zeigte sich gewohnt  entspannt und relativ europäisch. Ich sah mir die Stadt an und aß Poutine, eine schwere lokale Spezialität aus frittierten Kartoffeln, Käse und Bratensoße. Zu empfehlen ist der Verzehr jedoch erst ab zweistelligen Temperaturen unter 0°C.

Am Morgen nahm ich den Zug „Adirondack Express“, der allerdings zwei Stunden Verspätung hatte. Die US-Grenzschutzbeamten waren entspannt und äußerst zügig in ihrer Kontrolle. Schon in Westport verließ ich den Zug.

…und Adirondacks

Es war schon spät und glücklicherweise nahm mich eine Frau ein paar Kilometer mit zu meinem Trailhead in den Giant Mountains. Ich ging noch eine Stunde bergauf um dann bei rasch einbrechender Dunkelheit mein Zelt auf einer Anhöhe aufzuschlagen. Ich schlief sehr gut und der nächste Morgen zeigte sich niederschlagsfrei, aber leicht bewölkt.

Ich frühstückte, ging auf gut markierten Wegen ohne eine Menschenseele zu treffen Richtung Westen, durchquerte das Keene Valley und die High Peaks Wilderness hinauf. Leider waren die meisten bunten Blätter der Bäume schon am Boden, nicht wie gehofft noch an den Bäumen. Dadurch war die Sicht allerdings besser.

Eine andere Nacht verbrachte ich in den Porter Mountains. In den frühen Morgenstunden fing es an zu regnen. Trotzdem ging ich irgendwann los, in den Regen mischten sich Schneeflocken und das Ganze war ausgesprochen ungemütlich, die Wege schlammig und rutschig. Zum Glück begegneten mir keine Schwarzbären, die in dieser Gegend durchaus vorkommen, aber nicht so frech sein sollen wie ihre kalifornischen Artgenossen. Trotzdem sollten mitgebrachte Lebensmittel weit ab vom Zelt gelagert werden, am besten in dem (vorgeschriebenen) Container.

Da ich nur wenig mehr mithatte als ein paar Clif Bars (die weltbesten Energieriegel!), war ich kaum beunruhigt und schlief ohne große Sorgen oder Ängste. Irgendwann kamen mir zwei Leute entgegen, die mir ungefragt anboten, mich mit ihrem Auto vom Trailhead mitzunehmen, da sie nur kurz auf einen nahen Gipfel wollten. Dieses Angebot nahm ich dankend an als sie mich einholten, während ich eine kurze Pause einlegte.

Lake Placid und New York City

Sie brachten mich bis zu einem Hostel an der Straße Richtung Lake Placid. Dort war eindeutig off-season und ich war fast der einzige Gast, was den enormen Vorteil hatte, dass ich ein Zimmer für mich hatte und genug Platz, um meine Sachen zu trocknen.

Am nächsten Tag trampte ich nach Lake Placid, frühstückte schwer in einem Diner, und nahm den Bus nach New York City wo ich die letzten Tage mit dem Bummeln durch bekannte und unbekannte Ecken dieser Stadt der Städte verbrachte.


2 Responses to USA – Städte, Züge, Wandern

  1. Mirko says:

    Hallo Phillip, kannst du etwas genauer beschreiben, wie die Fahrt im Amtrak „Empire Builder“ zwischen Chicago und Seattle abläuft? Wenn man kein Roomette oder teuren Schlafwagen bucht, kann man noch normale Sitzplätze buchen. Sind diese für 2 Nächte einigermaßen komfortabel oder ist es da sehr unbequem? Da für die normalen Sitzplatzbucher die Mahlzeiten nicht inklusive sind, stellt sich auch die Frage, ob man dann den Speisewagen auch nutzen kann oder nicht? Wie sind dort ca. die Preise im Empire Builder Speisewagen? Normal oder auf 4* Sterne Hotel Niveau? Vielen Dank im voraus von mir.

    • philipp says:

      hallo.
      die normalen Sitze sind durchaus bequem, sehr viel Beinfreiheit, sehr breit, und luxuriös ist es wenn einem zwei zur Verfügung stehen, weil man sich dann beinahe komplett ausstrecken kann.
      Den normalen Speisewagen habe ich nicht genutzt, so kann ich deine Frage auch nicht beantworten. Aber im Untergeschoss des Sightseeing-Cars gibt es neben Kaffee und Kuchen auch diverse Getränke und Snacks wie Cream Cheese Bagel u.ä., aber keine vollwertigen Mahlzeiten.
      Und der Ablauf, naja, man fährt halt lange und entspannt Zug, relativ wenig Stops, die meisten fahren nicht die komplette Strecke, und zum Ende der Strecke wird’s relativ voll.

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