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Triglav Nationalpark: Im Reich des Dreikopfs

„Triglav Nationalpark“ – schon mehrmals waren wir auf dem Weg nach Kroatien an dieser Autobahnausfahrt vorbeigekommen. Innere Bilder von wilder Berglandschaft entstanden – und der Wunsch, eines Tages den Triglav (sprich Triglau) Nationalpark und die Julischen Alpen im Südwesten von Slowenien zu erkunden.

Mitte Mai 2017 war es dann so weit. Slowenien war uns bisher nur als Transitland bekannt. Erzählungen von Bekannten und eine Lesestunde mit dem Michael Müller Reiseführer (sehr zu empfehlen!) haben ergeben, dass Slowenien ein weit entwickeltes, angenehmes und sicheres Reiseland ist. Eine Recherche weiter war der Alpe-Adria Trail entdeckt, ein Fernwanderweg, der vom Großglockner bis ans Mittelmeer führt. Davon sollten es zumindest drei Etappen sein, und zwar die durch den Triglav Nationalpark.

Blick in die Bergwildnis des Nationalparks

Als Startpunkt hatten wir Kransjka Gora ausgewählt. Der Ort lässt sich über das kärntnerische Villach und den Wurzenpass mit dem Auto gut erreichen. Beim Abendessen war schnell klar, dass das Preisniveau in der Gastronomie sehr ähnlich dem in Deutschland oder Österreich ist. Die Übernachtungen waren etwas günstiger als durchschnittlich in Deutschland – „one sleep twenty Euro“  war der Standard. Also rund 40 Euro für ein Doppelzimmer oder Apartment.

Der erste Tag sollte ein Einlaufen werden, bevor es mit den großen Rucksäcken „auf Strecke“ ging. Dafür sind wir kurzentschlossen entgegen der normalen Laufrichtung einen Teil der Etappe 22 des Alpe Adria Trails gegangen, die den Faaker See in Kärnten mit dem slowenischen Kransjka Gora verbindet. Das war ein ordentlicher Aufstieg! Rund 900 Höhenmeter weiter und mit zitternden Oberschenkeln kamen wir schließlich auf dem Sattel des Techantinger Mittagskogels an (ca. 1.800 m), der zu den Karawanken gehört. Was ein herrlicher Ausblick auf den Triglav Nationalpark von dort! Hier war sie, die wilde Berglandschaft! Ein schöner sinlge trail durch Heidekraut und Enzian führt über den Sattel in Richtung österreichische Grenze. Diesen sind wir einen knappten Kilometer gelaufen, bis zu einem schönen Picknickplatz. Von dort haben wir den ebenfalls beeindruckenden Blick in die Karawanken genossen und im Anschluss den Rückweg angetreten.

Blau wie Enzian

Am Nachmittag konnten wir in der gut ausgestatteten Touristeninformation in Kranjska Gora (Öffnungszeigen beachten, diese ändern sich je nach Saison und waren andere als im Reiseführer angegeben) fundiertes Kartenmaterial erstehen. Am Abend trauten wir uns an die ersten slowenische Spezialitäten heran – gekochte Teigtaschen (den slowenischen Namen leider sofort wieder vergessen) und Gibanica (Schichtkuchen) wurden versucht und für sehr lecker befunden.

Der Wecker klingelte früh am nächsten Morgen getreu dem Motto „im Frühtau zu Berge“ – oder wie war das? Gääääähhn. Die Trekking-Rucksäcke waren schon gepackt, das Auto wurde am Jezero See am Ortsrand von Kranjska Gora geparkt. Die locals meinten, das Parken sei sicher dort. Und los ging’s! Das GPS, für das die entsprechenden Daten auf der Alpe-Adria Website zu laden sind, zeigte uns den Weg – heute sollte es von Kransjka Gora nach Trenta gehen (Etappe 23). Bald war die russische Kapelle erreicht – die von russischen Kriegsgefangenen im 1. Weltkrieg gebaut wurde zum Gedenken an die vielen Kameraden, die bei einem Erdrutsch bei Bauarbeiten an der Straße über den Vrisic-Pass ihr Leben lassen mussten. Dies sollte nicht das letzte Mal sein, dass wir auf Spuren der Schrecken des 1. Weltkriegs stießen.

Russische Kapelle

Ab jetzt wurde es schweißtreibend. Der Aufstieg auf den Vrsic-Sattel, dem mit 1.611 m höchsten Gebirgspass in Slowenien, war relativ steil, teilweise verlief der Weg über mächtiges Wurzelwerk. Immer wieder querten wir die besagte Straße, auf der jedoch kaum Verkehr war. Die Wolken hingen tief in den Berggipfeln, die Temperatur sank je höher wir kamen. Nach ca. 1,5 Stunden war die Hütte Erjavceva Koca auf 1.525 m erreicht (ganzjährig geöffnet), und nach weiteren 45 Minuten der Vrsic-Sattel. Wir wussten bereits, dass die Hütte dort oben (Postarski Dom, 1.688 m) noch geschlossen hatte (die meisten Hütten öffnen erst im Juni) – etwas überrascht waren wir von dem Schneefeld vor der Hütte. Leichter Regen setzte ein, und wir flüchteten unter ein Vordach, wo es das Mittagspicknick gab.

Mutterseelenallein dort oben, die felsigen Berggipfel von düsteren Wolken umrahmt – wie eindrucksvoll! Der weitere Weg führte uns über den Sattel in ein Geröllfeld, ziemlich schwierig zu gehen. Konnte das stimmen? Nein! Das GPS bestätigte dies und zeigte die richtige Richtung, und wir marschierten querfeldein den Geröllhang hinunter, durch Wald und Wiesen in besagte Richtung. Jetzt führte der Alpe-Adria Trail durch angenehmen grünen Mischwald, immer bergab, bergab, bergab. An einem Punkt öffnet sich der Wald und ein erster Blick ins Trenta-Tal tat sich auf – ehrfürchtig blieben wir stehen und blickten in die Weite. Die im Reiseführer beschriebene wilde Welt des Trenta-Tals ließ sich erahnen. Nach einer weiteren Stunde Abstieg, ständig begleitet vom munteren Rauschen

einesBergbaches, erreichten wir ein paar Häuser. Diese war die letze Siedlung im Trenta Tal und gleichzeitig der Ort der Soča -Quelle. Der Fluß Soča entspringt unter dem Steilhang des mächtigen Bergs Mojstrovka, fließt lebhaft durch das enge Tal und mündet nach 140 km in den Golf von Triest. Bekannt ist die großartig türkise Soča einerseits bei Kanuten ob ihrer herrlichen Kanustrecken, zum anderen – weniger schön – als blutige Frontlinie zwischen Italien und Österreich-Ungarn im 1. Weltkrieg.

Erster Blick ins Trenta-TalWir erreichten die Hütte an der Soča -Quelle (Koča pri izviru Soče, 886 m)  mit schweren Beinen – wie herrlich, dort einzukehren, den Rucksack abzulegen und etwas auszuruhen. Wir entschieden, dort zu übernachten und erst am nächsten Tag nach Trenta Dorf zu laufen. Die Quelle wurde natürlich noch erkundet – so ohne Rucksack stieg es sich wunderbar leicht den felsigen Weg hinauf.

Die Hütte an der Soča -Quelle wird von drei Frauen bewirtschaftet. Die Verständigung auf Englisch klappte mehr oder weniger gut; es reichte für das Wesentliche. Das Zimmer in der ersten Etage mit zwei Stockbetten war recht gemütlich, Waschbecken und Toilette gab es am Gang. Wir waren die einzigen Gäste im Haus. Das Abendessen konnten wir anhand bunter Foto-Speisekarten aussuchen – vier slowenische Gerichte gab es zur Auswahl. Eine äußerst gute Wahl waren die hausgemachten Struklji (gekochter Topfenstrudel).

Am nächsten Tag führte uns der Weg immer an der zauberhaften Soča entlang, die munter über Stock und Stein durch das malerische Trenta Tal fließt. Im Rücken stets die majestätischen Alpengipfel, vor uns das grüne Tal mit der smaragdgrünen Soča. Der Weg, geprägt von viel Wurzelwerk, verläuft mal direkt am Flüsschen entlang, mal etwas weiter in den Wald hoch. Es ist durchaus Konzentration erforderlich um nicht zu stolpern. Nach ca. einer Stunde passiert man einen Abzweig zum botanischen Garten „Alpinum Julijana“, nach rund zwei Stunden ist das Dorf Trenta erreicht. Hier lohnt der Besuch in dem großzügig angelegten Nationalpark-Zentrum (Dom Trenta).

Dort finden sich viele interessante Infos über den Nationalpark sowie Angebote für diverse Touren in den Park, und die Mitarbeiter/innen sprechen gut Englisch. Nach einem Rundgang schulterten wir die Rucksäcke wieder und schlossen uns erneut der Soča  an. Das eine oder andere Stück erleichterten wir uns den Weg, indem wir auf der wenig befahrenen Straße liefen. Waren wir doch deutlich schneller auf Teer im Vergleich zu dem Wurzelweg, der viel auf und ab ging. Als die Mägen knurrten, suchten wir uns ein idyllisches Plätzchen am Fluss. Ganz schön kalt, das Wasser des Gebirgsflüsschens! Nach einem stärkenden Picknick ging esflott weiter, und bald war der Ort Soča erreicht.

Alpengipfel

Nun stand die Entscheidung an – weitere 10 km bis Bovec marschieren, oder schon hier ein Übernachtungsquartier suchen? GPS wie Einheimische waren sich einig, dass es keine weiteren Übernachtungsmöglichkeiten bis Bovec gab. Wir beschlossen, kein Risiko einzugehen und in dem Örtchen zu übernachten. Die Auswahl war nicht groß, ein Apartment war bald gefunden. Kaum hatten wir das Dach über dem Kopf, donnerte ein wildes Gewitter los. Zufrieden mit unserer Entscheidung ließen wir es toben, und als der Regen nachließ, spazierten wir zum einzigen Lokal im Ort. Große Auswahl, netter Service, Preise auf deutschem Niveau.

Die Bedienung machte das kühle Mai-Wetter verantwortlichfür die wenigen Gäste im Trenta Tal. In der Tag hatten wir bisher kaum andere Wanderer getroffen. Auf dem Rückweg zum Apartment entdecke ich hinter der Kirche eine große Anlage – einst zahlreiche Kriegsgräber, heute erinnern Steinkreuze und Gedenktafeln an die unzähligen Gefallenen im 1. Weltkrieg. „Schwurgetreu“ in Stein gemeißelt – die Gänsehaut kroch mir die Arme entlang. Später erfahren wir, dass der Platz hinter die Kirche ein Lazarett war – 1.400 Soldaten half das nichts, sie verstarben und wurden auf dem Platz hinter der Kirche begraben. Ehrlich gesagt, gut geschlafen haben wir nicht im Apartment neben dem Soldatenfriedhof.

Etwas gerädert machten wir uns am nächsten Morgen auf den Weg nach Bovec. Kurz hinter dem Ort führte eine Hängebrücke über die beeindruckende „große Schlucht“ (Velika Korita Soče), wo sich das Wasser auf 750 m bis zu 15 mr tief in den Fels gegraben hat. Wir passierten Camp Klim, ein hübscher weitläufiger Campingplatz, der auch Zimmer anbietet, liefen an einigen der typischen, mit Holzschindel gedeckten Trenta-Häusern vorbei, beobachteten Kanuten beim Einsetzen der Boote in den wilden Fluss und erreichten zur Mittagsstunde den Ortsrand von Bovec.

Gedenken an die Toten im 1 Weltkrieg

Vor Erreichen des Stadtzentrums führte uns der Weg durch gepflegte Camping-Anlagen, die vor allem Aktiv-Sportlern ein Domizil bieten. Nach einem kurzen knackigen Anstieg öffnete sich vor uns die Hochebene von Bovec – ein herrliches Plateau auf ca. 500 Höhenmetern. In dem sympathischen Städtchen mit mediterranen Flair war schnell ein Lokal mit slowenischen Spezialitäten gefunden (Gostisce Martinov hram), in dem ich „Friska“ versuchte – eine Art slowenische Mais-Tortilla. Yammi, auch dieses Gericht sehr lecker! Bei dieser ausgedehnten Mittagspause diskutierten wir wie es weitergehen sollte: Noch einen Tag an der Soča  entlang auf dem Alpe-Adria Fernwanderweg? Wieder zurück nach Kranjska Gora? Wenn ja, wie?

Wir entschieden uns für letzteres, da der Wetterbericht für die kommenden Tage nicht allzu gut aussah. In der sehr gut sortierten Touristen-Information klärte sich schnell, dass der Weg mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu dieser Jahreszeit umständlich und langwierig ist. Nur in der Hochsaison (Juli/August) gibt es eine direkte Busverbindung von Bovec nach Kranjska Gora. Wir bissen also in den sauren Apfel und charterten einen privaten Shuttle über die Touristen-Information, der uns für 60 Euro über Italien (Tarvisio) in nur einer Stunde auf gut ausgebauten Straßen zurück nach Kranjska Gora brachte. Unser Auto wartete unversehrt auf uns, und der Himmel bescherte uns einen herrlichen Blick über den Jerenza-See in die wilden Gipfel des Nationalparks – und wir waren doch ein wenig stolz, dass wir diese durchschritten hatten.

Glücklicherweise konnten wir unser nettes Apartment vom Beginn der Woche (super Preis-Leistungsverhältnis!) nochmals beziehen. Früh schliefen wir an diesem Abend ein, traumlos war die Nacht.

Aussicht vom Vrisc-Pass

Der nächste Tag zeigte sich, wie angekündigt, regnerisch und kühl. Trotzdem wollten wir nochmals in die Bergwelt aufbrechen und unsere Bekanntschaft mit dem Berg machen, der dem Park seinen Namen gibt: Dem Triglav. Der „Dreikopf“ ist mit 2.864 Metern der höchste Berg in Slowenien, und genießt landesweit große Bekanntheit. Der Gipfel ist schwierig zu besteigen; die breite und 1000 Meter hohe Nordwand eine Herausforderung für professionelle Bergkletterer. Mit dem Auto lässt es sich ziemlich weit heranfahren (ab Mojstrana bis zum Parkplatz an der Hütte Aljazev Dom auf 1.015 m), was bei Nieselregen doch recht komfortabel war.

Ein Rundweg von ca. zwei Stunden Länge führt am Fuße des Massivs entlang über das Biwak „Pod Luknjo“, und so lässt sich auch als Nicht-Kletterer die Aura der gewaltigen Bergkämme spüren. Mutterseelenalleine marschierten wir in den Talkessel; das Poltern der herabfallenden Schneebretter an der Wand hallte wie Kanonendonner. Einmal mehr waren wir äußert beeindruckt von der imposanten Bergwelt. Ein großartiger Abschlusstag, trotz Nieselregen und kühlem Wetter. Triglav, wir kommen wieder! Ob wir dann den Aufstieg über die einfachere Route von Süden her wagen sollen?

Blick in die Bergwildnis des Nationalparks

Einreise und Zahlungsmittel
Visa: mit einem europäischen Pass ist kein Visa nötig

Geld: Euro, außerhalb der Nationalpark-Zentren keine EC- oder Kreditkartenzahlung möglich

Aktuelle Angaben zu Verkehrsverbindungen:
Verkehr in Slowenien: meist gut ausgebaute Straßen, Autobahn (Maut), öffentlicher Verkehr rund um den Nationalpark

Anreise in den Nationalpark bzw. nach Kranjska Gora:
über Villach / Wurzenpass (Landstraße) bzw. Travisio (Italien) über Autobahn

Im Nationalpark:
Öffentlicher Verkehr im Nationalpark in der Hochsaison im Juli und August

Unterkünfte:
Kranjska Gora / Ratece (ca. 6 km westlich von K.G.): Apartments & Rooms Tempfer, keine eigene Internetseite, aber bei allen gängigen Booking-Portalen zu finden, sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis

Hütte an der Soca-Quelle
Apartments in Soca-Dorf
Zeltplatz im Soca-Tal: Camp Klim (in der Nähe des Orts Soca, direkt am Fluss)

Kartenmaterial/GPS:

„Alpe Adria Trail – Vom Gletscher ans Meer – Wandern im Garten Eden“ – 43 Etappen mit Karte und Unterkünften, per Email kostenlos zu bestellen über die Website http://alpe-adria-trail.com/de/

GPS Kartenmaterial für Slowenien für ca. 40 Euro im Handel, zusätzlich GPS-Daten zum Alpe-Adria Trail über die Website http://alpe-adria-trail.com/de/

Michael Müller, Slowenien, von Lore Marr-Bieger

Wanderkarten in der Touristeninformation in Kranjska Gora gekauft:

Kranjnska Gora – tourist map of destination, published by Kranjska Gora Toursit Board, Goedetski institut Slovenije (1:30 000), mit Alpe Adria Trail

Julijske Alpe (Julische Alpen – Nationalpark Trigalv), Wanderkarte, Sidarta Verlag (1:50 000)

Empfehlungen zur Vorbereitung.

Ausrüstungstipps: festes Schuhwerk, Regensachen, Verpflegung für mittags, Kartenmaterial und GPS haben sich als gegenseitige Ergänzung als sehr günstig herausgestellt

Bei Reisen außerhalb der Hauptsaison keine vorherige Reservierung von Zimmern nötig.


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