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„Wie kleine Äffchen am Draht…“

Jula auf dem Weg nach oben. Foto: privatSchon seit vielen Jahren reisen und Jula und ihr Freund in die österreichische Region vom Wilden Kaiser: Zum Wandern, Seele baumeln lassen und um die Natur zu genießen. Aber diesen Sommer wollten sie mehr! Schon lange liebäugeln die beiden mit einem Klettersteig. Jetzt haben sie sich gewagt. Ein Interview.

Camplog: Wie seid ihr darauf gekommen einen Klettersteig zu gehen?

Jula: Schon lange machen wir im Gebiet des Wilden Kaisers Urlaub. Eigentlich sind wir jeden Sommer dort, meist fahren wir nach Westendorf, das ist in der Nähe von Kitzbühel. In den vergangen Jahren sind wir meistens gewandert oder geklettert. Aber dieses mal wollten wir unbedingt einmal einen Klettersteig ausprobieren. Davon gibt es ja einige: Einen zum Üben, für richtige Anfänger, so wie wir es sind und es gibt einen, der hat im unteren Teil Schwierigkeitsgrade A-C und im oberen Teil C-D, also schon ordentlich.

Camplog: Was hat euch denn zum Klettersteig bewegt?

Jula: Im Wilden Kaiser gibt es tatsächlich auch noch sehr viel mehr, auch hochalpine Klettersteige, mit denen wir auch schon seit Jahren liebäugeln. Aber vernünftig wie wir sind ;), haben wir uns gedacht: Eigentlich müsste man klein anfangen. Wir haben dann gezielt nach einem einfachen Kletterstieg gesucht, um dann irgendwann auch mal in die schwierigeren Steige zu gehen.

Camplog: Was braucht man für einen Klettersteig?

Jula: Klettergurte kann man ganz klar benutzen. Zusätzlich braucht man noch ein Sicherungsset zusammen mit einem Fangschutz. Was wirklich sinnvoll ist, ist der Helm. Wir haben erst einmal unsere Fahrradhelme genommen, was wirklich super aussah 😉

NickAnmerkung Kletter-Nick: „Jeder Helm ist besser als gar kein Helm, das ist wohl wahr. Aber einen Fahrradhelm auf dem Klettersteig aufzusetzen ist genauso, als würde man einen Kletterhelm auf dem Motorrad aufhaben. Die Normen sind hier einfach ganz anders und bei einem wirklichen Steinschlag hätte man mit einem Fahrradhelm schlechte Chancen. Dafür ist dieser einfach nicht ausgerichtet.“

 Tatsächlich waren auch viele Leute ohne Helm unterwegs, was ich aber sehr gefährlich finde, gerade weil der Wilde Kaiser schon im Winter für Lawinenabgänge bekannt ist. Und wenn im Winter was runter kommt, dann auch im Sommer. Wenn dann auch noch viel los ist im Steig, dann sind auch immer welche über dir unterwegs.

Camplog: Habt ihr euch irgendwie vorbereitet? Oder ein spezielles Training absolviert?

Jula: Außer dem wöchentlichen Bouldern eigentlich nicht. Den Anstieg zum Klettersteig kannten wir auch schon von anderen Wanderungen, das war also nichts Neues. Ansonsten haben wir uns einfach darauf eingelassen.

Camplog: Und? Wie war es? Wie muss man sich das vorstellen?

Jula: Spannend! Hoch! Also das ist nichts, was man unterschätzen sollte. Im Prinzip hat man Drahtseile in einem Zicksack Kurs an eine Felswand gespannt. Die Seile sind so im Fels verankert, dass man Stufen hat, die zu erklimmen sind. Ab und an muss man mal um einen Fels drum herum und das ist wirklich hoch und auch sehr anstrengend. Auch wenn man, wie wir, wirklich viel Sport macht und auch ab und an klettert, ist das nicht ohne.

Camplog: Wie ist der Unterschied zum Klettern?

Jula: Es gibt eben dieses gespannte Drahtseil in das man sich einhängt. Ich denke aber, wenn man das Klettersteig-klettern wirklich gut beherrscht, kann man auch viel mit dem Fels arbeiten. Da wir das aber das erste mal gemacht haben, klammerten wir uns wie kleine Äffchen an den Draht und hatten dann auch extrem Muskelkater. Handschuhe wären auch ganz gut gewesen, weil man einfach viel an diesem rauen Seil hängt, dich auch mal hochziehen muss. Gerade ich als kleiner Mensch musste mich manchmal mit voller Kraft am Seil hoch ziehen.

Das ist schon auch ein enormer Unterschied zum Klettern und auch zum Bouldern, wo man ja nur mit dem Fels arbeitet und sich dort festhält. Am Ende des Klettersteigs hängt man sich dann einfach wieder aus und geht zurück auf den Wanderweg, oder wagt sich auf den C-D-Teil des Steigs. Aber das haben wir uns nicht getraut. Als ich die Hängebrücke gesehen habe, war mir schon vom Hinschauen ganz anders im Magen.

Camplog: Was würdest du sagen, was muss man können? Kann jeder einen Klettersteig machen?

Jula: Also Grundvoraussetzung ist einfach ein bisschen Erfahrung mit dem Berg zu haben. Vor allem im Sinne der Trittsicherheit. Dass man nicht gleich einen Schreck bekommt, wenn es mal rumpelt oder rutscht unter’m Fuß. Schwindelfreiheit braucht man auf jeden Fall, sonst scheitert man gleich nach drei Metern, weil es sehr hoch ist. Und beim Klettersteig kommt man selten wieder zurück. Entweder weil Leute schon hinter dir sind oder der Steig nur so gespannt ist, dass man eben nur hoch kann.

Und es ist wirklich hoch, selbst wenn man sich nur auf den Steig konzentriert, es gibt immer Momente wo man denkt: Wo bin ich jetzt hier eigentlich? Und dann guckt man runter und dann….das geht ohne Schwindelfreiheit einfach gar nicht.

Camplog: Was für Schuhe habt ihr angezogen?

Jula: Ganz normale Wanderschuhe.

Camplog: Gab es Momente in denen du gedacht hast, ich will hier weg?

Jula:Als ich das erste mal runter geschaut habe, ja. Beim Wandern ist es tatsächlich so, dass ich immer vorne weg gehe und mein Freund hinterher. Wer weiß warum, vielleicht weil er will, dass ich auf ihn drauf falle 😉 Also tatsächlich ist es auch beim Rad fahren so, wenn er vor fährt, ist er einfach zu schnell und ich kann dann irgendwann nicht mehr. Das wird wohl der wahre Grund sein.

Jedenfalls hatte er sich auf dem Klettersteig mit seinem Seil ein bisschen vertüdelt und ich hab einen Moment gewartet und gedacht, dass ist echt hoch. An dieser Stelle hatte ich die angeblich schwierigste Passage noch nicht hinter mich gebracht und bei dem Gedanken wurde mir dann ganz anders. Von da an habe ich nicht mehr runter geschaut.

Nachdem wir dann an der letzten schweren Stelle vorbei waren, hab ich auch wieder runter geguckt und konnte mich von der Aussicht gar nicht satt sehen. Ein Wahnsinns-Ausblick war das. Leider hat es die letzten beiden Tage geregnet, so dass wir nicht noch einmal hin fahren konnten.

Camplog: Wie war es oben angekommen zu sein?

Jula: Toll! Nochmal! Gerne dann auch mit Leuten, die sich vielleicht ein bisschen auskennen. Und wir kaufen uns einen richtigen Kletterhelm, wir sahen schon ziemlich doof aus mit unseren Fahrradhelmen. Aber besser doof aussehen, als Stein auf dem Kopf.


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