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Trekking in den Anden: Zwischen Peru, Chile und Bolivien

Ausangate Trek. Alle Bilder: Jan MuellerNachdem ich vor vier Jahren anlässlich eines Krankenhauspraktikums bereits im nepalesischen Himalaya erfahren konnte, was es bedeutet in Höhen über 5000m vorzustoßen, entschieden wir uns in diesem Sommer für eine Reise in die Anden. Um möglichst viele abwechslungsreiche Landschaften zu erkunden, gelangten wir von Lima aus per Bus in den Norden Chiles.

Bereits wenige Kilometer hinter der Küstenlinie beginnt die von zahlreichen Canyons durchzogene Landschaft hier steil anzusteigen und gipfelt im Hochplateau auf über 4000m Höhe. Dort, wo chilenischer und bolivianischer Staat aufeinander treffen, bietet sich eine einmalige teils als Nationalpark ausgewiesene Landschaft.

Per Anhalter duchs Nirgendwo

Trockene Steinwüste mit unendlichen vertrockneten Grasbüscheln umgibt vereinzelte Wasser-führende Bassins mit grasenden Vicuna Herden. Zu dieser Zeit im Winter von einer dicken Eisschicht überzogene Vulkane kontrastieren den tiefblauen Himmel. Eine Woche lang hielten wir uns in dieser Umgebung auf und stellten erleichtert fest, dass man sogar in dieser zunächst völlig ausgetrocknet wirkenden Wüstenlandschaft ab und zu auf Wasserläufe stößt.

Dafür dauert das Abkochen des Wassers durch den niedrigeren Luftdruck in der Höhe eine gefühlte Ewigkeit! Zudem unterscheiden sich die Tages- und Nachtemperaturen in extremer Art: Erreicht die Tagestemperatur mit dem höchsten Sonnenstand fast 15 Grad Celsius, so sinkt sie nach Sonnenuntergang schnell auf gleiche Werte im Minus-Bereich.

Auch größere Distanzen in dieser einsamen Gegend ließen sich zu unserer Überraschung hervorragend per Hitchhiken bewältigen. In der Gegend wird aktiv Salz abgebaut und so verkehren auf einer Dirt Road einige LKW-Fahrer, die zwei mitten im Nirgendwo herumlaufende Reisende natürlich sofort aufsammeln.

Mit der Euphorie eines Urzeitmenschen

Nach viertägiger Akklimatisierung hatte ich mir schließlich noch ein besonderes Ziel vorgenommen: die Besteigung eines 6100m hohen Vulkans. Dabei schien zunächst alles schief zu laufen. Wir hatten seit Stunden kein Trinkwasser mehr und fanden in der Nähe des Vulkans nur schrecklich verunreinigtes Wasser aus einem von zahlreichen Seevögeln bewohnten See vor.

Beim Versuch, den Kocher zu entzünden, versagte in 4500m Höhe das Butangasfeuerzeug und zu allem Überfluss stellten sich auch noch Kopfschmerzen ein. Nach langem Hoffen und vielen Versuchen entzündete sich das Benzin endlich durch den kleinen Zündfunken des Feuerzeugs und mit der Euphorie eines Urzeitmenschen, der sein erstes Feuer entzündet hat, konnte ich endlich das unbedingt nötige mit dem ein oder anderen ‚Ballaststoff‘ angereicherte Wasser abkochen.

Drei Stunden vor Sonnenaufgang brach ich schließlich auf, um bereits in der Dunkelheit bis zur Schneegrenze auf 5100m Höhe zu gelangen. Glücklicherweise ging dieser Zeitplan exakt auf, sodass die dringend benötigte Wärme der Sonne mich beim Anlegen der Steigeisen erreichte. Bis zum späten Vormittag überwand ich in der Folge die fehlenden 1000 Höhenmeter aus Firnfeldern und formschönen Eisformationen. Ein einmaliges und unfassbar Kraft-raubendes Erlebnis, das durch den Blick nach unten mehr als belohnt wurde.

Faszinierendes La Paz

Nach der Rückkehr zu den Zelten konnten wir jedoch keine Zeit verlieren. So wollten wir noch am gleichen Tag zur Grenze laufen und nach Bolivien queren. Per LKW gelangten wir weiter nach La Paz .Vorsicht an dieser Stelle: Manche LKW-Fahrer sehen es als selbstverständlich an, eine Gebühr fürs Mitnehmen von Hitchhikern zu verlangen!

Obwohl ich Städten in der Regel nicht viel abgewinnen kann, war ich von der Hauptstadt Boliviens fasziniert. Dies liegt vor allem an ihrer einmaligen Lage in einem engen Talkessel, dessen Boden bereits auf ca. 3700m Höhe liegt. Wie in einem tosenden Meer wogen von dort Wellen aus roten Ziegelsteinhäusern die Talhänge empor und gipfeln im Hochplateau auf 4200m Höhe.

Über zahlreiche schmale Treppen lassen sich diese steilen Hangviertel wunderbar zu Fuß erkunden und man kann den Ausblick auf die wie in einem Stadion angeordneten Häuserlandschaften vom Rand des Hochplateaus aus genießen. Von La Paz aus nahmen wir schließlich ein Colectivo zur peruanischen Grenze am Titicacasee. Weiter ging es per Bus in die Umgebung von Cusco, wo wir eine Trekkingroute ausgemacht hatten.

Trekking in Peru: Vielfältig wie nirgends anders

Das östlich von Cusco gelegene Bergmassiv des Ausangate schien im Satellitenbild eine äußerst abwechslungsreiche Landschaft zu bieten, von der wir uns viel mehr versprachen, als von den bekannten Treks in der Cordillera Blanca. Und diese Erwartungen wurden mehr als übertroffen.

Die Landschaft bietet eine unglaubliche Vielfalt aus Graslandschaften, Fels, gewaltigen Gletschern, in verschiedensten Tönen leuchtendem Gestein, zahlreichen verschiedenfarbigsten Gletscherlagunen und viel mehr. Vier Tage lang konnten wir diese stetig wechselnden Eindrücke genießen und erfuhren dabei die unterschiedlichsten Wetterlagen, von schönstem Sonnenschein bis Schneesturm.

Es empfiehlt sich, den Pfad an manchen Stellen per GPS nachzuvollziehen, da die Wegführung nicht immer ganz logisch und teils schwer zu finden ist. Nach diesen erlebnisreichen Tagen gönnten wir uns schließlich eine Pause in einem Hostel in Cusco. Dabei ist zum Entspannen vor allem der am Hang gelegene Teil der Altstadt geeignet.

Während die Attraktionen im Zentrum tagsüber sehr von Touristen überlaufen sind, kann man sich dem hier hervorragend entziehen und die Ruhe genießen. Empfehlenswert ist der Ausblick von der Christusstatue, die, entgegen aller Behauptungen, einfach und selbstverständlich kostenlos durch die Wohnviertel am Hang erreicht werden kann.

Unfreiwilliger Rückzug und Heimkehr

Eigentlich war damit noch nicht einmal die Hälfte unserer Reisezeit aufgebraucht, doch während unseres nächsten Treks in den Anden ereilte mich plötzlich eine schwere Infektion des Verdauungstraktes. Im schwächsten Zustand meines Lebens gelang es uns noch zurück nach Cusco zu gelangen und ein Krankenhaus aufzusuchen.

Nach langer Ungewissheit stand schließlich die Diagnose Typhus. Auch nach abgeschlossener Therapie war ich weiterhin deutlich geschwächt, hatte Beschwerden im Verdauungstrakt und unglaublich viel Gewicht verloren. In der Folge entschied ich mich für den Abbruch der Reise und eine weitere Diagnostik in Deutschland.

An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass Peru, was auch ich nicht wusste und nie erwartet hätte, ein ausgewiesenes Typhusendemiegebiet auf einer Stufe mit Indien und Nepal. Es ist unbedingt zu empfehlen, vor Reiseantritt eine Schutzimpfung in Anspruch zu nehmen. Diese gewährleistet, je nach Studie, immerhin eine Sicherheit von bis zu 70 Prozent und ist sehr preiswert.

Leider gehörte ich dabei wohl zu den 30% der Impfversager. Auch nach diesem Erlebnis verliert Südamerika für mich nicht an Anziehungskraft. Neben unglaublichen Naturlandschaften ist die Ursache dafür vor allem die Herzlichkeit und Lebensfreude der Menschen. Im Gegensatz zu den meisten asiatischen Staaten, wirkt ihre ruhigere Art zudem vor allem entschleunigend und zeigt die historische Verbindung mit Europa.


One Response to Trekking in den Anden: Zwischen Peru, Chile und Bolivien

  1. Giovanni Gattorna says:

    Hallo,

    Ich finde deine Reise beneidenswert und beeindruckend, werde mit Sicherheit S. Amerika bereisen angefangen von den Hochplateaus Venezuelas, die Sierra Nevada in Kolumbien und die Kordilleren. Ich liebe die Berge und bin dabei ein Buch über Südamerika zu schreiben, ich bin auf suche nach internationalen Routen/Pässe die über den Anden führen, im Internet gibt nichts was nennenswert wäre, bevor ich viel Geld mit Straßenkarten ausgebe, kannst du mir irgendwie helfen? Wäre dir sehr dankbar,

    liebe Grüße
    Giovanni

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