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Thüringen – Panoramaweg Schwarzatal

Ich hatte lange nach einem Wanderweg gesucht, der innerhalb von 6-9 Tagen zu bewältigen, nicht zu überlaufen und nicht zu weit von Berlin entfernt ist.Ich wollte einfach einen Fuß vor dem anderen setzen. Ohne an den Weg, schlafen oder sonstige Reiseplanungsprobleme zu denken. Dumm-doof-trottelig den Pfeilen folgen, mehr nicht!

Der Panoramaweg Schwarzatal schien perfekt für meine absolut erste Wandertour. Per Daumenexpress bin ich bis nach Jena getrampt, von da mit dem Zug weiter nach Rudolstadt. Die Touristeninformation dort hat samstags ab 18.00 Uhr geschlossen, aber ein Terminal, welches Zugriff auf die Rudolstädter Internetseite hat, steht im Vorraum.

So möchte ich mal in Berlin begrüsst werden

Es gibt gerade mal 2 preislich interessante Übernachtungsoptionen und die sind natürlich ausgebucht. Doch beide waren so freundlich mir weitere Telefonnummern zu geben. Familie Pfeiffer hat ein sauberes und ordentliches Zimmer für 22 € pro Nacht. Absolut fair.

Am Nächsten Morgen verlaufe ich mich drei Mal, bis ich auf den Panoramaweg komme. Es geht über Felder und Wiesen und am Wanderparkplatz entlang. Von dort begleitet  mich ein Stück weit die Sonntagsausflugsfamilie mit Hund (Glöckchenhalsband) und angepissten Teenie, der natürlich sein billig Handy voll aufgedreht hat, um auf seinen Unmut über den Ausflug aufmerksam zu machen…

Ein kleines Stück vom Weg ab kann man sich den Eilisenstein angucken, zum Helenen Blick gehen und kommt an Evas Ruh vorbei. In Schwarzburg ist laut Wanderprospekt Ende des ersten Abschnitts. Der Ort ist wunderschön und herzlich klein und viele restaurierte Gebäude. Auch Fremdenzimmer und Kultur und essen in Hülle und Fülle sind vorhanden, aber ich will noch etwas Laufen.

Nur 5 Kilometer weiter ist Sitzendorf. Der mistige Weg führt quer über den Berg, auf und ab. Am Ende waren meine Beine schon am Zittern. Man sollte als ungeübter Wanderer nicht gleich 22 Kilometer am ersten Tag machen … Pension/Feriendomizil Frey. Zimmer sauber, Dusche heiß, 20 €. Nichts zu meckern.

Cornwall in Deutschland

Der nächste Streckenabschnitt geht gemütlich durch den Wald. Aufwärts und aufwärts und auch noch nach oben. Meine Puddingbeine haben sich unterwegs entspannt verhärtet aber es muss, nein ĬCH muss weiter gehen. Die Talsperre ist einen Blick Wert und an einer Weggabelung (Solwiese) kann man für gerade mal 100 Meter mehr eine wunderbare Aussicht genießen. Vorher gibt es noch “Den Blick zur Staumauer” aber der ist ohne App\Karte schwer zu finden. Wer ihn findet, darf sich freuen.

Mein Nachtlager habe ich mir früher gesucht, was finanzielle Gründe hat. Das Zimmer in Oberweißbach (22€), wo ich unterkomme, ist günstiger als im Nachbarort Cursdorf (35€). Das Zimmer im Thüringer Hof ist die 22 € nicht wert. Das Bett zu weich, die Badezimmer Armaturen wackeln, die Heizung ist ein Heizstrahler, der die Renovierung bedürftige Butze nicht richtig warm bekommt. Aber die Alternative kostet 10 € mehr …

Im Ort gibt es einen empfehlenswerten Fleischer, für die Karnivoren unter uns. Vegetarier können zum Schnaps Werksverkauf gehen. Glaszeug wird hier produziert und verkauft aber das passt leider nicht in den Rucksack. Mama bekommt ne Postkarte. Der Begründer der modernen Kindererziehung wirkte hier. Über seinen Namen stolpert man an Straßen, Apotheken, Türmen, Spielzeug und noch vieles mehr, das man ausschlachten kann.

Im Sommer mit geschlossenen Augen könnte es schön sein

Grau ist die Farbe des Tages. Wetter von oben, Nebel von unten und ich in der Mitte, alles grau. Nach einer Stunde laufen darf ich den Regenüberzug auf meinen Rucksack spannen, aber zum Glück bleibt der Kopf im Wald trocken. Im Tal der Weisen Schwarza ist es schön. Der Fluss säuselt gemütlich daher, nur wandert man das Stück auf Asphalt.

Zwischen Katzhütte und Scheibe-Alsbach ist nichts! Nur Wald und Straße und Ruhe. Der Aufstieg zur Wurzelberghütte ist das schönste Teilstück des Panoramaweges. Wer Probleme mit dem deutschen ”aufgeräumten” Wald hat, ist da genau richtig. Es sieht aus wie das Zimmer von nem 15 jährigen.

Zum Schlafen habe ich mich in Scheibe-Alsbachs Jugendherberge begeben. Mehr gibt es hier nicht, der Ort ist absolut vollkommen tot. Preis: Übernachten: 17 €

Das Essen ist gut und viel. Die Betten bequem, die Duschen sauber. Fast wie zu meiner Schulzeit. Der Anwesende Kinder und Jugendchor setzt diesem Gefühl positive Akzente. Etwas hinter Scheibe-Alsbach kreuzt der Panoramaweg den Rennsteig. Sofort treffe ich auf Mensch.

Der Rennsteig hat etwas von Las Vegas. Es gibt Reklametafeln für Hotels, Pensionen, Gasthäuser. Dicke Wegweiser und viele Angebote, was auf dem Weg möglich ist. Märchen kennenlernen, Umwelt sowieso und spiele im Wald für die Kleinen.

Nur einer von sehr vielen Pilzen  Positves denken

 

 

 

Vom Rennsteig geht’s zum Unterbecken Goldisthal (Talsperre) auf herrlich asphaltierten Straßen und geschotterten Waldwegen. Am Anfang fand ich es grauenvoll, aber mit der Zeit entwickelte das Ganze seinen eigenen Charme. Es ist einfach eine andere Art von Weg. Oder ich bin dem Stockholm Syndrom zum Opfer gefallen.

Der Weg um die Talsperre ist nett zu laufen. Da in Goldisthal nichts ist, muss ich nach Masserberg. Pension “Uschi”, 33 € mit Frühstück. Man nimmt, was man bekommt. Außerdem liegt die Pension 200 Meter neben dem Panoramaweg.

Zum Abendessen gibt es Thüringer Rostbratwurst im Gasthaus ”Breitenborn”! Lohnenswert, lecker, gutes Preis Leistungs-Verhältnis und es wird verdammt nochmal Zeit, das ich eine Thüringer esse, wo sie herkommt!

Von Masserberg aus führt der Weg kontinuierlich über Wald und Forstwege. Von asphaltiert über Schotter bis »breit genug, damit ein Auto durch kann aber bewachsen« ist alles dabei. In Gross Breitenbach kann ich das erste Mal nach 3 Tagen wieder in einem Supermarkt einkaufen. Und Kaffee mit Kuchen beim Bäcker verputzen.

Von da geht’s weiter nach Meuselbach, immer an der Schwarza entlang, wo ich eigentlich übernachten wollte. Nur gibt es nix. Ein ausgebuchtes Hotel zu ab 79 € die Nacht. Auch alle Pensionen haben nichts. Unterwegs bin ich an einer Schutzhütte vorbei gekommen. Da liegen ein paar Stoffkissen rum, die werden heute Nacht mein Bett sein, und wenn ich wieder zuhause bin, kaufe ich mir einen Schlafsack!

Meine übernachtungsmöglichkeit im Wald

Zwei überraschende Dinge sind passiert. Zum einen hab ich die Nacht ohne Schaden überlebt, zum anderen ist die Sonne an meinem vorletzten Tag rausgekommen! Was für erfreuliche Ereignisse!! Entspannt geht es an einer Bahnstrecke entlang. Im Wald verfolgen mich die Flüsse. Man hört immer etwas Plätschern und Gurgeln, mal laut, mal leise. Ich wandere den ganzen Tag und mache nur eine kleine Rast zum Essen. Mir geht es supergut und ich will laufen!

Geradewegs in mein zweites nächtliches Verderben. Ich hatte fest damit gerechnet, in Sitzdorf noch einmal übernachten zu können. Ich habe sogar bei der gleichen Pension angerufen, sowie bei allen anderen im Ort. Alles ausgebucht! Also ziehe ich weiter und strande im Halbdunkeln in Cordobang. Meine Kartenapp zeigt eine Option an, die nicht mehr existiert. Während ich mich umgucke und online weiter suche, gerate ich mit einer der Dorfbewohnerinnen ins Gespräch. Sie bietet mir ein Bett für die Nacht an, was ich freudig annehme. Dafür muss ich beim Kochen mithelfen und abwaschen. Wir reden die halbe Nacht durch. Sie fragt nach Tipps und Ausrüstung und Ideen. Ex-Mann, Kinder aus dem Haus. Sie braucht etwas zu tun und überlegt sich gerade auch wandern zu gehen aber länger … sehr viel länger.

Ja das passt schon eher zu Berlin

Ich komme nur langsam vorwärts. Es ist nicht der Weg, der mich anstrengt, es sind die  Kilometer, das ungewohnte viele laufen und auch das vor mir liegende Ende, das mich ehr, lähmt als anspornt. An der Kreuzung Richtung Blakenburg muss hart überlegen, ob ich nicht schon einfach hier in die Bahn steige. Aber Anfang und Ende müssen verbunden sein, sonst ist die Geschichte unvollständig! Ich stehe an der gleichen Bank, wie vor ein paar Tagen und gucke wohl auch die gleichen Enten an, als mein Telefon klingelt. Meine Waschmaschine ist kaputt, erzählt mein Mitbewohner und fragt was er machen soll. Keine scheiß 6 Minuten nachdem ich meine Wanderung beendet habe fängt der Alltag wieder an.

Der Panoramaweg Schwarzatal war mein erster Wanderweg. Die Beschilderung war zu 98% idiotensicher angebracht, der Weg an sich wunderbar abwechslungsreich und das mit dem Panorama stimmt, wenn das Wetter mitspielt. Nur die Übernachtungsmöglichkeiten sind der Horror! Ich habe keine Ahnung, was einen Prädikatswanderweg ausmacht aber irgendwie, dachte ich, dass so etwas dazugehört. Von einer Möglichkeit eines Supermarktes kann man nur träumen, aber Thüringen ist halt tot und die ländlichen Gebiete entvölkert.

Blick auf die Talsperre

Ich würde ihn nochmal laufen, mit ein paar Äpfeln mehr im Gepäck und einem Schlafsack könnte das ein richtiger Spaß werden. Es gibt ein paar sehr schöne Schutzhütten unterwegs.


2 Responses to Thüringen – Panoramaweg Schwarzatal

  1. Christian says:

    Es passt irgendwie nicht zusammen. Der Autor will offensichtlich Ruhe und einen schönen, naturnahen Wanderweg, will aber auf die Annehmlichkeiten eines Supermarkts am Tagesende nicht verzichten und trotz der Naturnähe des Wanderweges aller paar Meter eine Herberge.

    Wenn man mit Erwartungen an eine Wanderung geht, die man wahrscheinlich nicht mal auf dem Rennsteig erfüllt bekommt, ist es nicht verwunderlich, wenn die enttäuscht werden.

    Ansonsten gibt es eine Alternative, die ich bei meinen Wanderungen durchaus zu schätzen gelernt habe: Planung. Wenn man sich die Mühe macht und so altmodische Dinge wie Landkarten wälzt und sich nicht auf Apps verlässt, kann man sich relativ genau (in Verbindung mit dem Fortschritt von Google, der im entvölkerten Thüringen durchaus bekannt ist) über mögliche Unterkünfte und Verpflegungsstützpunkte informieren.

    Sollte nichts dazwischen kommen, lerne ich dieses Jahr den Rhön- Höhenweg oder den Schwarzatalwanderweg kennen. Allerdings trage ich Verpflegung und Unterkunft auf dem Rücken und finde vielleicht noch Platz für eine Landkarte.

  2. Marco says:

    Schöner Artikel über ein wunderbares Wandergebiet, das jedoch leider etwas in Vergessenheit geraten ist. Wir haben es kürzlich auch besucht und wahren ganz begeistert von den schönen Ausblicken oberhalb des Schwarzatals. Wir werden bestimmt noch einige Wanderungen dort unternehmen. Es ist eine gute Alternative zum Rennsteig und Co.

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